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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Guðný.
    »Hast du irgendwelche Leute in der näheren Umgebung, beispielsweise hier im Haus, kennengelernt?«
    »Ein bisschen.«
    »Hast du Probleme damit gehabt, dass du aus Thailand bist? Hast du Ausländerfeindlichkeit zu spüren bekommen?«
    »Manchmal ein bisschen, wenn ich ausgehe.«
    »Und deine Jungen?«
    »Elías hat sich nie beklagt, aber da war ein Lehrer, den er nicht mochte.«
    »Kjartan?«
    »Ja.«
    »Weshalb nicht?«
    »Die Schule hat ihm Spaß gemacht, aber nicht, wenn er Unterricht bei Kjartan hatte.«
    »Und Niran?«
    »Er will wieder nach Hause.«
    »Nach Thailand?«
    »Ja. Aber ich möchte ihn bei mir haben. Für ihn war die Umstellung sehr schwer, aber ich wollte ihn bei mir haben.«
    »Óðinn war nicht sehr erfreut, von Niran zu erfahren, nachdem ihr schon längst verheiratet wart.«
    »Nein.«
    »War das der Grund für die Scheidung?«
    Sunee hörte Guðný aufmerksam zu, solange sie die Frage übersetzte. Dann sah sie Erlendur an.
    »Vielleicht«, sagte sie. »Vielleicht war es einer der Gründe. Die beiden haben sich von Anfang an nicht verstanden.«
    »Ich würde gern etwas über deinen Freund wissen«, sagte Erlendur. »Kannst du mir etwas über ihn sagen? War er der Grund, weshalb Óðinn und du euch getrennt habt?«
    »Nein«, erklärte Sunee. »Zwischen mir und Óðinn war alles vorbei, als ich ihn kennenlernte.«
    »Wer ist er?«
    »Ein guter Freund von mir.«
    »Warum willst du uns nichts über ihn sagen?«
    Sunee antwortete nicht.
    »Ist es vielleicht deswegen, weil er das nicht will?«
    Sunee schwieg weiterhin.
    »Ist ihm diese Beziehung peinlich?«
    Sunee blickte ihn an und schien etwas sagen zu wollen, unterließ es aber.
    »Ist Niran bei ihm?«
    »Frag mich nicht nach ihm. Er hat nichts mit dieser Sache zu tun.«
    »Es ist sehr wichtig für uns, mit Niran zu reden«, sagte Erlendur. »Nicht, weil wir glauben, er hätte sich etwas zuschulden kommen lassen, sondern weil wir der Meinung sind, dass er etwas weiß, was uns weiterhelfen kann. Vielleicht lässt du dir die Sache bis morgen durch den Kopf gehen?«
    Guðný gab das an Sunee weiter, die aber nicht darauf einging.
    »Vermisst du Thailand nicht?«, fragte Erlendur.
    »Ich bin seit Elías’ Geburt dreimal dort gewesen«, sagte Sunee. »Meine Angehörigen kommen zur Beerdigung. Es wird gut sein, sie zu treffen, aber ich vermisse Thailand nicht.«
    »Du willst also Elías hier begraben lassen?«
    »Natürlich.«
    Sunee schwieg eine Weile. »Ich möchte hier leben und in Ruhe gelassen werden«, erklärte sie dann. »Ich bin in der Hoffnung auf ein besseres Leben hierhergekommen und war der Meinung, es gefunden zu haben. Ich wusste nichts über Island, bevor ich kam, nicht einmal, dass es existierte. Es wurde aber zu meinem Traumland. Und dann passierte dieses Entsetzliche. Vielleicht gehe ich wieder nach Hause, zusammen mit Niran. Vielleicht gehören wir nicht hierher.«
    »Aus einer allerdings sehr unzuverlässigen Quelle haben wir erfahren, dass Niran Umgang mit Jungen hat, die mit Drogen zu schaffen haben.«
    »Das ist ausgeschlossen.«
    »Du weißt, was ein Geldeintreiber ist?«
    Sunee nickte.
    »Hat Niran Schwierigkeiten wegen solcher Leute gehabt?«
    »Nein«, gab Guðný Sunees Antwort weiter. »Niran hat nie etwas mit Drogen zu tun gehabt. Wer so etwas sagt, lügt.«
    Erlendur stellte den Motor ab und stieg in die klirrende Kälte hinaus. Er zog den Mantel eng um sich und ging langsam auf den Eingang seines Wohnblocks zu. Er betrat seine Wohnung und machte Licht. Kein Mond schien, der am Fenster entlangwanderte, der Himmel war schwer verhangen, und der Wind heulte um das Haus.
    Er wusste nicht, wie lange er gesessen und an Marian Briem gedacht hatte, als es plötzlich an seine Tür klopfte. Wahrscheinlich war er eingeschlafen, aber er war sich nicht sicher. Er stand auf und öffnete die Tür. Eine Gestalt tauchte aus der Dunkelheit des Korridors auf und begrüßte ihn. Es war Eva Lind.
    Erlendur war überrascht. Er hatte seine Tochter lange nicht gesehen. Ihre Beziehung war nun schon geraume Zeit so schlecht gewesen, dass er sogar damit gerechnet hatte, er würde sie nie wiedersehen. Er hatte sich zu dem Entschluss durchgerungen, ihr nicht ständig hinterherzuspionieren, sie aus irgendwelchen Absteigen für Junkies herauszuholen oder sich einzumischen, wenn ihr Name in irgendwelchen Polizeiberichten auftauchte. Er hörte auf mit den Versuchen, sie zu sich nach Hause zu holen und sich um sie zu kümmern oder sie dazu zu

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