Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
rief der Spartaner, ging zu einem der Regale und schnappte sich ein Schwert.
»Hey«, antwortete ich so cool wie möglich.
Daphne schnaubte auf der Tribüne hinter mir laut. »Oh, jetzt macht schon, küsst euch und versöhnt euch«, sagte die Walküre. »Ihr wollt es doch beide.«
Nichts hätte ich mir mehr gewünscht. Aber wir konnten uns nicht küssen – nicht ohne dass bei mir Visionen über Logan aufblitzten und ich den Rest seines Geheimnisses erfuhr. Nicht ohne zu entdecken, wovor er solche Angst hatte, diese dunkle Erinnerung, von der er dachte, dass sie meine Gefühle für ihn verändern würde. Ich konnte denselben Gedanken in den Augen des Spartaners lesen. Dass, na ja, er mich vielleicht gerne geküsst hätte, aber er gleichzeitig das Geheimnis nicht aufgeben wollte, nur um mich zu berühren. Es tat weh zu wissen, dass sein Geheimnis ihm wichtiger war als ich. Es tat mehr weh, als ich mir je hätte vorstellen können.
Mir stiegen Tränen in die Augen, aber ich drängte sie mit einem Blinzeln zurück. Wieder einmal war es meine Gypsygabe, die uns trennte. Ich hatte meine Magie und die Geheimnisse, die sie mir enthüllte, immer geliebt, aber nun fragte ich mich zum ersten Mal, wie es wäre, sie nicht zu besitzen. Wie es wäre, einfach loszulassen und mir keine Gedanken darum machen zu müssen, wen ich berührte und was ich sehen könnte. Einfach in Logans Arme zu sinken, ohne die Angst, zu erfahren, dass ich ihm nicht so viel bedeutete wie er mir, oder die Geheimnisse zu entdecken, die er nicht mit mir teilen wollte.
Der Spartaner schwang sein Schwert von rechts nach links, um ein Gefühl für die Waffe zu bekommen, als er auf mich zukam. Vor mir hielt er an. Selbst jetzt, da ich wusste, wie wütend er auf mich war, klopfte mein Herz bei seinem Anblick wie wild. Schwarzes Haar, blaue Augen, starker Körper. Das Einzige, was noch fehlte, war sein übliches, leicht spöttisches Lächeln.
Ich lächelte ihn in der Hoffnung an, dass er die Geste erwidern und mir so sagen würde, dass zwischen uns alles wieder in Ordnung war. Doch stattdessen war Logans Blick eiskalt, als er das Schwert hob und seine Klinge leicht gegen meine Waffe schlug.
»Bereit, Gypsymädchen?«, fragte er mit ausdrucksloser Stimme.
Mein Herz krampfte sich zusammen, aber ich nickte und packte Vic fester.
In der nächsten Stunde kämpften wir, wobei Logan mich wieder und wieder besiegte. Zu dumm nur, dass der Spartaner nicht auch meine Gefühle für ihn erstechen konnte.
Logan verließ die Turnhalle, sobald wir das Training beendet hatten, wieder mit seinem Gefolge im Schlepptau. Ich stand vor der Tribüne und beobachtete, wie er durch eine der Türen verschwand. Der Spartaner sah nicht zu mir zurück – nicht ein einziges Mal.
»Mach dir keine Sorgen, Gwen«, sagte Oliver, während er seine Sachen zusammenpackte. »Er kommt schon wieder zur Vernunft. Du wirst sehen.«
Ich dachte an die Kälte in Logans Augen und an die Dinge, die er neulich abends zu mir gesagt hatte. Ich glaubte nicht, dass es etwas gab, das ich tun oder sagen konnte, um Logan dazu zu bringen, mir zu verzeihen. Diesmal nicht.
»Gwen?«, fragte Oliver.
»Ja, ich bin mir sicher, du hast recht. Logan wird sich früher oder später wieder einkriegen.« Ich zwang mich dazu, meinen Freund anzulächeln, obwohl die Lüge mir auf der Zunge brannte wie Säure.
Der Rest des Tages verging wie immer. Unterricht, Vorträge, Arbeitsaufträge, das übliche Schickimicki-Essen im Speisesaal. Schließlich schlug nach Mythengeschichte der letzte Gong. Metis warf einen kurzen Blick in meine Richtung, als wollte sie zu mir herüberkommen und mich fragen, ob es mir gut ging, aber ich hatte heute keine Zeit für die Professorin. Ich hatte eine Ahnung, der ich nachgehen wollte – und unglücklicherweise bestand Daphne darauf, mitzukommen.
Ich schob mir das braune Haar aus dem Gesicht und schüttelte meine Hand, um einen verirrten Funken ihrer Magie abzuschütteln, der beschlossen hatte, an meiner Haut kleben zu bleiben, statt einfach zu verlöschen. Eine Sekunde später wurde dieser prinzessinnenpinkfarbene Funke von einem Dutzend anderer ersetzt. Daphne erzeugte immer mehr Magie, wenn sie nervös, besorgt oder wütend war.
Man sollte meinen, sie wäre noch nie in jemandes Zimmer eingebrochen.
Und sie hielt mich für einen Freak. Bitte. Ich konnte total cool bleiben, wenn die Situation einen kleinen Einbruch verlangte. Oder Erpressung. Und, na ja, noch mehrere andere Sachen, die
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