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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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runden Messingknäufe in Silberkugeln. Sie griff nach dem nächsten Knauf, drehte ihn, stolperte mit geschlossenen Augen in das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. In Träumen konnte man so viel Lärm machen, wie man wollte.
Wenn ich aufwache, liege ich in meinem Bett.
    Kaltes Mondlicht floss durch einen leeren Raum, den sie nur wenige Male betreten hatte. Es war ein langes, schmales Zimmer mit schwärzlichen, unebenen Holzdielen und einem hohen Bleiglasfenster gegenüber der Tür.
    Eine Gestalt stand mit dem Rücken zu ihr am Fenster.
    «Jane? Was machst du denn hier unten?»
    Ein Vibrieren ging durch den Raum, lief wie eine Maus auf den Dielen entlang, vom Fenster bis zu ihr. Sie spürte es mit ihren bloßen Füßen, und dann lief das Vibrieren hinten an ihren Beinen hoch und unter ihrem Nachthemd an ihrer Wirbelsäule hinauf.
    Das war nicht Jane.
    Sie bewegte sich rückwärts zur Tür, tastete mit den Fingern nach dem Türknauf und drehte ihn. Der Knauf drehte sich und drehte sich, doch die Tür ging nicht auf.
    Merrily packte den Knauf fester und drehte ihn in panischer Angst. Die Gestalt am Fenster begann sich zu bewegen. Sie sah das Profil und erkannte, dass es ein Mann war.
    Der Türknauf fing an zu wackeln, und schließlich löste er sich aus dem Gewinde. Merrily krallte sich an den Türknauf in ihrer Hand, als die Gestalt am Fenster ihr das Gesicht zuwandte. Es leuchtete wie von einem schwachen inneren Licht.
    «Oh nein», flüsterte Merrily. «Bitte nicht hier.»
    Sean glitt auf sie zu. Er konnte nicht sprechen, denn aus seinem Mund quoll Blut.
     
    Jane kam schließlich doch nicht zum Gottesdienst. Als er vorbei war, beschwerten sich mehrere Gemeindemitglieder darüber, dass nur zwei Lieder gesungen worden waren, und Ted wies Merrily darauf hin, dass sie gar nicht gut aussähe.
    Merrily erkundigte sich bei Ted, ob ihr Vorgänger Alf Hayden zu dem Gottesdienst anlässlich ihrer Amtseinführung kommen würde. Sie würde ihm gern ein paar Fragen zum Pfarrhaus stellen.
    Nein, erklärte Ted, Alf würde nicht kommen, denn er wollte seine Nachfolgerin nicht in eine noch schwierigere Situation bringen.
    «Das verstehe ich nicht.»
    «Tja», sagte Ted, «Alf hat einen Brief von einigen Gemeindemitgliedern bekommen, die ihn darum bitten, seinen Einfluss geltend zu machen, damit Richard Coffeys Stück nicht hier im Dorf aufgeführt wird.»
    «Und warum haben sie ihm geschrieben und nicht mir?»
    Ted räusperte sich verlegen. «Also, weißt du   …, weil sie dich noch nicht gut genug kennen, um sich in einer so heiklen Angelegenheit an dich zu wenden.»
    «Und weil sie denken, dass ich als moderne weibliche Pfarrerin das Stück ohnehin unterstütze! Stimmt doch, oder? Über welche meiner Gemeindemitglieder sprechen wir hier eigentlich, Ted?»
    «Die Sache verursacht einiges Unbehagen in gewissen Kreisen», sagte Ted. «Allerdings sind es nicht viele Leute.»
    «Aber einflussreiche, nicht wahr? Ich schätze, sie wissen, dass Coffey vom Bischof unterstützt wird.»
    «Ich werde mich darum bemühen, dem Bischof deutlich zu machen, in welche Richtung sich die Stimmung in der Gemeinde bewegt», sagte Ted, «und zwar bei einem Dinner, zu dem wir, wie ich gehört habe, beide eingeladen sind.»
    Als sie nach Hause kam, war Jane nicht da. Das hatte sie erwartet. Sie stieg in den dritten Stock hinauf und ging in Janes Schlafzimmer. Alles war fein säuberlich aufgeräumt. Die nächste Tür führte zu dem sogenannten Wohnzimmer, in dem Jane die Wände bemalte. Es war abgeschlossen. Merrily wandte sich kaum überrascht ab und ging in den ersten Stock hinunter.
    In ihrem Zimmer zog sie sich um. Ihr kam der Gedanke, dass Jane mit ihrer Wohnung im obersten Stockwerk über sie hinausgestiegen war. Als ob das oberste Stockwerk etwas darstellte, was Merrily niemals erreichen würde.
    Als sie aus dem Schlafzimmer ging, wandte sie sich nach links und versuchte sich zu erinnern, welche die Tür aus ihrem Traum gewesen war. Der Flur sah ganz anders aus. Sie öffnete im Vorbeigehen eine Tür, die in ein quadratisches, kahles Zimmer mit zwei unregelmäßigen Fenstern führte. Sie versuchte es mit einer anderen Tür. Das Badezimmer, natürlich. Wie konnte man nur so dumm sein? Wann würde sie sich endlich in diesem Haus auskennen? Ärgerlich, fast abwesend, stieß sie eine weitere Tür auf.
    Das war es. Das lange, schmale Zimmer mit den unregelmäßigen schwärzlichen Bodendielen und dem hohen Bleiglasfenster.
    Die ganze Erinnerung

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