Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostherz

Frostherz

Titel: Frostherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
Vom Netzwerk:
Stress.
    »Okay, ich muss los«, sagte sie, obwohl es viel zu früh war. »Ich muss vor dem Unterricht noch kurz in der Schulbibliothek vorbei.« Johann hielt ihr, ohne von der Zeitung aufzusehen, seine Wange hin und sie küsste ihn flüchtig.
    Es war kurz nach halb acht, als sie an der Schule ankam. Sie postierte sich am Eingang und hoffte, den Kini hier nicht zu übersehen. Gleich jetzt wollte sie mit ihm reden, dann hätte sie es wenigstens hinter sich. Die ersten Schüler schlurften müde und mit gebeugten Rücken an ihr vorbei, niemand beachtete sie. Das rote Monster von Cornelius war natürlich auch noch nicht zu sehen. Er kam immer erst in der letzten Sekunde, bevor es läutete. Brunner ging grüßend an ihr vorbei, bei ihm hatte sie nachher die erste Stunde. Mit ihm müsste sie eigentlich auch noch reden. Aber nicht heute. Da hatte der Kini Vorrang. Ein paar Mädels aus ihrer Klasse betrachteten sie irritiert, sagten jedoch nichts. Vom Kini keine Spur. Jemand rempelte sie heftig an, als sie dem Eingang den Rücken zukehrte, um ihren Blick über den Lehrerparkplatz schweifen zu lassen.
    »Pass doch auf«, maulte der Rempler auch noch. Anne drehte sich um und sah in die hasserfüllten Augen von Ami. Schnell drehte sie sich wieder fort.
    »Schlampe«, hörte sie die Mitschülerin zischen, beachtete sie jedoch nicht weiter. Diese Ami war regelrecht gruselig, fand sie. Mit der wollte sie sich lieber nicht anlegen. Rosen grüßte freundlich, und endlich, um fünf Minuten vor acht, sah sie den orangenen Smart des Kini. Sie richtete sich gerade auf, zupfte am Kragen ihrer Bluse und kaute auf der Unterlippe. Von den vielen Sätzen, die sie sich zurechtgelegt hatte, war keiner in ihrem Gedächtnis geblieben. Leichter Nieselregen setzte nun auch noch ein.
    »Guten Morgen, Herr von Derking«, sagte sie artig und er schaute verwundert zu ihr hinüber. Über seinen Kopf hielt er eine Zeitung, damit weder er noch sein hochheiliger Trachtenjanker nass wurden. Er schien seine raschen Schritte nicht abbremsen zu wollen. Anne wusste, sie musste schnell sein.
    »Kann ich Sie kurz sprechen?«
    »Jetzt?«, knurrte der Lehrer. Anne nickte und ihre Lippen formten ein lautloses »Bitte«. Der Kini lief ein wenig langsamer und Anne ging neben ihm her.
    »Ich… äh, ich wollte…«, stammelte sie.
    »Ja?«, fragte er unwillig.
    »Mich entschuldigen. Wegen neulich. Im Chor. Wegen des Ansteckers.«
    »So? Willst du also?« Einfach mochte er es ihr offensichtlich nicht machen.
    Was sollte sie denn noch sagen? Ihr Blick wanderte über die streng dreinblickenden Männerportäts, die von der Rektoren-Ahnen-Galerie im Gang zu ihr hinuntersahen. Sie wollte sich nicht einschüchtern lassen. Nicht mehr!
    »Der Anstecker hat sehr viel mit meiner Familiengeschichte zu tun. Ich habe nicht daran gedacht, dass irgendjemand sich dadurch in seiner Weltanschauung verletzt fühlen könnte. Es… tut mir leid.« Endlich blieb der Kini stehen. Sein Blick wurde eine Spur milder. Er kratze sich an der spitzen Nase. Der Gong rief zur ersten Stunde.
    »Aha«, sagte er. Sie hatte ihn offensichtlich aus dem Konzept gebracht. »So, so. Na gut, da kann ich ja wohl nichts dagegen sagen. Entschuldigung akzeptiert. So, und jetzt muss ich dringend in den Unterricht.« Er eilte weiter und Anne sah ihm fassungslos hinterher.
    »Und der Chor?«, rief sie ihm nach. Er konnte sie doch nicht einfach so stehen lassen.
    »Morgen um 15.00 Uhr ist die Generalprobe. Bitte pünktlich sein«, antwortete er kaum vernehmbar. Anne ballte die Hand zur Faust und zog an einem imaginären Seil. Yes!
    Mit klopfendem Herzen und leuchtenden Augen eilte sie zum Biologiesaal. Brunners finstere Miene angesichts ihres Zuspätkommens ignorierte sie. Lächelnd ließ sie sich auf ihren Platz fallen, drehte sich kurz um und streckte Cornelius, der schräg hinter ihr saß, den erhobenen Daumen entgegen. Ein kleines Lächeln erschien auf seinem müden Gesicht.
    Warum Anne zum Haus ihrer Großmutter hatte mitkommen müssen, war ihr nicht so ganz klar. Johann hatte sie gemeinsam mit Marita Jung von der Schule abgeholt und dann hatten die Erwachsenen angeregt über den Interessenten vom Morgen gesprochen und Anne gar nicht beachtet. Lief da was zwischen den beiden? Ihr Vater war verdächtig gut gelaunt.
    Von Derking kam ein wenig zu spät und machte einen abgehetzten Eindruck. Irgendwie kam es Anne so vor, als sei sein Interesse für das Haus nur vorgeschoben. Wenn er nun doch mit ihrem Vater über sie

Weitere Kostenlose Bücher