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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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wären überall auf dem Campus Statuen und Reliefs von Greifen. An den Wänden hier drin, auf beiden Seiten der Stufen zur Bibliothek, auf den Felsen neben dem Wasserfall im Speisesaal, beim Tor zum Schulgelände. Wir haben zu Hause bei Weitem nicht so viele Bilder von Greifen.«
    »Oh«, meinte er. »Das liegt daran, dass hier in den Bergen tatsächlich Greife nisten. Der Legende nach ließen sich die Erbauer dieser Akademie sehr von den Kreaturen inspirieren. Noch heute kann man sie manchmal über die Schule fliegen sehen, obwohl niemand weiß, wo genau sie leben. Vielleicht höher in den Bergen oder auf einer benachbarten Bergspitze.«
    »Haben Sie irgendwelchen Kontakt zu ihnen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Größtenteils gehen sie uns aus dem Weg. Wir folgen ihrem Beispiel. Nur ab und zu wird ein Schüler beim Bergwandern von einem von ihnen angegriffen. Rachel hätte sie erwähnen sollen, als sie berichtet hat, worauf wir in den Bergen achten müssen. Greifen sind wilde Tiere – gefährlich, angriffslustig und vollkommen unvorhersehbar.«
    Ich dachte an Nyx und fragte mich, ob Covington wohl dasselbe von ihr denken würde – dass sie ein wildes, gefährliches, angriffslustiges Tier war. Vielleicht war sie das sogar, aber vor allem war sie meine Freundin, gehörte zu meiner Familie, und ich liebte sie genauso sehr wie Grandma Frost und meine anderen Freunde. Genauso empfand ich gegenüber Nyx’ Mom, Nott, obwohl sie tot war – von Vivian ermordet, genau wie meine Mom.
    »Natürlich ist den Schnittern egal, wie gefährlich die Greife sind«, fügte Covington hinzu. »Gerüchten zufolge kommen sie mehrmals jährlich in diese Gegend, um wilde Greife zu fangen und in ihre Dienste zu zwingen. Obwohl ich nicht verstehe, wie es den Schnittern gelingt, sie zu kontrollieren.«
    Ich wusste, wie. Nike hatte mir erklärt, dass die Schnitter Kreaturen wie Greifen, Fenriswölfen und Nemeischen Pirschern ein spezielles Gift fütterten, um sie zu kontrollieren. Ohne eine tägliche Dosis des Giftes würden die Kreaturen einen schrecklichen, schmerzhaften Tod sterben, daher waren sie gezwungen, den Schnittern zu dienen, selbst wenn sie es eigentlich nicht wollten. Ich fragte mich, ob die Schnitter dafür wohl auch irgendeine spezielle Form von Saftselket verwendeten.
    »Aber Schnitter hin oder her, jeder weiß, dass Greife einem, ohne mit der Wimper zu zucken, den Kopf abreißen würden«, beendete Covington seine Erklärung.
    Bei ihm klang es wirklich, als wären die Greifen die Monster, nicht die Schnitter. Ich hielt diese Ansicht für falsch, aber ich sagte nichts. Es war ja nicht so, als hätte ich viel Erfahrung mit Greifen. Vielleicht waren sie wirklich so gefährlich, wie Covington behauptete. Oder sie wurden einfach missverstanden wie so viele andere mythologische Kreaturen. Ich bezweifelte sowieso, dass ich in den Ruinen Greifen begegnen würde. Wenn sie so klug waren, wie ich glaubte, würden sie einen Blick auf uns und die Schnitter werfen, die wahrscheinlich dort im Hinterhalt lauerten, und dann so schnell wie möglich in die andere Richtung davonfliegen.
    »In Ordnung«, sagte Ajax hinter mir und wedelte mit den Armen, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Wir haben jetzt die Details geklärt. Lasst uns gehen. Wir haben immer noch eine Menge zu tun.«
    Wir schnappten uns unsere Sachen und verließen den Konferenzsaal. Doch bevor ich die Tür durchschritt, drehte ich mich noch einmal zu dem Greifenrelief um. Für einen Moment schien es, als würde sich der Kopf des Greifs langsam in meine Richtung drehen, bis die Kreatur mich direkt anstarrte. Sie kniff die Augen zusammen, und ihre Klauen schienen mit jedem Augenblick länger und schärfer zu werden, als wünschte sich der Greif nichts mehr, als aus der Wand auszubrechen, sich über den Konferenztisch zu werfen und mich zu zerfetzen …
    »Komm schon, Gwen!«, rief Daphne.
    Ich blinzelte, und das Relief bestand wieder einfach nur aus Stein. Mir lief ein Schauder über den Rücken, als ich aus dem Raum huschte, ohne noch einen Blick zurück zu wagen.
    Den Rest des Tages verbrachten wir damit, uns auf unsere Bergwanderung vorzubereiten. Rachel kehrte in den Speisesaal zurück, nachdem sie Rory hatte versprechen lassen, dass sie den Nachmittagsunterricht besuchen würde. Mit dem Rest von uns ging Covington in Snowline Ridge einkaufen. Wir rüsteten uns mit Schneeanzügen, Wanderstiefeln, Sturmhauben, Handschuhen, Schals, Rucksäcken,

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