Frostherz
noch beschäftigen«, sagte er und beachtete weder Cornelius noch Anne. Er setzte sich neben Brunner, der nun aufstand.
»Sparen Sie sich Ihre konfrontative Haltung«, herrschte der Biologielehrer Cornelius an. »Ich weiß genau, dass Sie es waren, die meinen Schulgarten mit diesem Cannabis-Unkraut verpesten wollten. Eine bodenlose Unverschämtheit! So ein pubertärer Unsinn! Am liebsten würde ich Sie beide zwei Wochen vom Unterricht ausschließen lassen. Damit Sie mal Zeit haben, über Werte nachzudenken.«
Anne wäre am liebsten im Boden versunken. Nicht so Cornelius.
»Moment mal«, rief er geradezu empört aus. »Erst mal müssen Sie uns beweisen, dass wir das tatsächlich waren. Und zweitens sehe ich überhaupt nicht, dass irgendwer oder irgendwas zu Schaden gekommen ist. Mein Gott, das war ein Streich – da kann man doch auch humorvoll reagieren.«
Anne meinte, über Meyer-Schönfelds Gesicht ein ganz kleines Lächeln huschen zu sehen. Aber er hatte sich sofort wieder im Griff.
»Dass ihr es wart, steht zweifelsohne fest. Wir haben eine Zeugin, die gestanden hat, dass sie dir, Cornelius, die 30 Pflanzen besorgt hat.«
Ami, dachte Anne nur. So ein Mist! Und dass die sich freuen würde, wenn Anne gleich mit bestraft wurde, war ja klar.
»Aber wie sind Sie an diese Aussage gekommen?« Cornelius war nicht zu bremsen. »Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass ›die Zeugin‹ von alleine zu Ihnen gerannt ist. Sie haben sie doch garantiert unter Druck gesetzt. Ich meine, wir wissen alle, von wem die Rede ist, und wenn es um Drogen geht, steht sie immer als Erste unter Verdacht.«
Brunner stand auf und ging im Raum auf und ab.
»Wir sind hier doch in keinem Gerichtssaal.« Seine Stimme klang kaum noch beherrscht. »Es kann Ihnen völlig egal sein, wie wir an unsere Informationen kommen – Fakt ist, Sie und Ihre Mitschülerin – der ich das nun wirklich nicht zugetraut hätte – haben den Schulgarten geschändet!«
Zu ihrem großen Erstaunen sah Anne, wie Rosen von einem Ohr zum anderen grinste.
»Herr Kollege, bitte«, schaltete er sich nun ein. »Von einer Schändung kann ich nun wirklich nichts erkennen. Sie mögen mich als parteiisch empfinden, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich meinem Sohn gegenüber äußerst kritisch bin. Ich sehe das Ganze als einen Scherz. Schließlich haben die beiden weder Pflanzen beschädigt noch irgendetwas geklaut oder so etwas. Es war ein Schülerstreich. Nichts weiter!«
»Ja, sollen wir sie einfach so davonkommen lassen?«, wetterte Brunner. »Und bitte: Natürlich ist der Anbau von Hanf ungesetzlich. Wenn das die Polizei mitbekommen hätte!«
»Hat sie aber nicht.« Cornelius klang beinahe gelangweilt.
»Sie sollen ihre Strafe bekommen, aber wir müssen sie doch nicht gleich moralisch verurteilen und ihnen die Fähigkeit des vernünftigen Handels gänzlich absprechen«, sagte Rosen.
»Da gebe ich dem Kollegen schon recht«, stimmte auch Meyer-Schönfeld zu. Brunner sah aus, als würde er am liebsten gegen die dunkelbraune Schrankwand voller ledergebundener Bücher treten. Er grummelte Unverständliches.
»Darf ich auch noch was sagen«, fragte Cornelius rein rhetorisch und sprach sofort weiter. »Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf, Herr Brunner…«
»Dürfen Sie nicht!«, schrie der Lehrer, aber Meyer-Schönfeld gab ihm mit der ausgestreckten Hand ein Zeichen zu schweigen.
»Ich glaube, Ihr Garten ist allgemein nicht so beliebt, wie er sein könnte, weil Sie uns Schüler nicht einfach selbst machen lassen, sondern alles genau so aussehen soll, wie Sie sich das vorstellen. Dann fühlen wir uns aber wie unbezahlte Hilfskräfte und der Garten ist nicht unserer – also ist er uns ziemlich egal.«
»Ihre Nachhilfestunde brauche ich nicht«, schnappte Brunner.
»Ist gut, Herr Kollege«, schaltete sich der Rektor ein. »Ich habe einen Vorschlag: Cornelius und Anne leisten zehn Stunden Gartenarbeit ab und verfassen ein Referat zum Thema ›Gesundheitsgefährdung durch Drogen‹. Damit wäre die Sache für mich erledigt.«
»Gute Idee«, stimmte Rosen zu. »Aber Ihnen ist klar, dass wir Ihren Vater informieren müssen, nicht wahr, Anne?«
Anne nickte und der Kloß, der sich in ihrem Magen gerade aufgelöst hatte, blähte sich wieder auf. Johann würde ausrasten! Wenn er erfahren würde, dass sie nachts fort gewesen war…
»Muss das denn sein?«, fragte Cornelius und fixierte seinen Vater scharf. »Ich meine, ich war es doch, der sie überredet hat.
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