Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
besiegt hatte, Preston wieder frei war und Logan und Daphne nicht mehr mit mir sprachen.
Im Moment fühlte ich mich nicht im Mindesten wie Nikes Champion. Ich fühlte mich weder tapfer noch stark noch klug. Ich fühlte mich nicht, als hätte ich irgendetwas Lohnenswertes getan. Ich war einfach nur Gwen Frost, das Gypsymädchen, das alles vergeigte.
Angewidert von mir selbst legte ich das Buch zur Seite, knipste die Lampe aus und brütete in der Dunkelheit vor mich hin.
Grandma Frost fuhr mich am nächsten Morgen zurück zur Akademie. Nott nahm fast die gesamte Rückbank ein und streckte ihren riesigen grauen Kopf aus dem Fenster, als wäre sie ein normaler Hund. Die Wölfin brachte mich zum Lächeln, was in den letzten Tagen so gut wie nichts anderem gelungen war.
Bevor wir das Haus verlassen hatten, hatte ich Grandma gefragt, ob sie wollte, dass ich Nott zu ihrem Schutz bei ihr ließ, falls das Schnittermädchen oder Preston noch mal zurückkamen. Grandma Frost hatte den Fenriswolf angestarrt, und ihre violetten Augen waren wieder leer und glasig geworden.
»Nein«, hatte sie gemurmelt. »Ich glaube, der Wolf sollte mit dir gehen, Süße. Nott ist zu dir gekommen, nicht zu mir. Sie sollte bei dir sein.«
Also verabschiedete ich mich am Tor von Grandma Frost und schmuggelte Nott zurück in mein Zimmer. Dann war es auch schon Zeit, zum Waffentraining in der Turnhalle aufzubrechen. Kenzie und Oliver warteten bereits auf mich – genau wie Daphne.
Die Walküre saß auf der Tribüne und unterhielt sich mit den beiden Spartanern, aber sobald sie mich sah, sprang sie auf. Sie trug ihren Lieblingspulli mit dem pinkfarbenen Schottenmuster über einem schwarzen Rock und einer schwarzen Strumpfhose. Sie kam zu mir, blickte mich eine Sekunde an, dann trat sie vor und umarmte mich heftig.
»Daphne …«, keuchte ich, während etwas in meinem Rücken knackte. »Ich … kann nicht … atmen …«
»Ups. Tut mir leid. Wie geht es dir?« Sie löste sich von mir und musterte mich kritisch von Kopf bis Fuß. »Oliver hat mir gestern Abend noch erzählt, was passiert ist. Ich wollte dich anrufen, aber ich war mir nicht sicher, ob du drangehen würdest. Wegen allem, was gestern vor Metis’ Büro passiert ist.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, es geht mir gut. Metis hat die Verletzungen geheilt, die ich im Kampf abbekommen habe. Meiner Grandma geht es auch gut – das ist das Wichtigste. Ich kann allerdings immer noch nicht glauben, dass das Schnittermädchen es geschafft hat, Preston aus dem Gefängnis der Akademie zu befreien.«
Daphne kniff die Augen zusammen. »Hast du irgendeine Idee, wie sie das geschafft hat?«
Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Aber ich habe die Tür geöffnet, und da stand sie, überlebensgroß, als hätte sie jeden einzelnen Nummerncode und magischen Hokuspokus gekannt, den man braucht, um an den Schlössern vorbeizukommen. Selbst Metis ist sich nicht ganz sicher, wie sie das geschafft hat. Und natürlich war ich dämlich genug, die Tür zum eigentlichen Gefängnis für sie zu öffnen. Anscheinend ist das der Grund, warum die Sphinxe in der Tür nicht angegriffen haben oder was auch immer sie tun sollen. Zumindest hat Metis es so erklärt.«
Metis hatte mich im Haus meiner Grandma beiseitegenommen und mir erklärt, dass es nicht meine Schuld war, dass Preston entkommen war, dass sie mit mir im Gefängnis hätte bleiben müssen, besonders nachdem Raven nicht da gewesen war. Mir war klar geworden, dass ich nicht wütend auf die Professorin war, weil sie mich allein gelassen hatte. Nein, hauptsächlich war ich wütend auf mich selbst, weil ich nicht stark und klug genug gewesen war, um Preston und das Schnittermädchen aufzuhalten. Was war ich nur für ein Champion?
»Erzähl mir alles.« Die Walküre führte mich zu einer der Tribünenbänke.
Wir setzten uns, und ich erzählte meiner besten Freundin von Prestons Flucht, seinem Angriff auf meine Grandma und wie ich losgestürmt war, um sie zu retten. Außerdem erzählte ich ihr alles über Nott, da sie bis jetzt noch nichts von dem Wolf und seinem Auftauchen in der Akademie wusste.
»Ich, ähm, habe deine Anrufe gekriegt«, sagte Daphne und wand sich ein bisschen. »Ich dachte, du wolltest einfach nur reden. Oder mich vielleicht anschreien, weil ich dir dieses ganze Zeug vorgeworfen habe. Hätte ich gewusst, dass deine Grandma in Schwierigkeiten steckt, wäre ich drangegangen.«
»Ich weiß«, antwortete ich. »Wie geht
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