Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
aufwachte und aufstand   … und dann waren immer mehr Türen im Flur als in Wirklichkeit. Türen, die niemals geöffnet werden sollten. Türen, die in die Vergangenheit führten. Seans Bild tauchte wieder vor ihr auf. Die Augenhöhlen voller Blut, mit tastenden Händen, wie jemand, der gerade erblindet war. Merrily erinnerte sich daran, wie sie sich zur Tür zurückgezogen hatte, weil sie wusste, dass sie für immer in diesem Raum gefangen wäre, wenn seine Hände sie zu fassen bekämen.Sie wusste nicht mehr, wie sie es geschafft hatte, aus dem Zimmer hinauszukommen, nur, dass sie morgens voller Panik in ihrem Bett aufgewacht war.
    Sie zwang sich, die Augen zu öffnen und sich aus diesem schweren, drückenden Schlaf zu kämpfen, in dem sie gefangen war wie eine Fliege in einem Glas Honig. Sie hob ihren Kopf vom Kissen und sah zum Fenster. Ein merkwürdig rötlicher Mond hing niedrig zwischen den Bäumen. Blinzelnd setzte sie sich auf. Sie fuhr sich durchs Haar. Es war feucht vor Schweiß. Das Nachthemd klebte an ihrem Körper, und um ihre Brust schien ein Eisenring zu liegen.
    Wieder ein Geräusch. Schritte im Stockwerk über ihr. Noch einer, dann mehrere, bis jemand mit zwei lauten Schritten direkt über ihrem Bett angekommen zu sein schien.
    Dann Stille.
Was zum Teufel macht sie da oben bloß?
     
    «Nein, ich habe sehr gut geschlafen, danke.» In ihren gelben Frotteebademantel gehüllt, strich Jane Margarine auf ihr Knäckebrot. «Du weißt doch, dass ich nachts nie aufwache. Nur, wenn ich krank bin. Um wie viel Uhr war es denn?»
    «Ich weiß nicht.» Merrily ging zum Toaster. «Irgendwann zwischen Mitternacht und dem Hellwerden.»
    «Oh Mom, bin ich schon jemals mitten in der Nacht aufgestanden?»
    «Ja, nämlich in der ersten Nacht, die wir hier geschlafen haben. Da bist du zur Toilette gegangen.»
    «Bin ich nicht.»
    «Jane, ich versuche, Geduld zu haben. Bist du doch.»
    «Nein, ich habe gesagt, ich wollte gehen, als ich mich gerade hingelegt hatte, und du hast gesagt, ich soll nicht mehr daran denken, dann würde es vorbeigehen, und das habe ich getan, und dann musste ich nicht mehr.»
    «Du bist in dieser Nacht aufgestanden, Schatz», sagte Merrily. «Du wolltest, dass ich mitkomme. Du hast an meiner Hand gezogen.»
    «Das gibt’s doch nicht!» Jane warf das Messer auf den Tisch. «Woher hast du denn diesen Quatsch? Du hast geträumt, das ist alles. Na gut. Ich hätte es dir sagen sollen. Ich habe gestern Nacht eine wilde Party gegeben. Ja, wir haben bis zum Morgengrauen getrunken und Drogen eingeworfen. Ich hätte dich ja eingeladen, aber ich wusste, dass du dich vor deiner Amtseinführung richtig ausschlafen musst. Meine Güte!»
    «Also hast du während der ganzen Nacht nichts gehört?», fragte Merrily leise.
    Jane schnaubte genervt. «Ich habe geschlafen. Vielleicht war es ja ein Geist.»
    Merrily ließ ihren Toast fallen.
    Jane grinste. «Ist ja alt genug, dieses Haus. Ja, hier müsste es eigentlich Geister geben. Vielleicht solltest du einen Exorzismus machen. Wir haben das Buch, die Kerzen, haben wir auch eine Glocke? Meinst du, es funktioniert auch mit einer Fahrradklingel? Hey, hattet ihr in eurer Uni keine Trockenübungen im Geisterjagen?»
    «Wir haben keine Exorzismen gemacht. Der einzige Geist, von dem dort gesprochen wurde, war der Heilige Geist.»
    «Ich glaub’s einfach nicht. Sie haben euch wirklich überhaupt nichts Nützliches beigebracht.» Jane kaute nachdenklich auf ihrem Knäckebrot. «Sag mal, meinst du, das ist
er

    «Wer er?» Merrily legte ihren Toast auf einen Teller und stellte ihn auf den Tisch. Sie hatte keine Lust mehr, weiter darüber zu reden. Eine von ihnen war dabei, ein bisschen irre zu werden. Was hatte es zu bedeuten, wenn man scheinbar die halbe Nacht in einem gottverlassenen Niemandsland zwischen Traum und Realität verbrachte?
    «Wil», sagte Jane.
    «Sei nicht dumm.»
    «Weißt du was? Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich ihn zu meiner Party einladen können. Es gibt schließlich in Ledwardine keinen einzigen gutaussehenden Typen.»
    «Das reicht. Lass es gut sein. Und wenn wir schon bei Partys sind, kommst du zu meiner?»
    «Die Amtseinführung? Das nennst du eine Party?»
    «Ich weiß, eine trübselige Veranstaltung. Aber die Cassidys sorgen danach für das Buffet. Es wird schätzungsweise so bis neun oder zehn dauern. Du könntest ja zwischendurch verschwinden, dich umziehen und zu Colette ins Restaurant gehen.»
    Jane sah ihr in die Augen. Sie

Weitere Kostenlose Bücher