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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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das Protektorat hätte die Aufgabe, die Schüler hier zu beschützen – nicht zuzulassen, dass sie von ihren Klassenkameraden verletzt, misshandelt und angepöbelt werden.«
    Also hatte der Bibliothekar schon davon gehört, wie die anderen Schüler mich behandelten. Keine große Überraschung. Man musste schon blind sein, um die Wut nicht zu bemerken, die in den Augen einer jeden Person funkelte, die mich ansah. Nickamedes und ich kamen nicht immer gut miteinander aus, aber ich wusste, dass ich ihm auf seine Art etwas bedeutete.
    »Es geht mir gut«, sagte ich. »Ich kann meine eigenen Kämpfe ausfechten. Das ist doch das, was Champions tun, oder?«
    Nickamedes sah mich einen Moment an, dann nickte er langsam. »Das kannst du, Gwendolyn. Aber manchmal schadet es nicht, wenn man ein wenig Rückendeckung hat. Von jemandem, dem man tatsächlich etwas bedeutet .«
    Er warf Alexei noch einen vielsagenden Blick zu, dann verschwand er wieder in den Büros.
    Zum scheinbar hundertsten Mal am heutigen Tag stiegen mir heiße Tränen in die Augen. Jetzt war sogar Nickamedes nett zu mir. Das machte mir allzu deutlich, wie tief ich in Schwierigkeiten steckte. Ich fragte mich, was wohl morgen während des Prozesses passieren und wie das Protektorat letztendlich entscheiden würde. Würden sie beschließen, dass Vivian mich überlistet hatte? Oder würden sie davon ausgehen, dass ich dem Schnittermädchen geholfen hatte? Dass ich Loki absichtlich befreit hatte?
    Ich wusste keine Antwort auf meine Fragen, und mir war klar, dass es mich in den Wahnsinn treiben würde, weiter darüber nachzudenken. Also loggte ich mich in einen der Bibliothekscomputer ein, fest entschlossen, zu arbeiten und nicht an das Protektorat, Vivian oder Loki zu denken.
    Als ich den Blick zu den Lerntischen vor dem Tresen hob, bemerkte ich, dass mich erneut alle Schüler anstarrten. Ich sah von einem Gesicht zum anderen. Jeder einzelne meiner Mitschüler erwiderte meinen Blick mit einem kalten Starren, während Wut in ihren Augen blitzte und in Wellen von ihnen ausging.
    Ich seufzte. Das würde ein wirklich langer Abend werden.
    Die nächste Stunde verbrachte ich am Ausleihtresen – allein. Niemand kam zu mir, um zu fragen, wo ein bestimmtes Buch stand. Niemand bat mich, nach Recherchematerialien zu suchen. Niemand brauchte irgendwelche Hilfe. Stattdessen saßen die anderen Schüler einfach nur da, starrten mich an und flüsterten miteinander. In gewisser Weise war es schlimmer als beim Frühstück. Schließlich war die Bibliothek der Ort, den man aufsuchte, wenn man abhängen und gesehen werden wollte.
    Hier waren genauso viele Schüler wie am Morgen im Speisesaal, nur dass ich am Ausleihtresen wie auf dem Präsentierteller saß. Mehr als ein paar Leute gingen am Tresen vorbei und verfluchten mich leise. Einige waren mutiger und sprachen laut genug, dass alle an den Lerntischen sie verstehen konnten.
    Anscheinend entwickelte sich daraus eine Art Spiel, denn wann immer jemand an mir vorbeigegangen war, kehrte er danach zu seinen Freunden zurück, um sich abklatschen zu lassen und wiehernd zu lachen. Meine Wangen brannten, aber ich ignorierte dieses Spielchen so gut wie möglich. Hinter mir lehnte Alexei regungslos an der Wand. Er war stoisch genug, um sogar Trainer Ajax Konkurrenz zu machen.
    Nachdem niemand kam, um mich um Hilfe zu bitten, beschloss ich, Bücher in die Regale zu räumen. Auf diese Weise saß ich nicht vor aller Nasen, und die anderen würden tatsächlich aufstehen und mich suchen müssen, um mich böse anzustarren. Also packte ich mir einen der Metallkarren und schob ihn zwischen die Regalreihen. Die Räder quietschten dauernd, aber das war mir egal. Ich wollte nur noch den anderen Schülern und ihrer Wut entkommen. Zumindest für ein paar Minuten.
    Doch es gab kein Entkommen vor Alexei. Er folgte mir zwischen die Regalreihen und blieb mir wie immer dicht auf den Fersen.
    »Himmel«, murmelte ich. »Machst du denn nie eine Pause?«
    Alexei zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. Natürlich nicht. Ich war ein gefährlicher krimineller Schnitter. Sein Job war es, mich zu bewachen, nicht mit mir zu reden.
    Ich ignorierte Alexei so gut wie möglich, während ich den Wagen durch die Regalreihen schob. Eigentlich machte es mir nichts aus, Bücher einzuräumen, denn das gab mir die Gelegenheit, all die ausgestellten Artefakte zu betrachten.
    Die Bibliothek der Altertümer war voller, na ja, Altertümer. Rüstungen, Waffen, Schmuck, Kleidung und

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