Frucht der Sünde
sind gestern Nacht runtergerissen worden, aber das kriegen wir wieder hin.»
«Gut», sagte Child. «Ich bin übrigens zur Strafe für meine Sünden zum Ersatzmann für die Koordination des Festivals bestimmt worden. Der arme Terrence ist zurzeit nicht in der Verfassung, um hier gute Stimmung zu verbreiten, wie man sich denken kann.»
«Is klar», sagte Gomer. «Hab mich schon gefragt, ob sie es absagen wegen dieser Sache.»
«Wir haben darüber nachgedacht, aber wir haben alle eine Menge Arbeit in dieses Festival gesteckt, und es soll ja den ganzen Sommer über dauern, da wäre es vermutlich kein guter Auftakt, wenn man die Eröffnung verschieben würde. Abgesehen davon ist sie schließlich nicht tot. Sie liegt jetzt garantiert gemütlich bei einem Kerl in Hereford im Bett und träumt von dem ganzen Schweinkram, den sie mit ihm gemacht hat.»
«Vielleicht», sagte Gomer, dem Childs genüssliche Miene auf die Nerven ging. «Vielleicht aber auch nich. ’tschuldigen Sie mich ’nen Moment.»
Lloyd Powell hatte ihm mit einem nach unten gerichteten Daumen das Zeichen gegeben, die Baggerschaufel herunterzulassen. Das musste er ganz ruhig machen; einmal gezuckt, und der Jungewürde durchs Fenster in die Bar fliegen, und es war jetzt schon ziemlich lange her, seit das letzte Mal jemand durch diese Scheibe geflogen war. Harry Morgan, der Futtermittelhändler, war vermutlich der Letzte gewesen. James’ alter Herr, John Bull-Davies, hatte ihn mit einem ordentlichen Fausthieb durch die Scheibe geschickt, weil Harry rumerzählt hatte, dass die Bulls nie ihre Rechnungen bezahlen würden.
Harte Typen, die Bulls, das warn sie immer gewesen, und jetzt ließ sich James von diesem Flittchen auf dem Platz vorführen wie ’n Preisochse mit ’nem Ring durch die Nase. Tja, was Sex so alles anrichten konnte. Schlimm.
«Ich muss dann mal, Gomer.» Dermot Child ging eilig Richtung Touristeninformation. Lloyd kletterte aus der Baggerschaufel, und Gomer lehnte sich aus dem Fenster der Führerkabine.
«Das war’s, was? Danke, mein Junge.»
«Was wollte Child denn?»
«Oh, der ist jetzt ganz wichtig, unser Mr. Dermot Child. Trägt die Verantwortung. Müssen alles machen, was er sagt.»
«Das fehlt noch», sagte Lloyd. «Hat mich schon überredet, bei seinem
Auld-Cider-
Chor mitzumachen. Außerdem müssen wir noch diese Barbershop-Lieder bei der Eröffnung singen. Dann kommt die Cider-Verkostung.»
«Für Leute, die überhaupt nich wissen, wie Cider schmeckt …»
«So in der Art», sagte Lloyd. «Das Zeug ist trotzdem ziemlich gut.»
«Der Engelswein?»
«Stark ist er. Und trocken. Rollt einem die Fußnägel auf.»
«Hat dein Dad alles selber gemacht?»
«Nach dem alten Rezept, Gomer.» Lloyd tippte sich an die Nase. «Cassidy wollte noch ’ne große Show draus machen, mit Zuschauern und einem Zugpferd, um die alte Obstmühle zu drehen. Quatsch, hat Dad gesagt, für so was soll Cassidy ins Museum gehen.Also haben wir alles allein gemacht. Wenn’s gut läuft, machen wir nächstes Jahr wieder welchen. Scheint ’ne gute Ernte zu werden; wie es aussieht, müssen wir auch keine Äpfel dazukaufen.»
«Ja», sagte Gomer. Der Junge hatte recht. Er hatte den Apfelgarten der Powells noch nie im Leben so blühen sehen. Die Bauern im
Ox
spekulierten schon darüber, ob die Spritzer von Edgars Hirnmasse die alten Krüppelbäume neu befruchtet hatten.
«Sieht so aus, als wärn wir fertig.» Lloyd sah zu den Laternen und den Girlanden hoch. «Können ihn also nach Hause fahren», er grinste, «wenn Minnie Sie damit durchs Tor lässt.»
Gomer brummte etwas Unverständliches. Der Junge hatte ja so recht. Minnie wollte jetzt unbedingt einen richtigen Garten haben, mit Rasen, Steinbrocken, die einem blödsinnig im Weg lagen, und einem verflixten Brunnen – garantiert fiel ihr irgendwann ein, dass sie auch noch so einen Pissengel haben musste. Und dafür brauchte sie Platz, logisch, oder? Und was verstellte ihr unnötig den Platz? Eine gewisse Sammlung museumsreifer Landwirtschaftsgeräte. So langsam wurde die Lage bei Gomer zu Hause etwas angespannt.
Vorsichtig lenkte er Gwynneth an den Rand des Marktplatzes. Er liebte diesen alten Bagger. Gwynneth reagierte auf die kleinste Berührung des Schalthebels. Man konnte ihr mit geschlossenen Augen vertrauen. Wie einem guten Hirtenhund.
Als er Richtung Church Street fuhr, sah Gomer zwei Personen auftauchen. Die erste war Lucy Devenish mit ihrem komischen Wollumhang, die entschlossen
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