Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
Jahren erlegt werden sollte. Sie vereinbarten endlich eine abschließende Besprechung, um die letzten Einzelheiten vor Abfassung des Vertrages festzustellen. Und eines Montags gegen zehn Uhr begab sich Mathieu in das Palais in der Avenue d’Antin, um die Sache zum Abschluß zu bringen.
    An diesem selben Morgen empfing Céleste gegen acht Uhr in der Wäschekammer, wo sie sich gewöhnlich aufhielt, den Besuch der Madame Menoux, der kleinen Krämerin der Nachbarschaft, deren Entbindung Madame Séguin, die damals schwanger und furchterfüllt gewesen, so stark interessiert hatte. Die Krämerin konnte ihren kleinen Laden nur zu sehr früher Stunde so auf einige Augenblicke verlassen, indem sie ihn der Obhut des Töchterchens ihrer Hausmeisterleute ließ. Sie wartete, bis ihr Mann, ein ausgedienter Soldat, ein schöner Mann, den sie vergötterte, sich nach dem Museum auf den Weg gemacht hatte, wo er als Wächter angestellt war; dann beeilte sie sich, ihre kleinen Wege zu besorgen, und ging rasch wieder heim, um in dem finsteren, kleinen Laden, wo das Ehepaar kaum Platz hatte, sich zu bewegen, die wenigen Sous zu verdienen, die zum Gehalte des Mannes hinzugefügt, sie beinahe reich machten. Ihre nachbarlichen Beziehungen zu Céleste waren noch enger geworden, seitdem die Couteau ihr Kind, den kleinen Pierre, nach Rougemont mitgenommen hatte, um ihn dort, zu den billigsten Bedingungen, die man sich denken konnte, für dreißig Franken monatlich, in Pflege zu geben. Die Couteau hatte sich gefälligerweise sogar erboten, jeden Monat gelegentlich einer ihrer Reisen vorzusprechen, um das Geld in Empfang zu nehmen, wodurch die Krämerin der lästigen Aufgabe enthoben war, es durch die Post zu senden, und obendrein Gelegenheit bekam, neueste Nachrichten über ihren Kleinen zu hören. Wenn daher die Zeit da war, und die Couteau sich auch nur um einen Tag verspätete, wurde Madame Menoux von Schrecken erfaßt, und lief eiligst zu Céleste, im übrigen stets erfreut, eine Gelegenheit zu haben, ein wenig mit diesem Mädchen zu plaudern, die aus der Gegend stammte, wo ihr Pierre sich befand.
    »Sie entschuldigen mich, nicht wahr, daß ich Sie so früh störe? Sie sagten mir, daß Ihre Herrin Sie nie vor neun Uhr braucht. Wissen Sie, ich komme, weil ich keine Nachrichten von dort habe. So dachte ich, daß Ihnen vielleicht jemand von Hause geschrieben hat.«
    Madame Menoux, die Tochter eines armen Angestellten, war klein, mager und blond, mit einem schmalen, blassen Gesichte von melancholischem Reize. Daher stammte wohl ihre leidenschaftliche Liebe zu ihrem Mann, der sie zwischen zwei Fingern hätte zerquetschen können. Mit unvergleichlicher Zähigkeit und unerschütterlichem Mut rieb sie sich beinahe vor Arbeit auf, damit er seinen Kaffee und seinen Kognak nach jeder Mahlzeit habe.
    »Ach, es kommt mir doch hart an, daß unser kleiner Pierre so weit fort ist. Ich sehe schon meinen Mann den ganzen Tag nicht, und jetzt habe ich ein Kind, das ich gar nicht sehe! Aber leider muß man leben. Wie hätte ich ihn behalten können in diesem Loch von einem Laden, wo ich obendrein vom Morgen bis zum Abend keine Minute für mich habe? Trotzdem weine ich noch immer darüber, daß ich ihn nicht selbst habe stillen können, und wenn mein Mann nach Hause kommt, so reden wir von nichts als von ihm, wie die rechten Narren. – Sie sagen also, daß Rougemont in einer sehr gesunden Gegend liegt, und daß es da nie bösartige Krankheiten gibt?«
    Aber sie wurde durch den Eintritt einer andern Besucherin unterbrochen, bei deren Anblick sie einen Freudenruf ausstieß.
    »Ah, Madame Couteau, wie froh bin ich, Sie zu sehen, und wie gut, daß ich den Einfall gehabt habe, hierher zu kommen!«
    Inmitten dieser und ähnlicher Ausrufe freudiger Ueberraschung erklärte die Couteau, daß sie mit dem Nachtzuge mit einer ganzen Schar Ammen gekommen sei, und daß sie sich, sobald sie diese im Bureau in der Rue Roquépine, abgeliefert hatte, sogleich zu ihren Besorgungen auf den Weg gemacht habe.
    »Nachdem ich Céleste rasch im Vorübergehen guten Morgen gewünscht, wollte ich zu Ihnen kommen, Madame. Aber da ich Sie hier treffe, so können wir unsre Monatsverrechnung gleich hier erledigen, wenn Sie wollen.«
    Madame Menoux sah sie ängstlich forschend an. »Und wie geht es meinem kleinen Pierre?«
    »Nicht schlecht, nicht schlecht. Wissen Sie, er ist nicht gerade sehr stark, man kann nicht sagen, daß es ein kräftiges Kind ist. Aber er ist so lieb, so reizend mit

Weitere Kostenlose Bücher