Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
Natürlich werden wir die Leute nach dem Gottesdienst nicht gleich rausjagen. Wir bieten Tee und Kekse und so weiter an – mit dem Antrag auf die Espressomaschine warte ich noch, bis ich ein bisschen länger hier bin.»
    «Und was ist mit dem Gebetbuch?»
    «Oh, ich halte mich strikt an das
Book of Common Prayer
. Und kein Geklatsche wie in der Erweckungskirche. Jedenfalls nicht für die Erwachsenen.»
    Ted Clowes drehte nachdenklich sein Brandyglas auf dem Tisch. «Ich sollte das vielleicht nicht sagen, aber ein paar Leute waren zuerst ein bisschen misstrauisch, als sie von dir hörten. Eine große Gemeinde für   … für   …»
    «Für eine Frau?»
    «Also – ja.» Er rückte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. «Aber es gab auch andere Bedenken. Das Kirchengebäude ist vielseitig nutzbar. Es ist groß. Mit sehr guter Akustik. Es gibt auf Meilen im Umkreis keinen besseren Konzertsaal.»
    «Kann ich mir vorstellen.»
    «Und es gibt viele, die das sehr zu schätzen wissen. Vor allem die Zugezogenen. Zum Beispiel Dermot Child, der Komponist und Experte für alte Musik, der ja auch der Organist in der Kirche ist. Oder Richard Coffey, der Dramatiker.»
    «
Der
wohnt hier?»
    «Ja, aber nicht ständig. Zusammen mit seinem jungen Freund, einem Schauspieler, von dem du vermutlich noch nichts gehört hast. Und die Cassidys sind auch sehr, mmh, kulturinteressiert. Also, das waren die wichtigsten, aber es gibt noch ein paar weitereFiguren samt ihren Anhängern und Gefolgsleuten. Du solltest auf diese Leute achten, denn sie machen die Kirche voll – und sie bringen Geld in die Kirche. In die Diözese. Und ein gewisses   … kulturelles Niveau. So etwas sollte man nicht verächtlich abtun, Merrily.»
    «Tut die Kirche das denn?»
    «Vielleicht nicht. Außerdem ist den meisten von uns bewusst, dass die Kirche einen gelegentlichen Tritt in den Hintern ganz gut vertragen kann. Und wenn dieser Tritt mit einem teuren Schuh ausgeführt wird, umso besser. Alf war immer ziemlich altmodisch, wird Zeit, dass mal ein frischerer Wind einkehrt. Andererseits haben wir hier natürlich auch unsere Traditionalisten. Leute, die dir ganz gerne ein paar Steine in den Weg gelegt hätten.»
    «Aha», sagte Merrily. «Könnte es mir eventuell etwas nützen zu erfahren, wer die sind?»
    Ted zögerte nicht. «Zum Beispiel James Bull-Davies. Ihm kommt es auf jede Kleinigkeit an. Ein komischer Vogel. Hat Karriere als Offizier gemacht. Dann ist seine Ehe in die Brüche gegangen und sein Vater nach einer Routineoperation überraschend an einer Embolie gestorben. James musste seine Laufbahn aufgeben, hierher zurückkommen und das Anwesen übernehmen. War für ihn ein ziemlicher Sprung ins kalte Wasser, diese Situation.»
    «Welche Situation denn genau?»
    «Die Last der Tradition könnte man es vielleicht nennen. Er musste Land und Liegenschaften verkaufen, um die Erbschaftssteuer und so weiter zu bezahlen, abgesehen davon, was es ihn gekostet haben mag, Sarah auszuzahlen. Viel mehr als Upper Hall ist ihm nicht geblieben. Und die Verantwortung für die Tradition. Das ist Soldatenmentalität, verstehst du? Er ist jetzt der Gutsherr hier, und nimmt diese Rolle so ernst, wie es sein Vater nie getan hat. Er hält es für seine Aufgabe, den Verfall der überkommenen Werte aufzuhalten und unseren Landstrich vor der heutigen Welt zu beschützen.»
    «Ich verstehe», sagte Merrily. «Und das schließt diese   … wie hieß sie noch, Alison, ein?»
    «Oh, na ja, niemand weiß so genau, was da läuft. Ich fürchte, es geht um reine Fleischeslust. Aber das spielt auch keine Rolle. Eine Frau im Schlafzimmer, das ist eine Sache. Aber eine Frau als Kanzelrednerin in der Kirche, in der die Gebeine deiner Vorfahren ruhen, ist etwas ganz anderes.»
    Merrily schüttelte den Kopf.
    «Dabei geht es nicht um dich, meine Liebe», versicherte ihr Ted. «Es geht ums Prinzip. Um die Tradition. Allerdings musste er zu seinem Leidwesen feststellen, dass sich in dieser kleinen Welt, in der sich der Gutsherr früher als reinster Halbgott fühlen konnte, inzwischen andere einflussreiche Kräfte etabliert haben. Besonders die reichen, wortgewandten Zugezogenen, die fast alle begeistert waren von der Idee, eine Frau auf der Pfarrstelle zu haben. Es geht ums Image, wenn du verstehst, was ich meine.»
    «Ums Image?
Das
hat wirklich jemand gesagt?»
    «Alf haben sie natürlich auch toleriert. Dick und schlampig, wie der Alte eben war. Hatte immer ein bisschen Eigelb auf seiner

Weitere Kostenlose Bücher