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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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wüßte und alles gut machen könnte!«
    Dann fuhr er bleich und erbebend auf, denn er hatte einen kleinen Stoß gegen seine Lippen gefühlt. Sie lachte wieder, faßte ihn und zog seinen Kopf neben den ihrigen auf das Polster. Dann sagte sie ganz leise in sein Ohr:
    »Du hast ihn gespürt, wie, und er hat dir angst gemacht, du Närrchen? Ja, er zappelt schon gehörig, er pocht an, um herauszukommen. Sag mir, was hat er dir gesagt?«
    »Er hat mir gesagt, daß du mich liebst, wie ich dich liebe. Und daß alle Glücklichen der Welt nicht so glücklich sind wie ich.«
    Sie blieben eine Weile in Umarmung, unter dem goldenen Glanz der Sonne, der sie umgab. Dann richtete er ihr die Polster zurecht, zog ihr die Decke hinauf, litt es unbedingt nicht, daß sie aufstehe, ehe er das Zimmer in Ordnung gebracht habe. Er nahm sein kleines Bett auseinander, faltete die Bettdecken, legte die Matratzen zusammen und versorgte alles in dem eisernen Käfig, den er sodann mit einer Decke umhüllte. Vergebens bat sie ihn, das alles zu lassen, da Zoë, das Dienstmädchen, das sie vom Lande mitgenommen hatten, das besorgen konnte. Er beharrte darauf, sagte, daß das Mädchen ihn irritiere, daß er viel lieber allein bleibe, um sie zu bedienen, um alles zu tun, was zu tun nötig sei. Er war es, der darauf bestanden hatte, in dem Eisenbett zu schlafen und ihr das große Bett allein zu überlassen, um sie nicht zu belästigen. Und jetzt beschäftigte er sich mit dem Aufräumen, verteidigte eifersüchtig die Tür des Zimmers, um die geliebte Frau für sich allein zu haben, glücklich, bis zu den niedrigsten Dienstleistungen herabzusteigen, sich nie genug tuend in dem Kultus, mit dem er sie umgab.
    »Ich bitte dich, bleibe noch ein wenig im Bett, solange die Kinder noch nicht wach sind. Das wird dir wohl tun.«
    Er fühlte einen Kälteschauer und bemerkte nun, daß es kalt im Zimmer war, machte sich Vorwürfe, daß er nicht sogleich daran gedacht habe, Feuer anzuzünden. Scheite und Kleinholz lagen in einer Ecke. »Wie dumm ich bin, ich lasse dich frieren, anstatt zu allererst einzuheizen.«
    Er kniete vor dem Kamin nieder, während sie ausrief: »Was für ein Einfall jetzt wieder! Laß doch, rufe Zoë!«
    »Nein, nein, sie kann nicht Feuer machen, und ich habe Freude daran.«
    Er lachte triumphierend, als das Feuer hell aufflammte, das Zimmer mit neuer Behaglichkeit erfüllend. Jetzt sei das Zimmer ein wahres Paradies, sagte er. Aber er war mit dem Waschen und Ankleiden fertig, als die nahe dem Bette befindliche Wand des Nebengemaches von Faustschlägen erdröhnte.
    »Ah, die Rangen!« sagte er heiter. »Jetzt sind sie auf. Bah, es ist heute Sonntag, lassen wir sie hereinkommen.«
    Seit einigen Augenblicken drang aus dem Nebenzimmer ein Lärm wie von einem in Aufruhr befindlichen Vogelhause herein, ein Durcheinander hoher Stimmen, Gekicher, hie und da von einem lauten Gelächter unterbrochen. Dann hörte man dumpfe Püffe, offenbar von herumgeschleuderten Polstern und Federndecken, während zwei kleine Fäuste fortfuhren, die Scheidewand zu bearbeiten.
    »Ja, ja,« sagte die Mutter unruhig, »antworte ihnen, laß sie hereinkommen, sie werden sonst alles zugrunde richten.«
    Der Vater pochte nun seinerseits mit der Faust. Darauf erfolgte auf der andern Seite ein Ausbruch von Jubel, lautes Triumphgeschrei. Der Vater hatte kaum Zeit, die Tür zu öffnen, als man im Gang Fußgetrampel und ein Durcheinander heller Stimmen hörte. Es war die kleine Truppe, die im Sturmschritt herankam. Alle vier hatten sie lange weiße Hemden, die bis auf ihre nackten kleinen Füße herabreichten, sie liefen um die Wette und lachten und schrien, ihre braunen Haare flogen, ihre Augen leuchteten in den erhitzten Gesichtchen. Ambroise, obgleich der jüngere, kaum fünf Jahre alt, kam als erster, er war der unternehmendste, der keckste. Nach ihm kamen die Zwillinge, Blaise und Denis, stolz auf ihre sieben Jahre, schon etwas gesetzter, besonders der letztere, der den andern lesen lehrte, während Blaise, schüchtern und ein wenig feige, der Träumer der Schar war. Und zwischen sich führten sie, jeder bei einer Hand, die kleine Rose, einem kleinen Engel gleich die im Vorwärtsstürmen dahin und dorthin gezerrt wurde, die sich aber mit ihren zwei Jahren und zwei Monaten tapfer aufrecht hielt.
    »Weißt du, Mama,« schrie Ambroise sogleich, »mir ist nicht sehr warm. Mach mir ein bißchen Platz«
    Mit einem Satz war er im Bett, schlüpfte unter die Decke und drängte sich

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