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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Herde nur verstärkt.
    »Oh, das Stück von Maindron,« erwiderte er, »Sie haben keine Vorstellung von dieser Plattheit. Wieder ein Ehebruch, es wird schon zu abgeschmackt! Es ist unglaublich, daß das Publikum, dem fortwährend eine solche Kost vorgesetzt wird, sich nicht endlich dagegen auflehnt, und unsre traurigen Psychologen, die die alte Gesellschaft mit so düsterer Miene zu Grabe tragen, müssen sie wahrlich schon zu hoffnungsloser Fäulnis gebracht haben, daß sie so im Kote erstickt … Ich meinerseits habe mich nicht geändert. Nur wenn man sich strengen Gesetzen unterwirft, kann man die Begierde töten. Gott selbst wird die Welt vernichten, um das letzte Glück herbeizuführen.«
    Als er fodann Mathieu bemerkte, der ihn verblüfft ansah, offenbar in Erinnerung an seine einstige Rolle als Romanschriftsteller im Frack, der das elegante Laster propagierte, diese schöne Welt einsargte, die er für seinen Vorteil ausbeutete – begnügte er sich, kurz abzubrechen, indem er sagte:
    »Ich bin aus dem Theater davongelaufen … Es ist schön draußen, ich habe einen Wagen, kommen Sie mit in die Pastellausstelluug?«
    »Nein, mein Lieber, ich wenigstens nicht,« sagte Séguin in seiner entschiedenen Weise. »Die Pastellmaler sind mir schrecklich langweilig. Fragen Sie Valentine, ob sie frei ist.«
    Und mit der Gebärde, die diese Worte begleitete, gab er ihm die Frau anheim, mit dem Vertrauen eines Gatten, der entschlossen ist, nichts zu wissen. Zehnmal hatte er, von sinnloser Eifersucht tobend, Valentine beinahe getötet, indem er sie der schmutzigsten Untreue anklagte. Aber ohne daß dafür eine vernünftige Erklärung möglich gewesen wäre, ohne jede Logik, hatte er ihr immer Santerre nachgesehen; dieser zählte offenbar nicht; oder aber, wenn der Gatte lange von ihren Beziehungen nichts gewußt hatte, so hatte er sich später der bestehenden Tatsache anbequemt. Und besonders, seitdem er den trefflichen Einfall gehabt, den Liebhaber wieder ins Haus zu bringen, um selber da frei leben zu können, ließ er es zu, daß der zu jeder Stunde kam, sich da häuslich einrichtete, mit seiner Frau ausging, mit ihr heimkehrte; und alle drei lebten in fröhlicher Gemeinschaft, lachten miteinander und diskutierten nach wie vor mit eleganter Verbitterung und Illusionslosigkeit.
    »Ich reiße mich gerade auch nicht um die Pastellausstellung. Etwas andres ist mir ebenso lieb. Es handelt sich nur darum, den Nachmittag totzuschlagen. Maindron hat mich mit seinem ersten Akt lebensüberdrüssig gemacht … Herrgott, was gibt es doch für öde Tage!«
    »Wenn sie nur nichts weiter als öd sind! ›Sirius‹ ist krank, mein Stall ist lahmgelegt, alles geht schief … Am liebsten würde man allem ein Ende machen!«
    »Wie, es ist also wahr, ›Sirius‹ ist krank? Armer Freund, wenn Sie wollen, machen wir gemeinschaftlich ein Ende. Ich schleppe mich, ich gähne mich durchs Leben!«
    »Mich widert es an zum Erbrechen. Es ist ekelhaft!«
    Ein Stillschweigen entstand. Dann sagte Santerre matt: »Sonst also kein Unglück heute?«
    »Nein. Die Schornsteine fallen mir noch nicht auf den Kopf. Das kommt schon noch.«
    »Hoffen wir es. Und diese alte Metze Erde mit ihrem wimmelnden Geschmeiß dreht sich unbekümmert weiter … ›Sirius‹ krank, da hört alles auf!«
    Mathieu, den das Gespräch mit Widerwillen erfüllte, hatte sich erhoben, um zu gehen, als ein Dienstmädchen hereinkam und umständlich meldete, Madame bitte Monsieur, sogleich ins Zimmer Mademoiselle Lucies hinüberzukommen, da Mademoiselle eigensinnig darauf beharre, nicht Vernunft anzunehmen. Und Séguin bat die beiden Herren mit seinem ironischen Phlegma, ihn zu begleiten, um ihm zu helfen, sagte er, dieser jungen Dame beizeiten die Ueberzeugung von der männlichen Ueberlegenheit beizubringen.
    Im Zimmer Lucies spielte sich eine außergewöhnliche Szene ab. Das Mädchen hatte, auf dem Rücken liegend, die Decke bis ans Kinn hinaufgezogen und hielt sie da krampfhaft mit ihren schmalen Händen fest, wie um sich zu wehren, um zu verhindern, daß man sie von diesem Bette entferne, aus welchem sie eigensinnig sich nicht herausrühren wollte. Man sah nichts als ihr weißes, blutloses Gesichtchen, das von ihren matten blonden Haaren umflossen war; während ihre blauen Augen mit dem Ausdruck wilder Entschlossenheit starr nach der Decke blickten. Als ihre Mutter mit Doktor Boutan eingetreten war, hatte sich ihr Blick mit dem Ausdruck schrecklichen Leidens verdüstert; aber sie

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