Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
jetzt …«
»Jetzt haben wir keine Wahl, wenn wir Preston und das Schnittermädchen finden wollen, bevor sie noch jemandem schaden«, beendete ich den Satz voller Bitterkeit.
Metis nickte. »Als ich das Gefängnis verlassen habe, um den Anrufer zurückzurufen, hat niemand abgehoben. Ich glaube, das Schnittermädchen wollte mich so aus dem Gefängnis locken, damit sie Preston befreien konnte. Wir müssen wissen, was genau sie vorhaben und wohin sie als Nächstes wollen. Und du bist im Moment unsere beste Chance, an diese Informationen zu kommen.«
Ich wusste, dass ihre Bitte vollkommen vernünftig war, aber das machte es mir nicht leichter. Doch wenn auch nur die leiseste Chance bestand, Preston und das Schnittermädchen zu erwischen, musste ich meine Magie in dem Versuch einsetzen, herauszufinden, was es eben herauszufinden gab. Selbst wenn das bedeutete, einen Toten zu berühren. Ich wollte, dass die beiden gefangen und eingesperrt wurden – und zwar diesmal für immer. Also holte ich tief Luft, beugte mich vor und ergriff die Hand des Toten.
Bilder und Gefühle überschwemmten mich, wie sie es immer taten.
Ich hatte noch nie zuvor einen Toten berührt, aber ich hatte das Gefühl, dass all die Erinnerungen und Gefühle, die mit diesem Mann verbunden waren, schnell verflogen, zusammen mit seiner Körperwärme. Sosehr ich mich auch anstrengte, ich konnte nur sehen und fühlen, was der Schnitter in den letzten Minuten seines Lebens erlebt hatte. Der Rest war bereits verschwunden. Also konzentrierte ich mich auf die älteste Erinnerung, die ich noch empfing – die drei Schnitter in einem Auto.
»Bist du dir sicher?«, fragte der Tote, während er über die Straße zum Haus meiner Grandma starrte. »Ich meine, diese Mieze mag ja alt sein, aber sie war früher ein Champion. Nikes Champion. Du weißt, wie viel Ärger sie uns über die Jahre bereitet haben.«
»Entspann dich, Stuart«, höhnte Preston selbstbewusst. »Auf keinen Fall kann eine alte Frau drei Schnitter erledigen, besonders wenn wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite haben.«
Preston drehte sich im Sitz, um das Schnittermädchen auf der Rückbank anzusehen. Ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen, weil sie immer noch die Maske trug, aber durch die Schlitze im Gummi blitzten ihre Augen rot.
»Du bist ziemlich still dahinten«, meinte Preston. »Was ist los? Hast du Angst?«
Das Schnittermädchen tippte sich mit dem Finger auf die Lippen. Na ja, okay, es waren eigentlich nicht ihre Lippen, sondern Lokis geschmolzene. Die Bewegung ließ etwas an ihrem Finger aufblitzen, eine vertraute Form …
»Nein, ich habe keine Angst«, sagte sie mit leiser, kehliger Stimme. »Aber vielleicht solltest du ein wenig vorsichtiger sein, Preston. Schließlich bist du derjenige, der wegen Nikes Champion die letzten Wochen im Gefängnis verbracht hat.«
»Dieses Gypsyflittchen«, knurrte Preston. »Du hättest mir im Gefängnis erlauben sollen, sie umzubringen.«
Das Schnittermädchen schüttelte den Kopf. »Wir halten uns an den Plan, vergiss das nicht. Wir sind nur hier, weil du so entschlossen bist, die Großmutter umzubringen, was keinen Einfluss auf unsere Pläne hat. Wenn du klug wärst, würdest du direkt zum Unterschlupf fahren, wie ich dir geraten habe.«
Der Tonfall des Mädchens klang beiläufig, trotzdem war die Autorität in ihrer Stimme nicht zu überhören, und es war absolut klar, dass sie das Sagen hatte. Preston sackte ein wenig in seinem Sitz zusammen.
»Nein«, sagte er. »Ich muss erst mein Versprechen an Gwen wahr machen. Diese Gypsy hat die letzten Wochen damit verbracht, sich durch mein Hirn zu graben. Ich werde sie da treffen, wo es am meisten schmerzt. Also lasst uns gehen.«
Preston öffnete die Autotür und ging auf das Haus zu. Die anderen folgten ihm. Danach wurden die Erinnerungen des toten Mannes immer zusammenhangsloser. Es gab schnelle Bewegungen, das Klirren von zerbrechendem Glas und schließlich ein helles Aufblitzen von Schmerz, als Grandma Frost ihn mit dem Schwert aufspießte. Dann wurde die Welt langsam schwarz, bis es nichts mehr zu sehen oder fühlen gab – und auch keine Geheimnisse zu entdecken.
Ich atmete auf und öffnete die Augen. Die anderen starrten mich fragend und besorgt an. Ich ließ mir von Grandma Frost auf die Beine helfen, sackte auf einen Stuhl und stützte die Arme auf den Küchentisch.
»Hast du irgendwas entdeckt?«, fragte Ajax mit seiner tiefen, rumpelnden Stimme.
Ich schüttelte den
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