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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Leichenbegängnis beizuwohnen, denn ich weiß nicht gewiß, ob sein Vater gegenwärtig in Paris ist. Auch unser Freund Santerre tritt morgen eine Reise an. Ach, nicht nur die Toten verlassen uns, es ist schrecklich, welche Anzahl von Lebenden sich entfernen, verschwinden… Nicht wahr, liebe Madame Froment, das Leben ist sehr traurig!«
    Ein Schatten war über ihr Gesicht geglitten, die Furcht vor dem nahen Bruch, den sie seit einigen Monaten kommen fühlte, denn Santerre bereitete sie mit geschickten Andeutungen vor, trug sich offenbar mit irgendeinem geheimen, wohlüberlegten Plan, irgendeine neue Phantasiegeburt des Schriftstellers, die sie noch nicht erriet. Sie sah mit frommer Verklärung zum Himmel auf.
    »Wir sind alle in Gottes Hand.«
    Marianne, die den beiden Mädchen zulächelte, welche noch immer stumm und unbeweglich in dem geschlossenen Wagen saßen, wechselte das Gesprächsthema.
    »Wie sie groß und schön geworden sind! Ihre Andrée ist entzückend. Wie alt ist denn Ihre Lucie? Sie wird nun bald heiratsfähig sein.«
    »Oh, sie soll Sie nur nicht hören,« rief Valentine, »sie würde sich in Tränen auflösen! Sie ist nun siebzehn Jahre alt, aber an Verstand nicht einmal zwölf. Würden Sie glauben, daß sie heute früh geweint hat und nicht zu dieser Trauung gehen wollte, indem sie sagte, das mache sie krank? Sie spricht immer vom Kloster, wir werden da eine Entscheidung treffen müssen. Andrée mit ihren dreizehn Jahren isi schon viel mehr Weib. Aber sie ist ein kleiner Einfaltspinsel und gutmütig wie ein Schaf. Sie macht mich oft krank, so geht mir ihre Sanftmut auf die Nerven.«
    Sie stieg endlich in den Wagen, nachdem sie noch Mariannen, die sie schwanger sah, die Hand gedrückt hatte.
    »Wahrhaftig, ich bin vollkommen kopflos, ich vergesse ganz, Sie nach Ihrem Befinden zu fragen! Sie sind im achten Monat, nicht wahr, und dies wird Ihr elftes Kind sein? Es ist schrecklich, schrecklich! Aber da es Ihnen so gut anschlägt… Ach, die armen Leute da oben! Wie leer wird das Haus nun bleiben!«
    Nachdem der Wagen davongerollt war, dachten Mathieu und Marianne, daß sie besser täten, ehe sie hinaufgingen, in dem kleinen Häuschen vorzusprechen, wo ihre Kinder ihnen vielleicht irgendwelche nützliche Auskunft geben könnten. Aber weder Blaise noch Charlotte waren zu Hause. Sie fanden nur das Dienstmädchen, die das Kind, Berthe, behütete. Das Mädchen sagte, sie habe den Herrn seit gestern nicht gesehen, er sei oben bei dem Toten. Auch Madame befände sich seit dem Morgen oben, und sie habe sogar Auftrag gegeben, ihre Berthe gegen Mittag, um die Stunde des Trinkens, hinaufzubringen, damit sie nicht herunterkommen müsse, so sehr war es ihr darum zu tun, nicht eine Minute zu verlieren. Und da Marianne erstaunt nach der Ursache fragte, antwortete das Mädchen:
    »Madame hat ihren Farbenkasten mit hinaufgenommen. Ich glaube, sie malt das Bild dieses armen jungen Mannes, der gestorben ist.«
    Als sie den Fabrikhof durchquerten, zog sich Mathieu und Marianne das Herz zusammen über das tiefe Grabesschweigen, das in dieser großen, sonst so lärmenden Arbeitsstadt herrschte. Der Tod war plötzlich hindurchgeschritten. Und dieses ganze fieberhafte Leben war mit einem Schlage zum Stillstand gekommen, die Maschinen kalt und regungslos, die Werkstätten still und öde. Der Herr war tot, und so war alles tot. Und ihr Schmerz wuchs, als sie durch diese lautlose Stille zum Wohnhaus kamen, der Verbindungsgang war verödet, die Treppe lag in drückendem Schweigen, alle Türen standen offen, wie in einem seit langem verlassenen, unbewohnten Hause. Im Vorzimmer fanden sie keinen Bedienten. Der halbdunkle Salon selbst erschien ihnen leer, die gestickten Musselinvorhänge waren vollkommen herabgelassen, die Fauteuils im Halbkreis aufgestellt wie an den Empfangstagen, wo man viele Besucher erwartete. Endlich sahen sie vor sich eine schattenhafte Gestalt mit undeutlich sichtbaren Zügen, die mit kleinen Schritten auf und ab ging. Es war Morange, barhaupt, im Gehrock, der auf die schreckliche Nachricht herbeigeeilt war, sich pünktlich eingefunden hatte, in derselben korrekten Art, in der er in sein Bureau gekommen wäre. Er schien wie zu Hause, er empfing die Besucher, entsetzt, betäubt durch diesen Verlust eines Kindes, dessen plötzliches Hinscheiden ihm die Erinnerung an den grauenhaften Tod seiner Tochter erwecken mußte. Seine Wunde hatte sich wieder geöffnet, er war bleich unter seinem grauen Barte, in einer

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