Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
ziehen. »Das Schnittermädchen hat das fallen lassen, während wir gekämpft haben. Ich habe es noch nicht berührt, also weiß ich nicht, welche Schwingungen damit verbunden sind. Nach dem … nach dem, was heute geschehen ist, weiß ich nicht mal, ob ich es überhaupt berühren will.«
Metis, Ajax und Nickamedes sahen sich an, dann trat Metis vor und nahm mir das Papier ab. Carson stand auf, damit sie es auf dem Tisch ausbreiten konnte, auf dem er gesessen hatte. Wir bildeten einen Kreis um den Tisch und starrten das Papier an.
Es war mehrmals gefaltet und bedeckte, als Metis endlich damit fertig war, es auseinanderzufalten und glatt zu streichen, fast den gesamten Tisch. Darauf hatte jemand eine detaillierte Karte von – von etwas – gezeichnet. Ich konnte nicht genau sagen, wovon. Ein Gebäude mit einer Kuppel, wenn man nach der Rundung in der oberen linken Ecke der Karte ging. Kleine Kreuze waren überall auf dem Plan verstreut, scheinbar an zufälligen Stellen. Zumindest konnte ich in den Kennzeichnungen kein Muster erkennen. Insgesamt sah es aus wie gezeichneter Blödsinn. Was war so wichtig daran, dass das Schnittermädchen riskiert hatte, den Kopf zu verlieren, nur um es nicht zurücklassen zu müssen?
Ajax fluchte und wandte sich vom Tisch ab. Metis seufzte und rieb sich die Stirn, als hätte sie plötzlich Kopfweh. Nickamedes allerdings blieb, wo er war, und starrte mit nachdenklichem Blick auf das Papier.
»Was ist es?«, fragte ich. »Was ist los?«
»Es ist eine Karte«, erklärte Nickamedes.
Ich verdrehte die Augen. Na ja, ja, das sah ich auch. Aber eine Karte wovon? Und warum war sie so wichtig?
Der Bibliothekar blickte mich an, als hätte er meine abfälligen Gedanken gehört. »Es ist eine Karte der Bibliothek der Altertümer.«
Ich runzelte die Stirn. »Von der Bibliothek? Warum sollte das Schnittermädchen eine Karte der Bibliothek haben?«
Nickamedes starrte mich nur an, dann verstand ich.
»Die Bibliothek«, flüsterte ich. »Die Schnitter glauben, dass der Helheim-Dolch irgendwo in der Bibliothek der Altertümer versteckt ist.«
»Anscheinend.«
Ich sah Nickamedes an. »Und?«
»Und was?«
»Und, ist er irgendwo da drin verborgen?«, verlangte ich zu wissen. »Wussten Sie die ganze Zeit, wo er ist?«
Meine Stimme wurde mit jedem Wort lauter und schärfer. Logan trat zu mir, um mir eine Hand auf die Schulter zu legen und mir so zu sagen, dass ich mich beruhigen solle. Aber heute war einfach zu viel Schlimmes geschehen.
Nickamedes versteifte sich, dann richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und musterte mich von oben herab. »Ich versichere dir, dass der Dolch sich nicht in der Bibliothek befindet. Ich kenne jeden Zentimeter dort, und ich hätte ihn schon vor langer Zeit gefunden.«
»Wirklich? So wie Sie auch wussten, dass sich Jasmine Ashton letztes Halbjahr mit der Schale der Tränen in einem Lagerraum im dritten Stock versteckt hat?«, höhnte ich. »Wenn ich mich richtig erinnere, dachten Sie, ein unbekannter Schnitterbösewicht hätte die Schale gestohlen und aus der Bibliothek geschmuggelt. Aber so war es nicht, richtig?«
Nickamedes’ Kopf lief rot an, und er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern. Metis trat vor ihn und legte ihm eine Hand auf die Brust.
»Genug«, sagte sie. »Das reicht, ihr beiden. Es hilft nichts, wenn wir untereinander streiten. Ich bin mir sicher, Nickamedes hat recht. Der Dolch ist nicht in der Bibliothek, andernfalls hätte ihn schon vor Jahren jemand entdeckt.«
»Aber deswegen waren die Schnitter heute hier, oder?«, brummte Trainer Ajax mit seiner tiefen Stimme. »Weil die meisten ausgestellten Waffen und Artefakte Leihgaben aus der Bibliothek sind. Die Schnitter glauben, aus welchem Grund auch immer, dass der Dolch in der Bibliothek versteckt ist. Sie müssen gedacht haben, Nickamedes hat ihn nicht erkannt, vielleicht weil er falsch beschriftet wurde. In einem solchen Fall könnte Nickamedes den Dolch eingepackt und mit ins Kolosseum gebracht haben, damit er ausgestellt wird. Und es ist leichter, hier einzudringen als in die Bibliothek der Altertümer.«
»Nun, wer weiß schon, was sich die Geistesgröße Grace Frost ausgedacht hat«, murmelte Nickamedes bissig. »Oder wo sie den Dolch überhaupt versteckt hat. Ich habe einige der Entscheidungen, die sie getroffen hat, nie verstanden. Wenn ihr mich fragt, war Grace eine Närrin, in vielerlei Hinsicht.«
Bei seinen harten Worten explodierte Wut in meiner Brust. »Was wissen
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