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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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speckigen Soutane. Nicht gerade ehrgeizig, und durch besondere Klugheit hat er sich auch nicht hervorgetan. In diesem Stadium ihrer Entwicklung braucht die Gemeinde jemand Fortschrittlicheren, jemanden, der mehr dem   … dem Zeitgeist entspricht.»
    «Sie möchten lieber eine Pfarrerin, weil das cool und angesagt ist? Du meine Güte.»
    «Und du bist ja nicht
irgendeine
Frau.» Ted wand sich ein bisschen. «Ich meine, als sie dich beim Wassailing gesehen haben und dann jemand eins und eins zusammengezählt hat   …»
    «Was?»
    «Oh, Merrily, muss ich es wirklich sagen? Du bist eben jung und würdest, wie es jemand ausgedrückt hat, in Schwarz   … ziemlich gut rauskommen.»
    «Oh, nein. Oh, zum Teufel. Wer hat das gesagt?»
    «Das wirst du von mir nicht erfahren. Ich hätte gar nicht davon anfangen sollen.»
    «Verflixt nochmal, Ted.»
     
    Als Merrily aufwachte, wurde es gerade hell. Über den Fachwerkgiebeln war ein bewaldeter Hügel zu sehen.
    Ihre Laune stieg mit der aufgehenden Sonne. Was ihr am Vorabend unerhört erschienen war, fand sie nun lustig.
Gut rauskommen
. Wer hatte das wohl gesagt? Und wo? Hoffentlich nicht beim Bischof. Die Zeiten hatten sich wirklich geändert.
    Merrily lächelte. Sie fühlte sich so jung wie schon lange nicht mehr. Sie sah zu Jane hinüber, die noch tief und fest schlief. Na und? Wenn sie sich unbedingt eine Wohnung unterm Dach einrichten wollte, warum eigentlich nicht? Jane hatte in den vergangenen drei Jahren genug mitgemacht: zwei Schulwechsel, den Verlust des Vaters, und dazu musste sie noch mit einer Mutter klarkommen, die nächtelang über dem Zeug brütete, das sie bei ihrem Theologiestudium lernte.
    Und was Merrily anging – sie wäre diese irrationale, unterschwellige Angst los, die ihr das leerstehende oberste Stockwerk einflößte.
    Sie ging ans Fenster. Auch an den Innenwänden war das Fachwerk mit seinen weißen Feldern und schwarzen Eichenbalken zu sehen. Jane, die gerade ihre künstlerische Phase hatte, fand, dass die weißen Felder geradezu nach einer interessanten Gestaltung mit Acrylfarben schrien. Oje.
    Merrily sah auf den kleinen Dorfplatz mit dem gedrungenen, von Eichenbalken getragenen Unterstand hinunter, den sie hier als Marktkreuz bezeichneten. Um den Platz schmiegten sich die schwarzweißen Häuser, und aus jedem schiefen Balken schien der Stolz auf dieses malerische Ensemble zu sprechen.
    Das Dorf trug seine Vergangenheit, als wäre sie poliertes Zaumzeug, das zur Dekoration über einer Kaminecke hängt. Bestimmt durch seine Vergangenheit, geformt von den Invasoren. Die Normannenkirche mit sächsischen Ursprüngen am Ende einer Römerstraße. Die enge Kopfsteinpflastergasse, deren Rinnstein früher mit Schweineblut und Urin überschwemmt war und die sich nun in einen Arkadengang mit Schmuckläden verwandelt hatte, die man bald mit duftenden Blumenampeln schmücken würde.
    Die neuen Invasoren, die Cassidys dieser Welt, wollten nicht plündern, entweihen oder verändern – sie wollten nur konservieren, konservieren und nochmal konservieren. Und in pittoresker Atmosphäre schwelgen. Konservieren und schwelgen.
    Merrily sah auf die dämmrige Straße hinunter. Der Frauenschwarm und Fitness-Freak Dr.   Kent Asprey joggte gerade an der Spitze einer schwitzenden Hausfrauentruppe an der neuen Touristeninformation vorbei. Gomer Parry, der Baggerfahrer im Ruhestand, betrachtete das Schauspiel von der Bordsteinkante aus mit tief in die Hosentaschen versenkten Fäusten und einer Kippe im Mundwinkel. Dann kickte er einen Stein auf die Straße. Offenkundig langweilte er sich. Was konnte man in diesem Dorf schon machen, außer herumstehen und gaffen?
    Etwas Besseres kann dir nicht passieren, hatte ihre Mutter gesagt. Nach allem, was du durchgemacht hast, brauchst du einen ruhigen Ort, ohne Drogensüchtige oder Obdachlose, bei deren Anblick du gleich wieder Schuldgefühle bekommst. Einen Ort, an dem du dich zurückziehen und Bilanz ziehen kannst.
    Merrily kniete sich zum Beten ans Fenster.
Ich
brauche keine Obdachlosen, um Schuldgefühle zu haben, dachte sie.
    Der Traumdeutung zufolge bedeutete ein unbekanntes Obergeschoss, dass auf einer höheren Bewusstseinsebene ein ganzer Bereich des eigenen Selbst unerforscht geblieben war.
    «Lieber Gott», flüsterte Merrily, die gefalteten Hände in Richtung der aufgehenden Sonne erhoben.
    «Oh, Mist», murmelte ihre Tochter verschlafen und schlechtgelaunt. «Musst du das
hier
machen?»

2 ‹Black-eyed Dog›
    Lol

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