Frucht der Sünde
dass
Stefan
heute Abend dabei ist?»
«Keine Ahnung.»
«Darf ich mitkommen?»
«Auf keinen Fall. Gott behüte. Und in der Bar wirst du auch nicht rumsitzen. Du kannst hier oben bleiben und fernsehen.»
«Mom, es ist Samstagabend!»
«Sieh mal, Schatz, in einer Woche oder so wohnen wir in unserem eigenen Haus. Dann können wir anfangen, deine ganzen Sachen von Cheltenham herbringen zu lassen.»
«Ja.» Sie hatte schon lange genug unter kulturellen Entzugserscheinungen gelitten, ganz besonders, was die Musik anging. Es war Wochen her, seit sie das letzte Mal mit geschlossenen Augenauf einem Bett gelegen hatte, während Radiohead durchs Zimmer dröhnte.
«Dann wirst du dich bestimmt nicht mehr langweilen», sagte Mom. «Wir lassen uns richtig nieder, zum ersten Mal seit Jahren.»
«Glaubst du das wirklich?»
«Ehrlich gesagt, weiß ich es auch nicht so genau. Ich weiß nicht, wie alles wird.» Mom seufzte. «Ach, zum Teufel», sagte sie müde. «Ich schätze, ich könnte Onkel Ted fragen, aber ich habe ihn in letzter Zeit schon genug in Anspruch genommen. Also mach es. Geh und frag Miss Devenish, wer um alles in der Welt dieser Wil Williams ist.»
4 Geradeheraus
Es wurde wild an die Tür gehämmert,
pamm, pamm, pamm
, mit der flachen Hand, offenbar hatte es jemand aufgegeben, zu klingeln oder zu klopfen.
Lol öffnete die Augen. Er musste eingeschlafen sein. Das passierte ihm jetzt oft tagsüber, weil er abends am Küchentisch wegdämmerte, dann ins Bett taumelte und wachlag, bis es hell wurde. Doch heute war irgendetwas anders gewesen … oder?
Inzwischen rüttelte es an der Türklinke und sein Name wurde durch den Briefschlitz gerufen.
Oh Gott!
Die schwarze Katze rutschte von seinen Knien. Er rollte sich aus dem Sessel.
Alison. Sie ist hier.
Langsam. Nichts überstürzen. Du bekommst nur eine Chance. Cool bleiben.
Ja, mir geht’s gut. Ich wollte nur mit dir reden. Sag mir einfach die Wahrheit. Ich kann nämlich nicht glauben, dass zwischen uns nichts
weiter war als eine kurze Verliebtheit, und auch nicht, dass du diesen Kerl plötzlich für den Mann deiner Träume hältst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du bei seinem Anblick im Tweedanzug und Gummistiefeln gedacht hast: Auf diesen Mann habe ich mein Leben lang gewartet, einen altmodischen Gutsbesitzer in einem feuchten, zugigen Herrenhaus mit Kuhscheiße auf den Linoleumböden …
«Laurence! Bist du da? Laurence!»
Es war nicht Alison. Ganz und gar nicht. Er öffnete die Tür und hatte die kleine Gestalt unter einem riesigen Hut vor sich. Sie stemmte in ihrem Poncho erbost die Arme in die Seiten, sodass sie an eine Fledermaus erinnerte.
«Du jämmerliche Niete! Was soll das, verdammt?» Sie rauschte ins Wohnzimmer und zog die Vorhänge zurück. «Hast du eine Ahnung, wie viel Uhr es ist?»
Er warf einen Blick auf den Reisewecker, der auf dem Kaminsims stand. 14 : 15. Das konnte nicht stimmen, vielleicht war er stehengeblieben.
Meine Güte,
sechs Stunden
?
Verlegen sah Lol auf Lucys erhitztes, ärgerliches Gesicht hinunter. «Ich … bin eingeschlafen.»
Ihm fiel wieder ein, dass Samstagnachmittag war. Er hatte versprochen, auf ihren Laden aufzupassen.
Die LP von Nick Drake drehte sich immer noch auf dem Plattenteller, die Nadel kratzte über das Vinyl. Die Platte war vermutlich ruiniert. Wie alles in seinem Leben.
«Ich weiß auch nicht, wie das passiert ist, Lucy. Es war einfach … ich bin heute Morgen aufgestanden … und dann im Sessel eingeschlafen …»
«Du lügst.» Sie kam auf ihn zu wie eine kleine Polizistin. «Los, gib sie her.»
«Was?»
«Die Pillen.» Sie streckte ihm ihre rosige Handfläche entgegen.«Versuch nicht, mich zu verscheißern, Laurence, dazu bin ich wirklich nicht in der Stimmung.
Die Pillen.
Ich will wissen, was für welche es sind.»
«Ich habe keine Pillen.» Er streckte die Hände aus. «Ehrlich.»
«Leute mit deiner Vergangenheit», sagte Lucy, «haben
immer
Pillen.»
«Oh Gott.» Er konnte es ihr einfach nicht erklären. «Muss eigentlich immer alles schiefgehen?»
«Was meinst du damit?» Sie schien ihn mit ihrem Blick an der Wand festzunageln. «Die Milch von zwei Tagen vor der Tür? Sämtliche Vorhänge zugezogen? Ich frage dich zum letzten Mal … Wie viele hast du genommen?»
«Lucy», sagte Lol. «Glauben Sie wirklich, ich würde ein kleines Kätzchen hier verhungern lassen?»
Sie sah ihn drohend an. «Antworte auf meine Frage, verdammt, oder ich verpasse
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