Frucht der Sünde
Gemeindemitglieder bei einem Autounfall verletzt wurde, möchte ich gern wissen, wer es ist.»
Annie Howe wandte sich zum Gehen. Fast über die Schulter erklärte sie, um wen es sich nach ihren Erkenntnissen handelte und dass die Frau tot war.
Merrily glaubte, Lol würde vollkommen zusammenbrechen. Nachdem er sich folgsam an den Küchentisch gesetzt hatte, starrte er nur wortlos an die Wand und rührte sich nicht. Jane stand verweint mitten im Raum und zerrte an ihren Haaren.
«Lass das, Schatz. Bitte.»
«Der Apfel!», schluchzte Jane. «Der Apfel war Lucy. Warum habe ich daran nicht gedacht?»
«Setz dich, Jane. Das ist …»
«Diese Kuh wollte nichts davon hören.» Janes Augen brannten. «Es hieß nur: ‹Machen Sie mal ein bisschen Tempo, Mumford, wir wollen die Straße schließlich nicht den ganzen Nachmittag sperren.› Und ich habe gesagt: ‹Wissen Sie denn nicht, wer das ist? Wissen Sie nicht,
wer
das ist?›»
«Für sie war es nur ein Unfall, Jane. Außerdem ist sie von der Kripo. Verkehrsunfälle interessieren sie nicht.»
«Sie wollten mich nicht bei Lucy lassen. Ich wollte doch bei ihr bleiben. Ich wollte, dass jemand, den sie kennt, bei ihr ist, wenn sie wieder aufwacht.»
«Aber sie wird nicht wieder aufwachen», sagte Merrily sanft. «Sieh mal … es war einfach einer dieser unwahrscheinlichen Zufälle. Offenbar ist ein Schaf auf die Straße gelaufen, und sie hat es angefahren, und als sie von ihrem Moped gefallen ist, hat sie sich den Kopf angestoßen. Sie muss sofort tot gewesen sein. Sie hat bestimmt überhaupt nichts davon mitbekommen.»
«Sie war der Apfel», sagte Jane niedergeschlagen. «Er war alt und runzlig. Ich habe ihr sogar von dem Apfel erzählt. Ich habe mit ihr darüber gesprochen. Ich habe mit ihr über ihren eigenen Tod gesprochen.»
Sie begann wieder, an ihren Haaren zu zerren.
Merrily ging zu ihr und zog behutsam ihre Hände herunter. Sie standen dicht voreinander, Merrily hatte Janes Hände umfasst.
«Das ist jetzt nicht der richtige Moment», sagte Merrily, «für diesen abergläubischen Mist.»
Kaum hatte sie es ausgesprochen, als Janes Miene erstarrte. Merrily wurde klar, dass sie kaum etwas Falscheres hätte sagen können.
34 Demarkationslinie
Merrily kniete mit einer Kehrschaufel über den Scherben der Tassen, die Jane vom Abtropfständer gefegt hatte.
Dass Lucy tot war, tat ihr sehr leid. Merrily hatte ihre Unabhängigkeit, ihre freimütige Art und ihre Exzentrik wirklich gemocht. Aber – sie hörte Jane die Treppe hinaufstürmen – die alte Dame hatte ihre Tochter dazu gebracht zu glauben, sie lebe in einem Märchen.
Das Telefon begann zu klingeln, und Lol nahm ihr die Kehrschaufel ab. Ted Clowes Anwaltsstimme klang aus dem Hörer. Die Ich-versuche-wirklich-dir-zu-helfen-aber-du-machst-es-mir-nicht-gerade-leicht-Stimme. Eine weitere Kluft schien sich in Merrilys Dasein aufzutun.
«Du hast gesagt, dass es dir gutgeht, aber davon bist du noch weit entfernt. Ich rate dir sehr, Merrily, meinen ursprünglichen Plan anzunehmen und dich bei dem Gottesdienst morgen von Norman Gemmell vertreten zu lassen.»
«Ted. Nein. Warte. Wenn du die Eröffnung eben meinst – die Polizei hat Jane zurückgebracht. Sie war an der Unfallstelle … von Miss Devenish. Sie war außer sich. Wenn du gesehen hättest, wie deine Tochter tränenüberströmt aus einem Polizeiauto steigt …»
«Dieser Vorfall ist sehr bedauerlich.» Jetzt war die Stimme für Testamentsverlesungen dran. «Aber alle haben gesagt, dass es eines Tages so kommen würde, so wie sie immer mitten auf der Straße gefahren ist, obwohl sie eigentlich zu alt dafür war. Außerdem wollte sie nie einen Helm tragen, und die Polizei hat es ihr ständig durchgehen lassen. Dieser Unfall …»
«… musste kommen. Klar.»
Sie erinnerte sich daran, dass Ted ihr einmal erzählt hatte, dasser schon mehr als einmal auf die Bremse gestiegen war, weil er das berüchtigte Moped auf dem Seitenstreifen entdeckt hatte, nur um Miss Devenish auf der Weide nebenan liegend vorzufinden, wo sie glücklich lächelnd die Wolken am Himmel betrachtete.
«Und außerdem war Jane viel zu oft bei ihr. Ich habe dir doch zur Vorsicht geraten. Bleib auf Distanz, habe ich gesagt.»
«Ja. Danke sehr, Ted.» Sie hätte ihm am liebsten den Telefonhörer um die Ohren geschlagen. «Hat sie denn Verwandte in der Gemeinde?»
«Nicht dass ich wüsste. McCready ist ihr Anwalt. Er wird sich um alles kümmern.»
«Nein, ich
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