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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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schwankte, atmete schnell und flach. Sie sah sich um.
    Sie war allein. Der Bischof war nicht mehr da, die Gemeinde war verschwunden. Die Kirche war leer. Die leuchtenden roten Wände waren stumpf geworden. Aus den Fenstern waren die Farben gewichen. Es war kalt.
    Und irgendetwas kroch auf Händen und Knien auf dem Mittelgang in ihre Richtung, der Körper vor Schmerzen verdreht. DieQual dieses Wesens erreichte Merrily, nistete sich in ihrem leeren, schmerzenden Magen ein. Sie wollte schreien, doch stattdessen kam ihr die Galle hoch.
     
    Die versammelte Gemeinde stand entsetzt auf, als ihre Pfarramtsvertreterin in ihrem eigenen Erbrochenen zusammensank.

23   Black-eyed Dog II
    Fast gelangweilt sagte Alison: «So kompliziert ist es wirklich nicht. Ich gebe ihm, was er braucht, und er gibt mir, was ich will.»
    Sie hatte sich in einen abgewetzten Sessel mit Chintzbezug geworfen und streckte ihre Beine aus, um ihre nackten Zehen in Augenschein zu nehmen, die offenkundig wesentlich interessanter waren als Lol.
    Der Raum war hoch und farblos, mit einem großen, gefliesten Kamin. Niemals würde er ihr abnehmen, dass es das hier war, was sie wollte.
    Nichts davon klang richtig. Er saß schon fast eine Stunde da, und alles, was sie geredet hatte, war oberflächlicher Mist gewesen. Wie sie schon als Kind in Swindon, als sie auf dem Reiterhof jobbte, davon geträumt hatte, auf dem Land zu leben. Wie sie gedacht hatte, als sie mit Lol hierhergekommen war, dass nun bald etwas Besonderes passieren würde; dass sie viel Geld verdienen und ein erfülltes Dasein führen würden. Aber wenn man in so einem kleinen Cottage wohnte, konnte man genauso gut in seinem Vorstadtreihenhaus bleiben. Während sie jetzt das Wahre gefunden hatte. So musste man auf dem Land leben und nicht anders.
    Was sie von sich gab, klang wie aus einer der Zeitschriften, die beim Zahnarzt herumlagen. Lol konnte es einfach nicht glauben.
    «Warte mal», er lehnte sich auf der durchgesessenen Couch in ihre Richtung, «du warst doch diejenige, die das Cottage ausgesucht hat. Du hast gesagt, es wäre perfekt.»
    «Dann habe ich mich eben geirrt. Es war klein, man kam sich total eingesperrt vor. Es war schlimmer als in der Stadt. Und etwas Besonderes ist in unserem Leben auch nicht passiert.»
    «Außer dass du Bull-Davies kennengelernt hast.»
    Alison sah ihn immer noch nicht an.
    «Das ist eigentlich nicht das, was du in Wirklichkeit denkst», sagte sie.
    «Was denkst du denn, was ich denke?»
    Vor den tief herabgezogenen georgianischen Fenstern ging die Sonne unter und tauchte den Raum in schummriges rötliches Licht.
    «Ich denke», sagte sie, «dass du enttäuscht bist. Verletzt. Du denkst, dass ich mich ohnehin nie für dich interessiert habe. Dass ich dich nur ausgenutzt habe, bis mir jemand Interessanteres über den Weg gelaufen ist.»
    Genau das dachte er. Trotzdem konnte er immer noch nicht glauben, dass sie schon die ganze Zeit so oberflächlich gewesen sein sollte.
    «Ich wollte dich wirklich nicht verletzen, Lol. Ich wollte, dass du, verstehst du   … wütend wirst. Und einen Hass auf mich bekommst. Ich wollte diesen Lass-uns-Freunde-bleiben-Scheiß nicht.»
    Er starrte sie an.
    «Das war außerdem das Letzte, was du brauchen konntest. Aggression. Das hättest du gebraucht. Oder Wut. Aber nichts davon. Das habe ich nicht verstanden. Bist du eigentlich noch nie im Leben wütend geworden? Deine Familie hat dich im Stich gelassen,jeder Idiot hat dich übers Ohr gehauen   … Warum bist du nicht vor Wut explodiert? Ich wollte viel lieber, dass du mich hasst   … statt dich in die Ecke zu verkriechen und dich bei deiner Katze auszuheulen.»
    «Woher willst du wissen, dass ich das getan habe?»
    «Es tut mir leid», sagte sie. «Irgendwer hätte es dir sagen sollen. Ich habe in der Dreikönigsnacht extra eine Riesenshow für Miss Devenish hingelegt. Der arme James wäre vor Scham fast im Boden versunken. Und nicht mal sie hat dich eingeweiht. Meine Güte. Kein Aas hat dir etwas davon erzählt, dass deine Frau mit einem anderen rummacht.»
    Lol zuckte zusammen.
    «Verstehst du, wenn man eine   … Gelegenheit bekommt, muss man sie beim Schopf packen. Ich habe nicht erwartet, dass es so schnell passiert. Es tut mir leid.»
    Er fror. Es gab offenbar keine Heizung, und obwohl im Kamin Papier und Holz aufgeschichtet waren, zündete Alison das Feuer nicht an.
    «Wenn du es genau wissen willst», sagte Alison, «ich habe ihn an dem Tag kennengelernt, an dem

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