Frucht der Sünde
paar Klischees und ein bisschen Kaffee und Kuchen in der Gemeindehalle abtun.
Dabei bekam sie nicht mal Überstunden bezahlt. Und sie wirkte langsam sehr erschöpft.
«Ah, Merrily. Auf ein Wort?»
Jane sah von ihrem Teller auf. Ach, dachte sie. Der Blödmann schon wieder.
«Sicher», sagte Mom. «Nehmen Sie doch Platz.»
«Danke.»
Mr. Cassidy von
Cassidy’s Country Kitchen
parkte seinen mageren Hintern in den makellosen Stonewashed-Jeans auf einer Stuhlkante. In der Hand hielt er ein Glas Weißwein. Milde sah er auf Jane hinab.
«Wie geht es dir, Jane?»
«Geht so.»
«Du solltest wirklich einmal unsere Colette kennenlernen.»
Seine kesse Tochter, die in die Cathedral School in Hereford ging. Abends hing sie mit Vorliebe in aufreizenden Klamotten auf dem Marktplatz herum. Süße sexy (fast) sechzehn. Jane hielt lieber Abstand.
«Gute Idee», sagte sie.
«Möchten Sie ein Problem besprechen, Terrence?», fragte Mom aufmunternd.
Mrs. Allzeitbereit. Warum sagte sie ihm nicht, dass er sich verziehen sollte, solange sie noch beim Essen war?
«Nein, nein …», gab Cassidy leichthin zurück. «Es ist nur … Haben Sie heute Abend schon etwas vor?»
Hatte sie je etwas vor?
«Es kommt darauf an, um wie viel Uhr, Terrence.»
«Mom hasst es nämlich,
Homicide
zu verpassen, das ist ihre liebste Krimiserie.»
Die Pfarrerin sah ihre Tochter stirnrunzelnd an. Mr. Cassidy rang sich ein dünnes Lächeln ab. Alles an ihm war dünn, und mehr musste man über sein grässliches Restaurant nicht wissen.
«Es wäre so um acht Uhr», sagte er. «Es geht um ein überraschend angesetztes Treffen des Festival-Komitees.»
«Sitze
ich
im Festival-Komitee?», fragte Mom erstaunt.
«Na ja, Alf Hayden war nicht drin. Aber wir dachten, es wäre gut, wenn Sie mitreden würden. Besonders, weil wir die Kirche dieses Jahr nicht nur für Konzerte nutzen möchten. Genau gesagt: auch für ein Theaterstück.»
«Oh, ich bin sicher, dass in der Kirche im Laufe der Zeiten schon viele Dramen aufgeführt wurden.»
«Sicher. Da haben Sie recht. Es geht darum, dass … Sehen Sie, Richard ist für dieses Wochenende aus London gekommen … Richard Coffey.»
«Mit seinem Freund?»
«Sei ruhig, Jane», sagte Mom.
«Wie Sie vielleicht schon wissen», fuhr Cassidy fort, «hat sich Richard bereit erklärt, ein kurzes Stück exklusiv für das Festival zu schreiben, in dem er einen weniger bekannten Aspekt unserer Lokalgeschichte thematisieren will.»
«Oh», sagte Mom, «das ist ja sehr prestigeträchtig.»
«Zuerst hatten wir an ein
sozial
relevantes Thema gedacht. Zum Beispiel hätten wir zeigen können, wie der Cider-Handel im achtzehnten Jahrhundert fast vollständig zusammenbrach, als französische Weine in Mode kamen.»
«Ja, da könnten Sie auch den Europaabgeordneten einladen …»
«Jane!»
Jane unterdrückte ein Grinsen.
«Dann aber», sagte Cassidy, «hat Richard die Geschichte von Wil Williams entdeckt und war sofort fasziniert davon. Und auch sie hat ihren sozialen Aspekt, könnte man sagen.»
«Mmmh», sagte Mom.
«Natürlich ist das Dorf heutzutage nicht besonders stolz auf das, was damals passiert ist.»
«Nein», sagte Mom. «Natürlich.»
«Auch wenn ich glaube, dass die Geschichte bei den Touristen auf Interesse stoßen würde, allerdings eher von der sensationslüsternen Art. Der Fall ist nicht besonders gut dokumentiert, wie Sie wissen – vermutlich war es eine Art Scheinprozess. Das verschafft Richard jedoch viel Raum für künstlerische Freiheiten.»
«Richtig.» Mom nickte.
«Er hat sogar davon gesprochen, ein paar professionelle Schauspieler mitzubringen, was natürlich wundervoll wäre, besonders, wenn das Stück später in London gespielt wird. Eine großartige Vorstellung, nicht wahr? Premiere in der Kirche von Ledwardine, und von dort aus erobert das Stück die Hauptstadt.»
Mom nickte erneut. Ihr Blick war etwas argwöhnisch geworden.
«Ich müsste zuerst mit dem Bischof darüber sprechen.»
«Selbstverständlich.»
«Und, hrm, Richard will seine Pläne also bei dem Treffen heute Abend vorstellen?»
«Das hoffen wir.»
«Acht Uhr, haben Sie gesagt?»
«Im Gemeindesaal. Üblicherweise treffen wir uns in meinem Restaurant, aber samstags sind zu viele Gäste da. Werden Sie kommen?»
«Also … ja.»
«Haben Sie Richard schon kennengelernt?»
«Wir haben ihn in der Bar gesehen», sagte Jane. «Mit seinem F …»
«Ich freue mich schon auf das Treffen,
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