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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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war es bestimmt, aber wenigstens war es nur Cider. Mit einer Serviette wischte sie sich den Mund und dann den Tisch ab. Der Tisch schien merkwürdig weit entfernt, und es kam ihr so vor, als würde er schwanken. Sie verfehlte die Ciderlache.
    Dann fiel ihr etwas Wichtigeres ein. «Hey, was hat dieser Typ heute Nachmittag zu dir gesagt?»
    «Welcher Typ?»
    «Der mit dem gelben Sportwagen.»
    «Ach der. Sah nicht schlecht aus, was? Aber ziemlich alt. Er hat nur gefragt, ob er noch mittagessen kann, und als ich gesagt habe, dass die Küche schon zu ist, hat er gefragt, ob ich da wäre, wenn er zum Abendessen wiederkommt. Wie die Typen halt reden. Was hast du bei Lol gemacht?»
    «Ach, nichts Besonderes. Hab mich in dem Laden umgesehen. Komischer Schuppen.»
    «Lol ist echt ein megatrauriger Fall. Lucy braucht überhaupt niemanden, der sich um den Laden kümmert. Sie macht das nur, damit er mal aus seinem Bau rauskommt. Außerdem gibt sie ihm Gedichte zu lesen.»
    «Was?»
    «So wie man’s mit den Verrückten macht. Man sperrt sie nicht mehr ein, sondern lässt sie auf die Straße. So wie früher die Dorfdeppen.»
    «Meinst du, er ist verrückt?»
    «Irgendwie schon. Hat einen Nervenzusammenbruch gehabt. War früher mal so was wie ein Popstar. Na ja, kein sehr großer   … ein kleiner, ein
winziger
Popstar.»
    «Popstar   …?»
    «Ja, so ungefähr. Hat in einer Band gespielt und Songs für andere Leute geschrieben.»
    «Was denn, zum Beispiel?»
    «Keine Ahnung. Das war in der Steinzeit. Interessiert mich nicht. Ich höre nur Musik, zu der man tanzen kann.»
    «Und warum hatte er den Nervenzusammenbruch?»
    «Woher soll
ich
das wissen? Seine Freundin hat ihn verlassen, aber ich weiß nicht, ob das vorher oder nachher oder womöglich der
Grund
dafür war, dass sie abgehauen ist. Sie haben sowieso nicht zusammengepasst. Erstens mal war sie größer als Lol. Und dann hat sie ihn für   … oh   … für
den da
verlassen.»
    Colette nickte in Richtung eines großen Mannes, der ein Tweed-Jackett mit Lederflicken an den Ellbogen und khakifarbene Hosen trug. Jane erkannte ihn sofort wieder. Es war,   … also es war   … Meine Güte, was war nur los mit ihr?
    «James», sagte Colette. «Der wandelnde Anachronismus. Hey,
Anachronismus
. Nicht schlecht nach sechs Gläsern, was?»
    «Sechs? Was?»
    «Bull-Davies. Der gehört eigentlich ins Museum. Waren früher die Gutsherren hier. Angeblich ist seiner vierzig Zentimeter lang   …»
    «Was?»
    «Vielleicht waren’s auch nur vierzehn. Scheiße. Er ist doch in diesem blöden Festival-Komitee, oder?»
    Jane blinzelte verwirrt.
    «Das heißt, sie sind fertig, Jane. Kapiert? Sitzung beendet. Hochwürden Mami läuft frei herum.»
    «Oh, wie spät isses denn?» Wo war die Uhr? Schienen im
Ox
keine zu haben. So lange war sie doch nicht hier gewesen, oder? «Oh Mist. Wir teilen uns ein Zimmer, ich kann mich nicht einfach so reinschleichen. Am besten gehen wir jetzt.»
    «Trink erst aus. Du hast schließlich dafür bezahlt.»
    Jane hatte zwar eigentlich keine Lust darauf, aber wenigstens war es nur Cider, und den konnte man schnell runterstürzen. Probleme hatte sie erst, als sie aufstehen wollte. Sie schaffte es nicht. Sie sank auf ihren Stuhl zurück und wollte sich nicht mehr bewegen. All die kleinen roten, grünen und orangefarbenen Lichter tanzten wie die Elfen in der Ledwardine Lore um sie herum.
    «Oh nein», sagte Colette. «Ich glaub’s nicht.»
    «Wassn?» Wie durch einen nebligen Schleier sah Jane, dass Dean Wall einem seiner Freunde drüben an der Bar einen bedeutungsvollen Rippenstoß versetzte.
    Colette grinste übers ganze Gesicht. «Du bist komplett
betrunken

    «Bin ich
nischt
! Man kann sich mit Schider nischt betrinken.»
    «Ich glaub’s einfach nicht. Los, Janey, wir machen einen unauffälligen Abgang. Halt dich an mir fest.»
    Jane kämpfte sich hoch, und Colette legte einen erstaunlich kraftvollen Arm um ihre Hüfte. Colette war wirklich eine gute Freundin. Man brauchte eine gute Freundin, wenn man irgendwo neu war.
    «Und sieh nicht zu Jimmy Bull rüber, Jane. Am besten siehst du überhaupt niemanden an. Und kotz bloß nicht auf mein Kleid!»
     
    Schweigen hing über dem Festival-Komitee. «Also», sagte Garrod Powell schließlich, «wenn er kein Hexer war, was war er dann?»
    Richard Coffey lehnte sich im Stuhl zurück. «Am besten denken Sie in Ruhe darüber nach. Ich möchte früh zu Bett gehen. Die Landluft macht einen nach ein paar Wochen in

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