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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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was sie tut? Letzte Woche hat sie eine ganze Flasche Melissenwasser ausgetrunken und ist schrecklich krank darauf geworden. Ein andres Mal hat man sie dabei ertappt, wie sie das Kölner Wasser aus einer der Flaschen des Toilettentisches getrunken hat. Jetzt tut sie sich, wie ich glaube, an dem Weingeist gütlich, den man ihr für die Spirituslampe gegeben hat. Es ist zum Totlachen. Ich unterhalte mich köstlich dabei, wie ich das alles so still mit ansehe!«
    Sie schlug in die Hände, sie lachte bis zu Tränen über diese Unannehmlichkeiten, die ihrer Herrschaft das Leben verbitterten; und auch die Couteau empfand beim Anhören dieser Geschichten einen unwiderstehlichen Kitzel und erging sich in einem Ausbruch unmäßiger Heiterkeit. Plötzlich war sie wieder ruhig.
    »Hör einmal, man wird sie also fortjagen?« »Es wird wahrscheinlich nicht mehr lange dauern. Wenn sie es gewagt hätten, hätten sie es schon getan.«
    Eine Klingel ertönte. Celeste stieß einen Fluch aus. »Na also, das ist die Gnädige, die mich ruft, das ich sie frottiere. Man kann doch nicht eine Minute Ruhe haben!«
    Aber die Couteau hatte sich bereits erhoben, und bereitete sich zum Gehen, ernsthaft, wieder ganz Geschäftsfrau.
    »Nein, nein. Kleine, tu du nur deinen Dienst. Ich habe eine Idee. Ich eile und hole eine der Ammen, die ich heute mitgebracht habe, ein Mädchen, für die ich einstehe, wie für mich selber. In einer Stunde bin ich mit ihr wieder da, und du bekommst ein Geschenk, wenn du mir hilfst, sie hier unterzubringen.«
    Sie verschwand, während die Zofe, ehe sie einem zweiten Ruf der Klingel folgte, ohne sich zu beeilen, den Malaga und die Biskuits wieder in die untere Schublade des Schrankes versorgte.
    Gegen zehn Uhr wollte Seguin heute seine Frau und ihren gemeinschaftlichen Freund Santerre nach Mantes führen, um dort ein elektrisches Automobil zu versuchen, das er zu einem hohen Preise bestellt hatte. Er hatte eine Leidenschaft für diesen allerneuesten Sport der großen Schnelligkeiten gefaßt, weniger aus Geschmack an der Sache selbst, als von dem Wunsche getrieben, stets in der ersten Reihe derer zu sein, die sich über Hals und Kopf in eine neue Mode stürzen. Eine Viertelstunde vor der bestimmten Zeit befand er sich auch bereits in dem weiten, mit Kostbarkeiten, angefüllten Raume, der sein Arbeitszimmer hieß, gekleidet in ein nach seinen Angaben verfertigtes entsprechendes Kostüm, bestehend aus Joppe und Beinkleid aus grünlichem, gerippten Samt, gelben Schuhen und einer Ledermütze. Und er neckte Santerre, als dieser in Promenadekleidung erschien, einem hellgrauen Anzüge von zartester Färbung.
    Unmittelbar nach der Genesung Valentinens war Santerre wieder der Genosse und Intimus des Hauses geworden. Nichts stand hier mehr dem Vergnügen im Wege, er wurde nicht mehr abgestoßen von dem Anblick einer durch die Schwangerschaft entstellten Frau, und er konnte daher den unterbrochenen angenehmen Roman wieder aufnehmen, diesmal seines Sieges sicher. Valentine ihrerseits, von ihrer entsetzlichen Todesfurcht befreit, einer Mutterschaft ledig, die ihr die grausamste aller Katastrophen geschienen hatte, fühlte sich nun unsagbar erleichtert, hatte nur den einen Wunsch, die verlorene Zeit wieder hereinzubringen, indem sie sich wie toll in Lustbarkeiten aller Art, in den wilden Trubel des eleganten Lebens stürzte. Wieder zierlich und hübsch, wieder im Besitz ihrer etwas mageren knabenhaften Jugendlichkeit, empfand sie mehr als je das Bedürfnis nach fortwährender Betäubung und wurde von der Konsequenz der Tatsachen immer mehr dazu getrieben, die Kinder der Fürsorge der Dienstboten anheimzugeben, ihr Haus immer häufiger allein zu lassen, um den Einfällen ihrer wechselnden Launen nachzujagen; besonders da ihr Mann es ihr gleichtat, der von Zeit zu Zeit von plötzlichen tobenden Eifersuchtsanfällen ergriffen wurde, deren Wut ohne Ursache, ohne Anzeichen, in widersinnigster Weise hervorbrach. Das Haus war nun vollständig verwüstet, die Familie zerstört, von der letzten Katastrophe bedroht, und Santerre hatte sich behaglich eingenistet, half den Untergang beschleunigen und fuhr fort, mit dem Manne Debatten über pessimistische Philosophie und Literatur auszufechten, während er darauf lauerte, daß ihm die Frau in die Arme falle.
    Er stieß einen Ruf des Entzückens aus, als Valentine endlich in einer reizenden Fahrtoilette erschien, ein sportmäßiges Barett auf dem Kopfe. Sie bat nach der Begrüßung die Herren, sie

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