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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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gedacht hatten. Und ein paar von den Gläubigern sind jetzt nicht mehr so wild darauf, das Geld einzutreiben. Vermutlich liegt es daran, dass sie sich mit mir getroffen haben. Ich hatte den Priesterkragen um. Das war so ungefähr, als würde man vor Dracula mit einem Zopf Knoblauch herumwedeln. Ich bin froh über dieses Treffen. Ich fühle mich jetzt nicht mehr so schlecht, nachdem ich festgestellt habe, was das für halbkriminelle Widerlinge sind. Warum sage ich eigentlich
halb

    «Ich sollte vielleicht lieber nichts dazu sagen. Aber ich glaube,er hat sich mit seiner Selbständigkeit ein bisschen überschätzt. Warum seid ihr denn nicht zu mir gekommen? Ich hätte ihm sicher ein paar Tipps geben können.»
    «Du kennst doch Sean. Kanntest. Weißt du, irgendwie bin ich an allem selbst schuld. Wenn ich mein Examen gemacht hätte, statt schwanger zu werden, wären wir ein sagenhaftes Gespann geworden, Superanwalt und Lois Lane. Du weißt schon, die Armen verteidigen, wahre Gerechtigkeit schaffen, einfach so, zack, zack. Aber so war’s eben nicht. Er musste es allein schaffen, war für ein Kind und alles andere verantwortlich, hatte keine Sicherheiten, und da ist er bei der Auswahl seiner Klienten eben ein bisschen leichtsinnig geworden. Man kann so leicht in etwas reinrutschen. Ich habe davon überhaupt nichts mitbekommen. War zu sehr damit beschäftigt, eine gute Mami zu sein.»
    «Du gibst dir selbst die Schuld daran, dass du von ihm schwanger geworden bist?» Ted verdrehte die Augen. «Du nimmst gern die Verantwortung für alles auf dich, was, Merrily? Das ist gefährlich als Pfarrerin.»
    «Pfarramtsvertreterin.»
    «Das ist nur eine Frage der Zeit. Alf Hayden   … er hat sich nie für irgendetwas verantwortlich gefühlt. Gottes Wille. Vorsehung. Das waren seine Lieblingsworte. Wir sind fast verrückt geworden dabei. Übrigens kann man doch einen Pfarrer nicht mehr loswerden, wenn er einmal eingestellt ist, oder? Wenn er den Job erst mal hat, dann hat er ihn.»
    «So läuft das nicht mehr. Mein Vertrag läuft über fünf Jahre.»
    «Das ist doch nur Bürokratie», sagte Ted. «Mach dir darüber mal keine Sorgen.»
    «Bitte, Onkel Ted. Versuch nicht, an irgendwelchen Strippen zu ziehen.»
    «Du fühlst dich doch wohl nicht manipuliert, oder?»
    «Nein, natürlich nicht. Na ja   … vielleicht. Ein bisschen.»
    Es war schon schlimm genug, überhaupt eine Pfarrerin in der Familie zu haben; aber fast durchgedreht war Merrilys Mutter in ihrer hübschen Cheltenhamer Vorstadt, als Merrily ihr Amt als Hilfsgeistliche mitten in Liverpool angetreten hatte, wo es, wie jeder wusste, nichts gab als Betonwüste, Drogen und häusliche Gewalt. Und dazu noch Jugendclubs und Auffangstellen für Huren und Stricher. Super, hatte Jane gedacht. Katharsis, fand Merrily.
    Und ihre Mutter streckte inzwischen die Fühler aus.
    Innerhalb eines Jahres hatte der gute alte Ted die Lösung parat. Der Pfarrer von Ledwardine ging in den Ruhestand. Das wunderschöne Ledwardine. Noch dazu lag es nur ungefähr eine Stunde Autofahrt von Cheltenham entfernt. Und Ted gehörte nicht nur zum Gemeinderat, sondern war auch der Rechtsanwalt des Bischofs gewesen. Beziehungen spielten selbstverständlich keinerlei Rolle; sie würde die Stelle nur bekommen, wenn man sie für geeignet hielte und die anderen Bewerber schwächer wären   … was bei weniger als fünfzehntausend Pfund Jahresgehalt ziemlich wahrscheinlich war.
    «Du hast schwere Zeiten hinter dir», sagte Ted. Er hatte nie gefragt, warum sie ihr Jurastudium für die Kirche aufgegeben hatte. Offenbar ging er davon aus, dass sie damit irgendwie auf die von Sean verursachte Katastrophe reagiert hatte. «Hast du denn das Gefühl, dass es das Richtige ist, hier zu leben?»
    «Ich denke schon. Aber glaub ja nicht, dass du es leicht haben wirst mit mir.»
    «Oho. Alf war immer viel zu gleichgültig, um sich auf einen ordentlichen Streit einzulassen. Woran denkst du denn da so?»
    «Also, erstens brauchen wir in dieser Kirche eine Toilette. Es muss keine Luxusausführung sein, aber viele Leute kommen nicht gerne an einen Ort, an dem sie ständig auf dem Sprung sein müssen. Besonders, wenn es an einem feuchtkalten Wintermorgen ist.»
    «Das sollte kein allzu großes Problem sein. Wenn du das Geld aufbringen kannst.»
    «Außerdem bin ich mehr für straffere Gottesdienste. Nein, straffer ist nicht das richtige Wort. Kürzer und   … intensiver. Weniger Lieder. Weniger
bedeutungslose
Rituale.

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