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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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offen zu zeigen, wer man ist, war noch nie eine gute Idee», sagte Mom. «Ganz besonders nicht in der Gemeinde. Das führt später nur zu peinlichen Situationen.»
    Vermutlich dachte sie an diesen Typen, der sie in genau dieser Bar hatte abschleppen wollen und der sich später als Englischlehrer in Janes neuer Schule entpuppt hatte. Den Schleimbeutel hatte sie vielleicht nächstes Jahr im Leistungskurs. Diese schöne Episode – er war übrigens mit der Sportlehrerin verheiratet – würde Jane bedenkenlos gegen ihn verwenden, falls der schmierige Kerl mal versuchen sollte, ihr in der Schule Ärger zu machen.
    Es war auch in Ordnung, über dem Pub zu wohnen, weil man viel über die Leute lernte. Sie hatte zum Beispiel schon diesen Drehbuchautor und Theaterautor Richard Coffey gesehen, der mit seinem viel jüngeren Schauspielerfreund zusammenlebte. Er hieß Stefan Alder und sah wirklich zum Anbeißen aus. Wenn er nicht schwul wäre, natürlich. Aber vielleicht hatte er ja auch einfach noch nicht die richtige Frau gefunden.
    Ja, Jane gefiel es im
Black Swan
. Aus dem Schulbus aussteigen und direkt in die Bar gehen, super. Andererseits war die Frage mit der Wohnung noch nicht geklärt. Das durfte sie nicht aus den Augen verlieren.
    «Und wie lange dauert die Ent-Alfung des Pfarrhauses noch?»
    «Das wollte ich dir gerade erzählen.»
    Die Kellnerin brachte die Käsesandwiches mit Salat. Mach’s nicht, flehte Jane innerlich. Bitte sag jetzt hier kein Tischgebet auf   …
    Mom spießte ein Stück Sellerie auf. (Gott sei Dank.) «Gestern sind sie mit den elektrischen Leitungen ganz und mit der Küche fast fertig geworden. Außerdem haben sie diesen riesigen Elektroofen rausgeholt, der älter war als jede Sicherheitsvorschrift. Onkel Ted meint, Alf müsse wahrhaft unter göttlichem Schutz gestanden haben, sonst wäre er garantiert selbst frittiert worden. Jedenfalls können wir nächstes Wochenende einziehen. Gut?»
    «Ja. Klingt nicht schlecht.»
    Dann hätte sie die ganzen Sommerferien, um apartmentmäßig alles fertig zu bekommen. Für das größte Zimmer stellte sie sich eine Art Mondrian-Effekt vor – alle weißen Felder in verschiedenen Farben. Genial, oder?
    Es war natürlich Onkel Ted gewesen, der die Diözese überredet hatte, das Geld für ihren Aufenthalt im
Black Swan
hinzublättern, und der – schließlich war noch Vorsaison – den Preis bei dem Besitzer Roland heruntergehandelt hatte. Die Woolhope-Suite bestand aus einem Schlafzimmer, einem Badezimmer und einem kleinen Wohnzimmer mit einem winzigen Fernseher.
    Onkel Ted war verwitwet und schien ein Verhältnis mit einer ebenfalls verwitweten Dame in der Church Street zu haben. In Ledwardine ging es offenbar ziemlich liberal zu. Vielleicht war das auf dem Land ja schon immer so gewesen.
    Zu Janes Entsetzen war ein Reporter vom Lokalblatt gekommenund hatte Mom und sie vor dem Pub fotografiert. Mom hatte darauf bestanden, ihre Pfaffenklamotten anzuziehen. Das Bild zeigte sie mit einem idiotischen Grinsen auf den Stufen des Pubs sitzend.
Bed-and-Breakfast-Pfarrerin hält die Stellung
, stand darunter. Würg!
    Mom hatte nur gegen das Wort Pfarrerin etwas einzuwenden. Pfarramtsvertreterin war die korrekte Bezeichnung. Sie hatte nur einen Zeitvertrag, bis die Kirche diese riesige Neuorganisation umsetzen würde, die Mom womöglich vier zusätzliche Gemeinden bescheren würde, sodass sie am Ende eine Art Gottesdienst-Hopping würde betreiben müssen. Dann erst würde sie ihren offiziellen Titel bekommen. In der Zwischenzeit hatte sie nur eine Gemeinde zu betreuen, also das reinste Kinderspiel. Allerdings nicht, wenn man Mom war, die sich offenkundig dazu entschlossen hatte, sich in einen geistlichen Fußabtreter zu verwandeln: Ständig kamen Leute in den Pub, um sie etwas zu fragen, sie wurde zu Eilsitzungen des Gemeinderats gerufen, sollte Artikel für das Gemeindeblatt schreiben (Liebe
Freunde   … würg
!) und nach Hereford fahren, um kranke Gemeindemitglieder in der Klinik zu besuchen.
    Außerdem drei Beerdigungen innerhalb von zwei Wochen: megadeprimierend!
    Vielleicht könnte man sich daran gewöhnen, sodass es irgendwann war, als würde man Blumenzwiebeln in die Erde stecken. Es sei denn, man hieß Mom. Dann nämlich fühlte man sich verpflichtet, fast den ganzen Tag und auch noch die halbe Nacht Verwandte und Bekannte danach auszufragen, was für ein Mensch der zu Bestattende gewesen war.
Es ist ein Leben, Jane. Du kannst ein Leben nicht einfach mit ein

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