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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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ich ins Dorf gefahren bin und plötzlich einen Platten hatte. James stand mit seinem Landrover auf dem Marktplatz. Er hat mir den Reifen gewechselt, und dann habe ich ihn auf ein Glas in den
Black Swan
eingeladen. Wir haben uns ewig lang unterhalten. Irgendwann habe ich ihm erzählt, dass ich gerne reite, und er meinte, er hätte Pferde, auch wenn er nicht wüsste, wozu. Aber die Familie hätte immer Pferde für die Jagd und so weiter gehalten. James hasst es, Traditionen aufzugeben. Das ist irgendwie toll, oder?»
    «Nach allem, was ich gehört habe», sagte Lol, «hat sich sein Vater nur Pferde gehalten, damit ihm der Nachschub an Stallmädchen nicht ausging.»
    Einen Moment lang herrschte Stille.
    «Von wem hast du das gehört?» Ihre Stimme blieb gleichmütig, doch Lol war sicher, dass sich ihr Körper angespannt hatte.
    «Ein Freund hat es erwähnt.»
    «Ein Freund! Lol, du hast doch nur einen Freund, besser gesagt eine Freundin. Was hat die alte Hexe genau über den alten Bull gesagt?»
    «Kommt es darauf noch an? Er ist schließlich tot, oder?»
    «Los, komm schon.»
    «Du erzählst es ja doch nur diesem blöden James weiter.»
    «James», sagte Alison bedächtig, «wäre der Letzte, dem ich es weitererzählen würde.»
    «Sie sagte, die Missachtung von Frauen würde in dieser Familie genauso weitervererbt wie andere Charaktereigenschaften. Lucy hatte eine Freundin, die eins dieser Stallmädchen war. Patricia Soundso.»
    Licht fiel auf die Fensterscheiben.
    «Mist», sagte Alison.
    Es waren die Scheinwerfer des Landrovers.
    «Duck dich», sagte Alison.
    Lol rührte sich nicht. «Aber sie meinte, James wäre anders», sagte er mehr aus Fairness Lucy als aus Gerechtigkeitsempfinden Bull-Davies gegenüber. «Jedenfalls, was das Gewissen angeht. Scheint der Erste in dieser Sippschaft zu sein, der überhaupt so was wie ein Gewissen besitzt, und außerdem ist er von hier weggegangen, bevor   …»
    «Wieso ist er schon zurück, verdammt nochmal? Er hat gesagt, es wird mindestens halb zehn.»
    Vielleicht sollte es so sein, dachte Lol. Vielleicht sollten sie sich in einer netten Dreiergruppe zusammensetzen.
    «Pass auf», zischte Alison. «Wenn er dich hier findet, dann bringt er dich um. Hör zu. Er kommt durch die Hintertür herein   …
pass auf, was ich sage
… warte in der Halle, bis du seinenSchlüssel hörst, und dann gehst du durch die Vordertür raus und lehnst sie hinter dir an. Aber leise.»
    «Und ich hab gedacht», murmelte Lol, «ich könnte mich heute Abend mal prügeln.»
    «Geh!» Alison war aufgesprungen. «Mach schon!»
    Er ging in die Halle und stellte sich neben einen Kleiderständer, von dem ein starker Geruch nach Barbourwachs und Dünger ausging. Dann hörte er einen Schlüsselbund gegen eine Tür schlagen. Doch er blieb stehen, wo er war.
    «Einfach unglaublich», tobte Bull-Davies.
    «Liebling?» Alisons Aussprache klang plötzlich unheimlich geziert. «Ist alles in Ordnung?»
    «Diese dumme Ziege
hat sich übergeben
! Mitten in der verdammten Kirche!»
    «Wer denn?»
    «Der Gottesdienst hat noch keine zehn Minuten gedauert, da hat sie ihr Mittagessen von sich gegeben. Ich frage dich, ist es eigentlich Anstellungsvoraussetzung für Pfarrer, keinerlei Selbstbeherrschung zu haben? Der alte Hayden hat auf der Kanzel sogar mal geheult. Hat Berge von Kleenex   …»
    «James, worüber redest du?»
    «Über diese blöde Pfarrerin. Lässt sich vom halben Dorf beim Kotzen zusehen. Vielleicht merken sie jetzt endlich, was sie für einen Fehler gemacht haben. Vermutlich hängt demnächst ein Zettel an der Kirche:
Menstruationsbeschwerden. Alle Gottesdienste verschoben

    Lol hörte weiter zu. Alison war überzeugte Feministin. Wenn er auch nur die Hälfte dessen gesagt hätte, was Bull-Davies eben von sich gegeben hatte, wäre sie ihm schon längst an die Gurgel gesprungen.
    «Tja, Liebling», sagte Alison beruhigend, «du hast es ihnen ja gleich gesagt.»
    Lol ging hinaus. Während er die steile Zufahrt hinunterstolperte, breitete sich das letzte Abendrot vor ihm aus wie an einem langen Strand. Langsam schien um ihn herum überhaupt nichts mehr real zu sein.
     
    Offenbar war sie ohnmächtig geworden, denn sie wachte auf dem Sofa in der Sakristei wieder auf. Jemand hatte sie mit einer Wolldecke zugedeckt.
    «Überanstrengung», sagte Dr.   Kent Asprey. «Überarbeitung, hat keine Rücksicht auf ihre Gesundheit genommen. Mrs.   Watkins? Können Sie mich hören? Merrily?»
    «Es tut mir so

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