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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Winterwetter hat die Wege ausgewaschen, also müssen wir uns Sorgen um verstauchte Knöchel und gebrochene Beine machen. Wir haben Glück, dass es in den letzten Wochen nicht allzu viel geschneit hat, sodass die Wanderung nicht übermäßig anstrengend werden dürfte. Aber ein Sturm zieht heran. Wir müssen wieder vom Berg runter sein, bevor der Schneefall einsetzt.«
    »Also gibt es in den Ruinen gar keinen magischen Hokuspokus?«, fragte ich. »Sind Sie da sicher?«
    Rachel schüttelte den Kopf. »Nicht auf die Art, die du meinst. Die einzige Magie dort oben liegt in Boden und Steinen und hilft den Blumen, das ganze Jahr über zu wachsen und zu blühen, selbst im härtesten Winter. Diese Magie allerdings macht die Ruinen wunderschön, nicht gefährlich.«
    Ich starrte das Foto der Wildblumen an. Ich war mir da nicht so sicher. Klar, es waren nur Blumen, doch ich konnte fast fühlen, wie sie eine Macht ausstrahlten, irgendeine rohe, wilde Energie. Langsam drehten sich alle Blüten in meine Richtung, während sich die Streifen und Punkte auf den hellen Blütenblättern so anordneten, dass mich Gesichter anstarrten. Plötzlich stieg mir ein Geruch in die Nase – ein leichter, blumiger Duft, der gleichzeitig süß, scharf und frisch war …
    Ich schüttelte den Kopf, und das Bild verschwand genauso schnell wie der Duft. Meine Psychometrie machte mal wieder Zicken. Es war nur ein Foto. Doch was würde ich empfinden, wenn ich die Ruinen und Blumen mit eigenen Augen sah? Ich hatte keine Ahnung, aber ich würde es herausfinden.
    Covington drückte wieder einen Knopf, und das Bild verschwand. Ajax lehnte sich vor und schaltete das Licht wieder an.
    »Wir werden morgen Mittag aufbrechen«, erklärte Covington. »Damit sollten wir mehr als genug Zeit haben, den Berg zu ersteigen, ein Lager aufzuschlagen und die Ambrosia-Pflanze zu finden. Stimmst du mir da zu, Rachel?«
    Sie nickte.
    »Ich komme auch mit«, schaltete sich Rory ein.
    Covington zögerte. »Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Nach dem, was Ajax mir erzählt hat, drängt die Zeit. Je mehr Leute wir mitnehmen, desto langsamer kommt die Gruppe voran. Außerdem, wieso solltest du mitkommen wollen?«
    Rory sah den Bibliothekar an, als wäre die Antwort vollkommen offensichtlich. »Weil dort Schnitter sein werden – Schnitter, die ich töten kann.«
    Mit weit aufgerissenen Augen sah Covington zu Rachel, die nur seufzte. »Rory, du weißt doch gar nicht, ob dort oben Schnitter sein werden.«
    »Natürlich werden sie dort sein«, antwortete ich. »Wir wissen doch alle, dass dieser gesamte Ausflug eine Falle der Schnitter ist. Deswegen haben sie das Gift überhaupt eingesetzt – damit wir herkommen müssen, um die Ambrosia-Blüten für das Gegengift zu holen. Es würde mich überhaupt nicht überraschen, wenn Vivian und Agrona bereits in den Ruinen säßen und darauf warteten, dass wir auftauchen und sie uns töten können.«
    Die drei Erwachsenen wechselten Blicke, doch sie widersprachen mir nicht. Wir wussten alle, dass sie das nicht konnten. Die Schnitter hatten uns hierhergelockt. Jetzt blieb uns nur, abzuwarten, welche Art von Falle sie uns gestellt hatten – und zu hoffen, dass wir sie irgendwie überleben würden.

Die anderen unterhielten sich darüber, was wir noch tun mussten, was wir einpacken sollten und welche Route wir wählen würden, um die Ruinen zu erreichen. Überwiegend redeten Rachel und Rory, während Ajax und Covington immer mal wieder ein paar Worte einwarfen. Auch Alexei trug seinen Teil bei. Scheinbar war er während seiner Kindheit in Russland oft berggewandert. Daphne und Carson steckten die Köpfe zusammen und flüsterten, während Oliver wieder einmal sein Handy herauszog und SMS schrieb.
    Unruhig stand ich auf und tigerte im Konferenzsaal herum. Schließlich kam ich vor dem großen Greifenrelief an der Wand zum Stehen. Ich empfing nicht dasselbe beruhigende Gefühl davon wie von den Greifen vor der Bibliothek der Altertümer zu Hause, aber Greifen waren immer Beschützer. Aus irgendeinem Grund sorgte das Relief dafür, dass ich unsere Chancen, die Ambrosia-Blüten zu finden, plötzlich ein wenig besser einschätzte.
    Nach ein paar Minuten kam Covington zu mir herüber. »Das Relief scheint dich sehr zu interessieren.«
    »Könnte man so sagen. Was hat es mit all diesen Greifen auf sich?«
    Er runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
    Ich deutete auf das Relief und all die kleinen Statuen im Raum. »Es scheint, als

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