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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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erinnern Sie sich an das, was ich Ihnen vorhergesagt habe: der Ihrige wird was ganz Besonderes. Ich habe noch kein vielversprechenderes Kind gesehen.«
    Als die Krämerin sich verabschiedete, hatte die Couteau sie mit solchen Schmeicheleien, mit solchen Versprechungen überhäuft, daß sie ganz leicht und freudig fortging, ihr Geld nicht mehr bedauerte und von dem Tage träumte, da ihr Pierre mit vollen Wangen und stark wie eine Eiche wiederkehren würde.
    Sowie sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, lachte Céleste laut auf: »Der hast du aber Geschichten erzählt! Ich möchte wetten, daß ihr Pierre nicht einmal einen Schnupfen gehabt hat.«
    Die Couteau nahm zuerst eine würdevolle Miene an. »Sage gleich, daß ich eine Lügnerin bin! Das Kind ist nicht wohl, sage ich dir.«
    Die Heiterkeit der Zofe verdoppelte sich. »Nein, wie du komisch bist, daß du dir vor mir ein solches Ansehen gibst! Als ob ich dich nicht genau kennte, als ob ich dir nicht von der Nasenspitze lesen würde, was du dir denkst!«
    »Das Kind ist sehr schwächlich,« sagte die Couteau viel weniger zuversichtlich.
    »O ja, das glaube ich. Trotzdem möchte ich die Rezepte des Arztes sehen, und die Seife, und den Zucker! Mir für meinen Teil ist das ja ganz gleich. Diese kleine Madame Menoux, guten Morgen, guten Abend, und damit fertig. Sie hat ihre Geschäfte, ich habe meine. Es ist so wie mit dir, du hast deine Geschäfte, und um so besser, wenn du aus ihnen so viel herausschlägst als du kannst.«
    Die Couteau änderte das Gespräch, indem sie sie fragte, ob sie nicht etwas zu trinken habe, denn diese Nachtreisen brächten ihr den Magen ganz in Unordnung. Lachend zog Céleste aus der unteren Lade eines Schlankes eine angebrochene Flasche Malaga und eine Schachtel mit Biskuit hervor. Das war ihr Versteck, wo sie ihre gestohlenen Vorräte aufbewahrte. Als ihre Freundin ihrer Furcht Ausdruck gab, daß ihre Herrin sie vielleicht überraschen könnte, zuckte sie geringschätzig die Achseln. Ah freilich, die! Die hatte noch die Nase in ihren Fläschchen und Töpfchen, die Gnädige! Er war keine Gefahr, daß sie sie rufe, ehe sie nicht eine Menge widerlicher Prozeduren vorgenommen habe, um schön zu bleiben.
    »Es ist niemand zu fürchten, als die Kinder, ihr Gaston und ihre Lucie: die Fratzen hat man stets auf dem Genick, weil die Eltern sie sich selbst überlassen, weshalb sie von morgens bis abends hierher oder in die Küche kommen, um zu spielen. Dabei getraue ich mir nicht, die Tür zu schließen, aus Furcht, daß sie dann mit Händen und Füßen daran trommeln.«
    Nachdem sie vorsichtig einen Blick in den Flur geworfen hatten, setzten sich beide zu Tisch, und, bald warm geworden, fingen sie an, frei von der Leber weg zu reden und mit ruhiger Unverschämtheit die gemeine Wahrheit auszukramen. Céleste fragte, während sie ihren Malaga in kleinen Schlücken trank, was es zu Hause Neues gebe, und die Couteau log nicht länger und erzählte zwischen zwei Biskuits die brutalen Tatsachen. Vierzehn Tage nach seiner Ankunft in Rougemont war bei den Vimeux das letzte Kind der Zofe gestorben, das, aus welchem die zu spät zu Rate gezogene Rouche keinen Totgeborenen hatte machen können; und die Vimeux, die ein wenig verwandt mit ihr waren, sandten ihr ihre Grüße und ließen ihr zugleich auch mitteilen, daß sie demnächst ihre Tochter verheirateten. Bei der Gavette war der Alte, der die Kinder wartete, während die Familie auf dem Felde arbeitete, mit einem Kinde auf dem Arm ins Feuer gefallen; aber man hatte sie noch rechtzeitig herausgezogen, und es war nur das Kleine ein bißchen verbrannt. Die Cauchois fürchtete Unannehmlichkeiten zu haben, weil sie, was ihr sonst nicht so unwillkommen war, infolge eines in der Nacht aus Versehen offen gelassenen Fensters gleich vier auf einmal verloren hatte: alle vier kleine Pariser, zwei aus dem Findelhaus und zwei von Madame Bourdieu. Seit dem Anfang dieses Jahres sei es ein eignes Verhängnis; soviel Ankömmlinge, soviel Begrabene beinahe. So daß der Bürgermeister schon gesagt habe, wenn das so fortgehe, werde die Gemeinde in schlechten Ruf kommen. Sie sei überzeugt, daß die Couillard früher oder später den Besuch der Gendarmen bekommen werde, wenn sie nicht klug genug sei, wenigstens eines von Zeit zu Zeit am Leben zu lassen.
    »Ach, diese Couillard! Denke dir nur, ich habe ihr neulich eines gebracht, ein wahrer Engel, das Kleine eines Fräuleins, die ihr Papa, glaube ich, ein bißchen zu sehr

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