Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
liebkost hat. Vierhundert Franken für das Aufziehen bis zur ersten Kommunion. Es hat fünf Tage gelebt. Das ist doch wahrlich etwas zu wenig. Ich habe wirklich einen Zorn gekriegt, und habe die Couillard gefragt, ob sie mich um meine Ehre bringen will! – Was mich noch ins Unglück stürzen wird, das ist mein gutes Herz. Ich kann nicht widerstehen, wenn man einen Dienst von mir verlangt. Und Gott weiß, wie ich die Kinder liebhabe; ich habe mich ja Zeit meines Lebens nur mit ihnen befaßt. Daher, wenn du zum Beispiel noch eins hättest –«
    »Ah nein, ich danke!« rief Celeste auffahrend. »Ich habe mich zweimal drankriegen lassen, jetzt treffe ich meine Vorsichtsmaßregeln zu gut, als daß es mir noch einmal passieren sollte!«
    »Ich nehme es ja nur zum Beispiel. Wenn du also noch eines, hättest, würde ich dir sagen: Liebe Freundin, geben wir es nicht zu der Couillard, man soll den lieben Gott nicht versuchen. Wir find doch schließlich anständige Frauen, nicht wahr, und ich wasche meine Hände, denn ich führe sie wohl zu, die kleinen Engel, aber ich verpflege sie nicht. Wenn man ein reines Gewissen hat, kann man ruhig schlafen.«
    »Natürlich,« bestätigte Celeste mit tiefer Ueberzeugung.
    Und während sie, ihren Malaga schlürfend, so bieder sprachen, erhob sich das rote Gespenst des entsetzlichen Rougemont mit seinem von Pariser Kindern bedeckten Friedhofe, das schmutzige und bluttriefende Dorf, die tückische Mördergrube, deren Kirchturm friedlich gegen den Horizont der weiten Ebene aufragte.
    Aus dem Korridor ertönte jetzt das Geräusch laufender Kinderfüße, und die Zofe eilte an die Tür, um Gaston und Lucie, die herbeikamen, fortzufchicken.
    »Packt euch fort, ich brauche euch hier nicht, eure Mama hat euch verboten, hierherzukommen!«
    Wütend kam sie wieder herein. »Es ist ja wahr! Ich kann nichts tun oder sagen, ohne daß ich sie an mir hängen hätte. Sie sollen ein wenig bei der Amme bleiben!«
    »Apropos,« sagte die Couteau, »hast du gehört, daß das Kind der Marie Lebleu auch gestorben ist? Man hat es ihr wohl geschrieben. Ein so schönes Kind! Es scheint das so jetzt in der Luft zu liegen! Und dann, Ammenkind, Opferkind.«
    »Ja, sie hat mir gesagt, daß man es ihr geschrieben hat. Aber sie hat mich gebeten, es der Gnädigen nicht zu erzählen, weil das immer einen schlechten Eindruck macht. Sie selbst macht sich natürlich nichts daraus, da sie nun einmal ihre Milch hat. Die Strafe dabei ist, daß, wenn ihr Kind gestorben ist, es dem Kinde der Gnädigen nicht am besten geht.«
    Die Zuführerin horchte auf.
    »Ah! Es geht also nicht am besten?«
    »Freilich nicht. Es liegt nicht an der Milch, denn sie hat sie im Ueberfluß, und noch dazu sehr gute. Aber noch nie hat es eine so bösartige Person gegeben; sie ist immer in Wut, ist frech und brutal, schlägt die Türen zu, droht alles zu zerschlagen, wenn man sie nur im geringsten reizt. Und dann trinkt sie wirklich auf eine abscheuliche Weise, wie eine Frau nicht trinken sollte.« Die blassen Augen der Couteau erhellten sich allmählich vor Freude, und sie nickte lebhaft mit dem Kopfe, um zu sagen, daß sie das längst wußte, daß sie das alles vorhergesehen habe. In diesem Winkel der Normandie, in Rougemont, tranken alle Frauen mehr oder weniger, die Mädchen nahmen auf dem Grunde ihres Eßkörbchens ein Fläschchen Branntwein mit in die Schule. Aber Marie Lebleu gehörte zu denen, die man unterm Tische auflesen mußte, und man konnte sagen, daß sie während ihrer letzten Schwangerschaft nicht nüchtern geworden war. Dies war freilich nicht die Art, wie man kräftige Mütter oder gesunde Kinder erhält.
    »Meine Liebe, die kenne ich, die ist geradezu unmöglich. Aber der Arzt, der sie ausgewählt hat, der hat mich nicht einmal um meine Meinung gefragt, nicht wahr? Und übrigens geht mich das nichts an, ich führe sie zu, ich nehme das Kind wieder mit, und damit Gott befohlen, die Stadtleute sollen dann sehen, wie sie fertig werden.«
    Celeste brach in lautes Lachen aus. »Nein, du hast keine Idee von dem Höllentanz, den sie hier aufführt. Sie schlägt sich mit aller Welt herum, dem Kutscher hat sie eine Wasserflasche an den Kopf geworfen, im Zimmer der Gnädigen hat sie eine Vase zerbrochen, und alle zittern vor ihr und sind in beständiger Furcht vor irgendeiner Bosheit. Und wenn du sehen würdest, was sie alles anstellt, um zu trinken, denn man hat bemerkt, daß sie trinkt, und hat alle Getränke verschlossen. Weißt du nun,

Weitere Kostenlose Bücher