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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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des heruntergekommenen Kastens am oberen Ende der Auffahrt zu erkennen.
    «Ich schlage vor», sagte er, ohne auf Bull-Davies einzugehen, «dass ich Ihnen meine Idee vorstelle und Sie dann allein lasse, damit sie darüber diskutieren können. Wenn mein Plan bei Ihnen keinen Anklang findet, werde ich sicher in einem der anderen Dörfer   …»
    «Nein!», sagte Cassidy verzweifelt. «Ich meine, erzählen Sie uns, was sie vorhaben, Richard.»
     
    «Wil Williams.» Coffey setzte eine Halbbrille auf. Dieser Mann musste niemandem etwas beweisen und hatte keine Zeit für kleinkarierte Streitereien. «Ich gehe davon aus, dass Sie alle die groben Fakten kennen.»
    Merrily nickte. Danke, Jane.
    «Williams wurde hier in den späten 1660ern Pfarrer. Wir wissen nicht, wie alt er bei seiner Ankunft war. Schätzungsweise Ende zwanzig. Sein Freund, der Dichter Traherne, selbst Pfarrer einer Nachbargemeinde, beschreibt Williams in einem Brief an seinen Bruder Philip als blond, jugendlich und stets fröhlich.»
    «Traherne», sagte Bull-Davies verächtlich. «Der Bursche hat niemals über irgendwen ein schlechtes Wort gesagt. Schwebte die halbe Zeit in seinem Wolkenkuckucksheim. Hat geschrieben, als wäre er ständig auf Drogen gewesen.»
    «Darüber könnte man sicher lange diskutieren. Aber dies ist nicht die richtige Gelegenheit dafür. Ich glaube aber, niemand würde bestreiten, dass Williams diese Gegend sehr geliebt hat und glücklich war, hier ein Amt gefunden zu haben.»
    Bull-Davies zuckte ungeduldig mit den Schultern. Merrily schrieb
Traherne
und fühlte sich ziemlich unwissend dabei. Der Dichter war auf dem College flüchtig als wichtigster Vorläufer von Wordsworth und Blake und als einer der bedeutendsten Mystiker der christlichen Dichtung behandelt worden, doch viel mehr wusste sie nicht über ihn.
    «Soweit ich weiß», sagte Dermot Child, «hat Traherne mehr oder weniger dafür gesorgt, dass Williams die Pfarrei von Ledwardine übernehmen konnte. Dann ist er von der Bildfläche verschwunden.»
    «Es gibt keinen Beweis dafür, dass Traherne etwas mit der Berufung von Williams zu tun hatte», sagte Coffey. «Allerdings kannten sich die beiden sicher von früher, möglicherweise aus Oxford. Und Sie sagen ‹von der Bildfläche verschwunden›   … Offenkundig ist Trahernes Kontakt zu Williams abgerissen, als er 1669 aus der Gegend hier wegzog. Es sind keine Briefe überliefert, und es ist unwahrscheinlich, dass Traherne von der Kampagne gegen Williams wusste. Vielleicht hat ihn Williams absichtlich herausgehalten.»
    «Absichtlich herausgehalten? Er wurde der Hexerei verdächtigt!» Child beugte sich über den Tisch. «Sein Leben stand auf dem Spiel. Da brauchte er jede Unterstützung, die er bekommen konnte. Traherne hatte damals die besten Verbindungen – er war Kaplan bei   … wie heißt er nochmal?»
    «Sir Orlando Bridgeman, vormaliger Großsiegelbewahrer bei Charles dem Zweiten. Ja, Traherne hätte ihm vielleicht helfen können, die Anklage hätte verworfen werden können. Aber Williams hat Traherne nicht um Hilfe gebeten. Warum? Das ist doch die wesentliche Frage.»
    Merrily sagte zögernd: «Ich kann kaum glauben, dass ein Pfarrer der Hexerei angeklagt wurde, selbst in den damaligen Zeiten. Es war zwar eine Epoche, in der viele Ängste umgingen, aber   …»
    Coffey sah sie an und lächelte.
    Merrily sagte: «Sie glauben, er wurde zu Unrecht angeklagt, oder, Mr.   Coffey?»
    «Ganz genau.»
    «Und auf welcher Basis?», fragte Bull-Davies missmutig.
    «Also.» Coffey zog eine Fotokopie aus seiner Mappe. «Sehen wir uns dieses Dokument an. Im September 1670 wurde Williams bezichtigt, ‹mit Geistern zu verkehren›. Was sollen wir unter ‹Geister› verstehen?»
    Schweigen.
    «Die Geister der Toten?», schlug Child schließlich vor. «Oder böse Geister?»
    «Das glaube ich nicht», erwiderte Coffey. «Der einzige echte Hinweis, den wir haben, ist die Aussage eines gewissen Silas Monks, eines Gerbers   …»
    «Der einzige Beweis, der
die Zeiten überdauert hat
», sagte Bull-Davies. Sein Blick war kalt.
    «…   der uns erzählt, er habe, als er eines Abends vom Gasthaus zurückkehrte, Williams in dem Ostgarten neben der Kirche unter den Apfelbäumen tanzen sehen mit einer nicht näher bezeichneten Anzahl ‹nur verschwommen erkennbarer schlanker Personen   …, deren Gestalten blass im Mondlicht schimmerten›.»
    Er legte eine Pause ein, damit alle Anwesenden ihre eigenen Schlüsse aus dieser Aussage

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