Fruchtbarkeit - 1
Geldausgaben waren beträchtlich, manchmal drohten die Ernten nicht genug einzubringen, um die Rechnungen der Bauleute und Lieferanten zu bezahlen. Je umfangreicher die Bewirtschaftung wurde, eine um so größere Anzahl von Gesinde, Arbeitern, Pferden und Rindern beanspruchte sie, ein großes Material und Personal, dessen tägliche Beaufsichtigung sie mit Arbeit zu erdrücken drohte, solange ihre Kinder noch nicht erwachsen genug waren, um ihnen einen Teil derselben abzunehmen. Mathieu leitete die Feldarbeiten, verbesserte sie ohne Unterlaß in fortwährender körperlicher und geistiger Tätigkeit, um die Erde dazu zu bringen, alles Leben herzugeben, das in ihrem Schoße schlummerte. Marianne herrschte im Hause, wachte über die Ställe, über die Meierei, über den Viehhof, erwies sich als eine ausgezeichnete Buchhalterin, führte die Rechnungen, zahlte aus, kassierte ein. Und trotz sich erneuernder Widerwärtigkeiten, unglücklicher Zufälle, unvermeidlicher Irrtümer, gab ihnen das Glück über alle Enttäuschungen und Verluste hinweg doch immer wieder recht, so tapfer und klug führten sie den unablässigen täglichen Kampf des Lebens.
Außer den neuen Gebäuden vergrößerte sich der Besitz um abermals dreißig Hektar sandiger Hänge bis zum Dorfe Monval, während auf dem Plateau dreißig weitere Hektar Waldgrund in der Richtung gegen Mareuil hinzukamen. Der Kampf Mathieus mit diesen dürren Hängen wurde härter und schwieriger, je weiter sein Tätigkeitsfeld sich ausdehnte; aber seine Idee erwies sich als genial, er errang schließlich doch den Sieg, erreichte es, sie jedes Jahr immer mehr zu befruchten, dank den lebenspendenden Quellen, mit denen er sie von allen Seiten überrieselte. Ebenso hatte er auf dem Plateau die neuerworbenen Wälder mit breiten Wegen durchschnitten, um Verbindungen zwischen den einzelnen Teilen herzustellen, und um den Gedanken zu verwirklichen, die Lichtungen in Weiden zu verwandeln, wo er sein Vieh grasen ließ, bis es ihm möglich sein würde, sich der Aufzucht zu widmen. Auf allen Seiten war nun in dem wachsendem Schöpfungswerke der Kampf eingeleitet und dehnte sich immer mehr aus; zugleich vermehrten sich aber auch die Aussichten auf den endgültigen Sieg, die möglichen Verluste einer schlechten Ernte wurden wettgemacht durch den überreichen Ertrag, den ein andres Feld lieferte. Das gleiche galt für die Kinder, die fortfuhren zu wachsen, während der Besitz sich vergrößerte: die, welche ein wenig zurückblieben, schienen die andern zu fördern. Die Zwillinge Blaise und Denis, nun schon vierzehn Jahre alt, ernteten Prämien im Lyzeum, machten Ambroise, ihrem um zwei Jahre jüngeren Bruder, ein wenig Schande, der, lebhaften Geistes, erfinderisch, zu häufig andern Dingen nachging als seinen Aufgaben. Die vier jüngeren: Gervais, die beiden Mädchen Rose und Claire, sowie der kleinste, Grégoire, die noch zu jung waren, als daß man es gewagt hätte, sie täglich nach Paris zu senden, fuhren fort, in freier Luft aufzuwachsen, ohne sich allzuviel Wunden und Beulen zuzuziehen. Und als nach zwei Jahren Marianne ihr achtes Kind gebar, ein Mädchen, Louise, litt sie glücklicherweise nicht wie bei Grégoire, der ihr beinahe das Leben gekostet hätte: aber es dauerte trotzdem lange, bis sie genesen war, da sie eines Waschtages wegen sich zu früh erhoben hatte. Und als Mathieu sie wieder gesund und lächelnd sah, mit dem Kind auf den Armen, da küßte er sie leidenschaftlich, triumphierte wieder einmal über alle Schmerzen und allen Kummer. Noch ein Kind, das bedeutete noch Reichtum und Macht, eine neue in die Welt geworfene Kraft, ein neues für die Zukunft besätes Feld.
Und so wuchs immerfort das große und gute Werk, das Werk der Fruchtbarkeit durch die Erde und durch die Frau, siegreich über die Vernichtung, für jedes neue Kind neue Lebensmittel schaffend, liebend, wollend, kämpfend, arbeitend unter Leiden, unaufhörlich zu neuem Leben, neuer Hoffnung fortschreitend.
3
Zwei Jahre gingen hin. Und während dieser zwei Jahre bekamen Mathieu und Marianne noch ein Kind, ein Mädchen. Und diesmal vergrößerte sich zugleich mit der Familie auch die Besitzung Chantebled wieder, im Westen des Plateaus, um das letzte Stück Sumpfgebiet, dessen Moräste noch trocken zu legen und dessen Quellen noch zu fassen gewesen waren. Nun war dieser Teil des Besitzes vollständig urbar gemacht, mehr als hundert Hektar Boden, auf denen bisher nur Wasserpflanzen gewachsen waren, und
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