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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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bringen, eine Entziehungskur zu machen. Nichts davon hatte irgendetwas genützt, sondern immer genau das Gegenteil bewirkt. Je mehr sie voneinander sahen, desto mehr verschlechterte sich ihre Beziehung. Eva Lind hatte nach einer Fehlgeburt unter schweren Depressionen gelitten, aber er konnte nichts für sie tun. Seine gut gemeinten Versuche hatten auch in dieser Situation genau die entgegengesetzte Wirkung gehabt, Eva legte alles als anmaßendes Verhalten und Einmischerei aus. Zum Schluss hatte er dennoch dafür gesorgt, dass sie sich einer Entziehungskur unterzog. Als das nichts brachte, gab er es auf. Er kannte ähnliche Beispiele aus seiner Arbeit. Viele Eltern von Drogenabhängigen gaben ihre Kinder, die tiefer und tiefer sanken, ohne Vernunft anzunehmen oder den geringsten Willen zur Zusammenarbeit zu zeigen, zum Schluss auf.
    Er hatte sich entschlossen, sie völlig in Ruhe zu lassen, und sie verhielt sich entsprechend. Ihm war bewusst, dass er nur noch ganz selten mit seiner Tochter Kontakt haben würde. Er kannte sie kaum, weil sie ständig unter Drogen stand, die sie in einen anderen Menschen verwandelten. Es war ein hoffnungsloser Kampf. Das Gift war nicht Eva Lind. Das wusste er, obwohl sie selbst nie so tief gesunken war, das als Entschuldigung für etwas zu verwenden. Das Gift war die eine Eva Lind, aber es gab auch eine andere. Meistens war es schwierig, die beiden auseinanderzuhalten, aber es war möglich. Obwohl es an und für sich keinen Trost bedeutete, war er sich darüber vollkommen im Klaren.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte Eva Lind.
    Er freute sich mehr darüber, sie wiederzusehen, als er vor sich selber zugeben wollte. Sie trug nicht mehr ihre schwarze, hässliche Lederjacke, sondern einen rötlichen langen Mantel. Die Haare waren sauber und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, sie war kaum geschminkt, und er sah keine Piercings mehr. Die Lippen waren nicht schwarz, sondern blass. Unter dem Mantel kamen ein dicker, grüner Pullover, eine Jeans und schwarze, kniehohe Lederstiefel zum Vorschein.
    »Selbstverständlich«, sagte er und hielt die Tür für sie auf. »Fürchterlich dunkel ist es immer bei dir«, sagte sie, während sie sich ins Wohnzimmer begab. Er schloss die Wohnungstür und ging hinter ihr her. Sie schob den Zeitungsstapel auf dem Sofa zur Seite, setzte sich und kramte eine Zigarettenschachtel hervor, die sie ihm hinhielt. Er gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie gerne rauchen könne, nahm aber selber keine.
    »Was gibt’s Neues bei dir?«, fragte er und setzte sich in seinen Sessel. Alles schien unverändert zu sein, es war, als sei sie erst vorgestern ausgezogen und würde jetzt mal auf einen Sprung hereinschauen.
    »
Same old
«, entgegnete Eva Lind.
    »
Same old
, wieso hast du eigentlich was gegen Isländisch?«, fragte er.
    »Bei dir ändert sich auch nichts, oder?« Eva blickte sich um, sah die Bücherregale und die Bücherstapel. In der Küche standen zwei Stühle am Tisch, ein Topf und eine Kaffeekanne auf dem Herd.
    »Und du? Änderst du dich?«
    Eva Lind zuckte die Achseln und gab ihm keine Antwort. Vielleicht wollte sie nicht mit ihm über sich selber reden. Das endete meist im Streit und war ermüdend. Er wollte sie nicht vor den Kopf stoßen und danach fragen, wo sie die ganze Zeit gewesen war – oder in was für einer Verfassung sie war. Sie hatte ihm mehr als einmal deutlich gemacht, dass es ihn nichts anginge, was sie trieb. Es sei ihn noch nie etwas angegangen, und das sei seine eigene Schuld.
    »Sindri hat bei mir im Büro vorbeigeschaut«, sagte er und betrachtete das Gesicht seiner Tochter. Sie erinnerte ihn oft an seine Mutter, die Augen und die Wangenpartie hatte sie von ihr.
    »Ich hab vor einer Woche oder so mit ihm gesprochen«, sagte sie. »Er arbeitet in Kópavogur und verkauft Bauholz oder so was. Worüber habt ihr geredet?«
    »Nichts Besonderes«, sagte Erlendur. »Er war auf dem Weg zu einem Treffen der Anonymen Alkoholiker.«
    »Wir haben über dich gesprochen.«
    »Über mich?«
    »Das machen wir immer, wenn wir uns treffen. Er hat gesagt, dass er Verbindung zu dir hat.«
    »Er ruft manchmal an«, sagte Erlendur, »und manchmal kommt er auch zu Besuch. Wieso redet ihr über mich? Was gibt’s da zu reden?«
    »Nur so«, sagte Eva. »Was für ’n komischer Kauz du bist. Du bist ja auch unser Vater, da ist doch nichts Merkwürdiges dabei, dass wir über dich reden. Sindri redet nicht schlecht über dich, besser, als ich

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