Frucht der Sünde
Williams gewesen war, stünde zum Greifen nah neben ihr. «Er hat sie erwürgt.»
«Robert Powell hieß er. Er wollte Thomas Bull helfen und hat eine schreckliche Tat begangen.»
«Und noch schrecklicher wurde es», sagte Alison, «weil er sofort bemerkt haben muss, dass es eine Frau war, die er umbrachte.»
«Und er hat sie nicht nur erwürgt», sagte Merrily. «Er hat sie vorher noch vergewaltigt. Er hat die Pfarrerin vergewaltigt. Er hatte sich vorgenommen, einen Priester umzubringen und …»
«Machen Sie es nicht noch schlimmer!»
«Aber es ist schlimm, James. Und es ist immer schlimmer geworden. Denn damit hat es nicht aufgehört. Von diesem Moment an hatten die Powells etwas gegen die Bulls in der Hand. Und vielleicht konnten sie mit der Zeit immer stärkeren Druck ausüben, weil die Powells keine Gewissensbisse kannten. Sie taten Dinge, die weder richtig noch anständig oder ehrbar waren … Wer hat Patricia Young getötet?»
Bull-Davies wirbelte herum. «Das weiß ich nicht! Zum Teufel, ich weiß nicht das Geringste darüber. Ich weiß nicht einmal, ob diese Frau umgebracht wurde. Ich war damals noch ein Kind, außerdem war ich im Internat, kein Mensch hätte
mir
etwas darübererzählt. Ich weiß überhaupt nichts. Ich habe diesen ganzen Mist nur geerbt und versuche ihn so gut wie möglich unter dem Deckel zu halten.»
Merrily sah Alison an.
Alison nickte unmerklich, ihr Gesicht war angespannt vor Erwartung.
«Und wer, glauben Sie, hat sie umgebracht?», fragte Merrily.
«Sie geben wohl niemals auf, was? Wenn sie überhaupt umgebracht wurde, war es vermutlich der Vater ihres Kindes. Wer», James schluckte, «wer auch immer das gewesen ist. Mein Vater war es jedenfalls bestimmt nicht, der war nämlich die letzten zwanzig Jahre seines Lebens impotent, nach der ganzen Sauferei ein Leben lang. Das Einzige, was ihm noch Befriedigung verschaffte, war …»
James biss die Zähne zusammen.
«… zuzusehen.»
Alison keuchte auf.
«Und wem hat er zugesehen, James?», fragte Merrily schwach.
Er antwortete nicht. Und das war auch kaum nötig.
In demselben Moment wurde der Landrover in Scheinwerferlicht getaucht.
«Frau Pfarrer!»
«Gomer?»
Merrily erkannte voller Schrecken, dass er allein im Auto saß.
«Wo ist Jane?»
«Haben Sie sie nicht gesehen?»
«Oh Gott!»
Gomer beugte sich zur Beifahrertür und stieß sie von innen auf.
«Steigen Sie ein.»
54 Die blaue Nacht
Lol stolperte vom Apfelgarten auf die Straße. Rechts und links erstreckte sich das Asphaltband, gegenüber stieg hinter einem Zaun ein Feld an. Der rosa Mond ließ die frisch gepflügte Erde rötlich glänzen.
Kein Auto, kein Scheinwerfer, kein Gomer.
Lol war durcheinander und machte sich riesige Sorgen um Jane. Er wusste nicht, wie viel Zeit er damit verbracht hatte, mit der Taschenlampe durch den Apfelgarten zu gehen und nach ihr zu suchen.
Die Straße hatte keinen Randstreifen. Er musste sich an die Hecke drücken, wenn ein Auto vorbeikam. Er versuchte darum zu beten, dass Jane am Leben war und es ihr gutging, doch es gelang ihm nicht richtig. Entmutigt ließ er den Kopf hängen. Unheilvolle Omen und böse Vorahnungen schienen seine gesamte Spiritualität aufgesogen zu haben. Rosa Monde und Black-eyed Dogs.
Bitte, Jane.
Er blickte auf, und da sah er sie.
Sie stand mitten auf dem rosa Feld. Sie lächelte nicht und kam auch nicht auf ihn zu. Sie schien ihn nicht einmal zu bemerken. Sie stand einfach nur da, und der Wind spielte mit ihren dunklen Haaren.
Und dann war da auf einmal nur noch dieses Feld und an seinem Ende ein paar Gebäude, die der Mond in kaltes Licht tauchte, und Lol wusste, dass der Fluch, der schon auf Robert Johnson und Nick Drake gelegen hatte, nun auch ihn selbst erreichte.
Merrily kämpfte um Fassung. Sie hatte Gomer gefragt, ob er im Pfarrhaus nachgesehen hatte. War er auch ganz oben gewesen? Hatte er auch nach ihr gerufen?
Gomer versicherte ihr, dass Jane nicht im Pfarrhaus war, und erzählte von den beiden fehlenden Cider-Flaschen.
Merrily stieß einen tiefen Seufzer aus. «Ich weiß, dass Lucy eine Freundin von Ihnen war, Gomer. Aber ich wünschte bei Gott, Jane hätte sie niemals kennengelernt.»
«Lol sucht gerade im Apfelgarten nach ihr. Wenn sie dort is, dann findet er sie auch.»
«Wie geht es ihm?»
«Was meinen Sie damit?» Gomer beobachtete ein Auto, das auf der anderen Seite des Marktplatzes stand.
«Lol ist», sie verbiss sich das Wort ‹labil›, «manchmal
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