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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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gehen. Jetzt. Im Frühling, wo das Dorf mit seinen alten schwarzweißen Cottages und Wirtshäusern, seiner Kirche und seinem schmalen, braunen Flüsschen wieder unter den wärmenden Strahlen der Sonne lag.
    In einem ähnlichen Städtchen, kaum zwei Autostunden von Ledwardine entfernt, hatte Nick Drake einmal nachts die Haustür geöffnet. Da hatte er draußen gestanden, der Hund mit den schwarzen Augen.
    Und jetzt wartete Nick dort draußen im Apfelgarten auf Lol.

3   Heimatkunde
    Eigentlich, dachte Jane, war es ziemlich schick, über dem Pub zu wohnen.
    Auch wenn es bedeutete, dass sie sich ein Schlafzimmer teilen mussten – sie an einem Ende über ihre Hausaufgaben gebeugt, Mom am anderen an einer Predigt feilend. Auch wenn es bedeutete, dass sie früh aufstehen musste, um im Badezimmer zu verschwinden, damit sie Mom nicht bei ihrem   …
Morgengebet
zusehen musste.
    Es war zu peinlich. Sie hatte wirklich versucht, es anders zu sehen, wirklich. Aber wenn sich eine erwachsene Frau, die noch dazu nicht mal schlecht aussah für ihr Alter, vors Fenster kniete, um einem unsichtbaren Kerl irgendwo da oben im Himmel blödsinniges Zeug zuzuflüstern   … also ehrlich.
    Ein Psychologe oder ein Erziehungsberater hätte gesagt, dass Jane in Wirklichkeit auf Gott
eifersüchtig
war. Da haben wir das Einzelkind einer alleinerziehenden Mutter, na gut, eine Halbwaise, und dann fängt ihre verwitwete Mutter etwas mit einem anderen Typen an, und dieses Mal ist es etwas richtig Ernstes, dieses Mal ist der Typ wirklich der Größte, der einzig Wahre.
    Das hätte ein Psychologe gesagt. Und es war mehr oder weniger dasselbe, was der Erziehungsberater gesagt
hatte
. Diesen Berater hatte ihr Moms blöde theologische Fakultät aufgedrückt, nachdem sie weggelaufen war, wie sie es nannten.
    In Wahrheit hatte sie sich nur mal eine Nacht freigenommen, aber das hatten sie natürlich nicht verstanden.
    Auch egal, jedenfalls hatte sie sich in ihrer freien Nacht ziemlich sensationell aufgemacht, war in einen Pub gegangen und von einem Computerhändler aus Edgebaston angequatscht worden.Ungefähr zwei Sekunden später war sie von einem dieser weichlichen Azubi-Pfarrer entdeckt worden, die allesamt für Mom schwärmten, und er hatte die sündige Tochter mit allergrößter Freude verpetzt.
     
    «Also, was überlegst du gerade, mein Schatz?»
    Mom stellte zwei Diät-Colas auf den Tisch. Es war der Tisch neben dem Durchgang zu den Toiletten, der immer als letzter besetzt wurde – es sei denn, natürlich, die gute alte, bescheidene Mom suchte sich einen Platz.
    «Oh», sagte Jane. «Na ja. Ich meine, eigentlich nichts im Besonderen.»
    «Im Besonderen.» Mom nickte feierlich.
    «Ich habe nur gerade gedacht, ob ich die blöde Schule noch zwei Jahre ertragen kann, ohne mit Drogen und Selbstverstümmelung anzufangen.»
    Die dritte Schule in drei Jahren. Allerdings war es offen gesagt ab dem zweiten Schulwechsel einfacher. Die anderen interessierten sich immer mehr für einen selbst als umgekehrt, alle wollten mit der Neuen rumhängen, und die Lehrer entschieden monatelang im Zweifel für die Angeklagte, bevor sie einen zum Staatsfeind Nummer eins erklärten.
    «Mmh», sagte Mom. «Geht es um diese spezielle Schule oder um jede Schule, die so dringend Schüler braucht, dass sie sogar dich aufnimmt?»
    Jane verzog das Gesicht. «Ich denke nur manchmal, dass ich zu alt dafür bin.»
    «Zu alt für die Schule?»
    «Jedenfalls älter als alle anderen in meinem Alter.
Musst
du dieses Ding hier drin unbedingt tragen?»
    Es war Samstagmittag. Kurz nach Ostern war der Pub voller Touristen. Dabei gesehen zu werden, wie man mit seiner Mutterzu Mittag aß, war eine Sache, mit einer Pfarrerin am Tisch zu sitzen, etwas ganz anderes.
    «Ja, ich finde, das muss ich.» Mom strich über ihren lächerlichen weißen Priesterkragen, und Jane hatte das grässliche Gefühl, dass ihre Mutter dabei Stolz empfand.
    Sie senkte die Augen. Mist, da würde ja ein
echtes
Hundehalsband noch besser aussehen, eins von denen mit farbigen, geschliffenen Glassteinen oder Messingstacheln. Anscheinend hatte Moms Generation ja solche Dinger in der Punk-Zeit viel getragen. Dad hatte einmal erzählt, Mom sei als Teenager eine Art Punk gewesen. Nicht das volle Programm mit Sicherheitsnadeln in der Nase, aber doch kurzgeschorenes Haar und schwarzer Lippenstift. Dad hatte sich angehört, als hätte ihn das ziemlich angemacht. Abartig, ehrlich. Und die Musik war auch grässlich.
    «Nicht

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