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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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tatsächlich so passiert sind, wie du sie schilderst – nicht den kleinsten Beweis. Wenn du deine Behauptungen nicht belegen kannst, sehe ich keinen Grund, diesen absurden Prozess noch länger fortzuführen.«
    Linus schenkte seinem ehemaligen Schwager ein dünnes Lächeln. »Ich dachte schon, du fragst nie, Nickamedes. Wir haben in der Tat eine andere Sicht auf die Geschehnisse, besonders auf die Vorgänge im Kreios-Kolosseum und das, was danach geschehen ist. Wir haben eine Zeugin, die behauptet, bei all diesen Ereignissen anwesend gewesen zu sein. Es ist die Person, die Miss Frost in erster Linie angeklagt hat. Bis jetzt war ihre Zeugenaussage sehr glaubwürdig, und das ist auch der Grund, warum dieser Prozess gegen Miss Frost überhaupt angestrengt wurde.«
    »Was für eine Zeugin?«, fragte Nickamedes wachsam.
    »Warum holen wir sie nicht rein? Dann kannst du es selbst sehen.«
    Linus nickte Agrona zu, die aufstand, das Podium verließ und zum Ausgang ging. Agrona öffnete die Tür, die mit einem lauten Quietschen aufschwang.
    »Sie können jetzt reinkommen«, rief Agrona.
    Ich hörte Flüstern im Flur, und kurz darauf betrat die Person den Raum, die ich als Letzte hier zu sehen erwartet hatte – Vivian Holler.
    Eine Gypsy, genau wie ich. Lokis Champion. Und das Schnittermädchen, das meine Mom umgebracht hatte.

Ich war einfach … fassungslos.
    Absolut fassungslos, dass Vivian sich nach allem, was sie getan hatte, wieder auf dem Schulgelände befand.
    Wut explodierte in mir und blendete alles andere aus. Den Prozess, das Protektorat, die endlosen Fragen. Ich spürte nur noch die Wut, die in meinen Adern kochte – dieselbe brodelnde Wut, die ich empfand, wann immer ich an Vivian und daran dachte, wie sie mit einem Lachen meine Mom umgebracht hatte.
    Vivian trat ins Gefängnis, flankiert von zwei Männern und einer Frau in schwarzen Overalls. Ich sprang von meinem Stuhl auf und wollte mich auf das andere Mädchen stürzen, doch ich hatte die Handschellen vergessen. Ich kugelte mir fast die Schulter aus, weil die Kette mich zurückriss. Ich sah auf die Handschellen hinunter. So hatte sich Preston gefühlt, dachte ich bitter. Der Schnitter hatte sich mehr als alles andere gewünscht, mich umzubringen, und genauso empfand ich im Moment Vivian gegenüber.
    Das Schnittermädchen trat näher und schenkte mir ein verschlagenes, zufriedenes Lächeln. Da wusste ich, dass ich genauso reagiert hatte, wie sie es wollte.
    »Immer ruhig«, meinte Vivian spöttisch. »Sehen Sie? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie gewalttätig ist.«
    »Wenn es um dich geht, ist gewalttätig ein viel zu schwaches Wort«, knurrte ich.
    Alle starrten mich an. Ich kämpfte darum, meine Wut zu kontrollieren. Hier stand ich, gefesselt, während Vivian einfach ins Akademiegefängnis rauschte, als hätte sie jedes Recht, sich auf Mythos aufzuhalten.
    »Lange nicht gesehen, Gwen«, sagte sie.
    »Halt’s Maul, du Schnittermiststück«, knurrte ich wieder.
    Linus klopfte mit seinem kleinen Hammer auf den Tisch. »Das reicht! Sie beide reißen sich jetzt zusammen.«
    Ich sah ihn an. »Was will sie hier? Warum haben Sie sie nicht verhaftet und für alles, was sie getan hat, vor Gericht gestellt?«
    »Das ist das Problem«, antwortete er in nachdenklichem Tonfall. »Vivian ist vor ein paar Wochen direkt nach Lokis Flucht an uns herangetreten, und seitdem saß sie in einer Zelle des Protektorats. Sie hat uns eine sehr interessante Geschichte über die Geschehnisse in dieser Nacht und Ihren Anteil daran erzählt, Miss Frost. Um es einfach auszudrücken, behauptet Miss Holler, dass in Wirklichkeit sie Nikes Champion ist – und Sie, Miss Frost, diejenige, die Loki dient.«
    Für einen Moment wurde mir schwarz vor Augen. Ich sah einfach nur noch schwarz. Ich nahm … überhaupt nichts mehr wahr. Kein Gefängnis, kein Protektorat, keinen Prozess. Nur Dunkelheit. Ich konnte nicht atmen, mein Herz hielt an, und das Blut gefror in meinen Adern. Eine Sekunde verging, dann eine weitere, bis die Realität mich schließlich wieder einholte.
    »Sie behauptet, Nikes Champion zu sein?«, flüsterte ich. »Warum sollte sie das behaupten?«
    Wieder grinste mich Vivian verschlagen an. »Weil es wahr ist, Gwen. Du weißt doch, dass es stimmt. Ich bin Nikes Champion, und du bist Lokis Champion, nicht andersherum, wie du ständig behauptest. Hast du wirklich geglaubt, du kämest damit durch? Die Wahrheit kommt immer ans Licht, weißt du? Das Gute siegt immer über das

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