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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sagte lebhaft, mit einem Ausruf der Ueberraschung: »Wie, die Krämerin ist entbunden, und Sie sagen mir nichts davon? Erzählen Sie doch, wie ist es abgelaufen?«
    Diese Madame Menoux war die Frau eines ausgedienten Soldaten, eines stattlichen Mannes, der mit hundertfünfzig Franken monatlichem Gehalt als Aufseher in einem Museum angestellt war. Sie liebte ihn leidenschaftlich, und sie hatte resolut den Plan gefaßt und ausgeführt, sich einen kleinen Kramladen zu errichten, wo sie fast so viel wie er verdiente, so daß das Ehepaar beinahe im Wohlstand lebte und sehr glücklich war.
    Céleste, die sich zwanzigmal hatte ausschelten lassen, weil sie immer wieder stundenlang in dem kleinen Laden im Geschwätz verweilt hatte, wurde ganz stolz, nicht ohne ein unmerkliches, spöttisches Lächeln, als sie so ausgefragt wurde. Und sie antwortete mit großer Wichtigkeit: »Alles ist vorzüglich abgelaufen, Madame. Eine ausgezeichnete Niederkunft, ein prächtiger Junge. Ich will gestehen, daß ich heute früh hinübergelaufen bin, um ihn anzusehen. Das ist ja eine sehr begreifliche Neugierde, nicht wahr?«
    Und da Valentine sie mit leidenschaftlichem Interesse immer weiter ausfragte, ging sie auf die kleinsten Einzelheiten ein: »Sie war übrigens in sehr guten Händen. Ich habe ihr Madame Rouche, die Hebamme aus der Rue du Rocher, empfohlen, weil eine Freundin, der sie ihren Beistand geleistet hatte, mir alles mögliche Gute von ihr erzählt hat. Natürlich kommt sie Madame Bourdieu nicht gleich, die in der Rue Miromesnil ein so schön eingerichtetes Haus hat; aber dafür ist sie auch weniger teuer, und wenn einmal alles vorüber ist, so kommt es auf eins heraus… Bei Madame Rouche geht alles sehr schnell, abgesehen davon, daß sie sich der Sache mit großem Eifer annimmt.«
    Sie verstummte plötzlich, als sie die Augen Mathieus auf sich gerichtet sah. Was sagte sie denn, daß dieser Herr sie so betrachtete? Sie geriet in Verwirrung, ließ einen verstohlenen und unruhigen Blick an sich herabgleiten. Selbst im sechsten Monat der Schwangerschaft schnürte sie sich zum Ersticken, um ihren Platz nicht zu verlieren. Schon einmal, bald nach ihrer Ankunft in Paris, hatte sie sich vergessen, sich von dem Sohne des Hauses, wo sie diente, verführen lassen, um dann von Madame Rouche, deren Spezialität dies war, von einem toten Kinde entbunden zu werden. Dieses Mal war ein Lieferant des Hauses der Vater des Kindes; aber sie wollte nichts davon wissen, wütend, daß sie wieder in die Patsche geraten war, sie, die nun schon Gewitzigte, die sich so viel vom Vergnügen ohne Folgen versprochen hatte. Und sie zeigte sich nur so wohlgemut, pries nur deshalb Madame Rouche so hoch, weil sie entschlossen war, sich von dieser wieder von einem toten Kinde entbinden zu lassen. Sie steuerte bereits auf die Bitte um einen einmonatigen Urlaub los, indem sie von ihrer armen Mutter sprach, die in Rougemont so schwer krank liege, und die sie so gerne noch einmal sehen möchte, um ihr die Augen zuzudrücken.
    »Oh,« setzte sie hinzu, indem sie eine naive Miene annahm, »ich sage natürlich nur wieder, was man mir gesagt hat. Ich weiß selber nichts Sicheres darüber.«
    Dieses derbe Mädchen mit dem großen Kopfe und dem herausfordernden Aussehen flößte Mathieu entschieden kein Vertrauen ein, der sie merkwürdig unterrichtet in bezug auf Hebammen fand. Er fuhr fort, sie mit einem Lächeln zu betrachten, in welchem sie deutlich las, was dieser Herr von ihr dachte.
    »Aber,« fragte Marianne, »warum behält die Frau, von der Sie sprechen, nicht ihr Kind?«
    Die Couteau warf einen schiefen, finsteren Blick aus ihren schwarzen Augen auf diese schwangere Dame, die, wenn sie selber schon nichts dergleichen tat, doch andre nicht hindern sollte, das Geschäft zu fördern.
    »Das ist unmöglich!« rief Céleste, glücklich über die Ablenkung. »Wie soll Madame Menoux ihr Kind bei sich in ihrem Laden behalten können, der nicht größer ist als meine Tasche? Hinter dem Laden hat sie nur ein kleines Zimmerchen, wo sie essen und schlafen; und auch dieses geht nur auf einen engen Hof ohne Licht und Luft; das Kind würde da keine Woche leben. Dann hätte sie gar nicht die Zeit, sich damit zu befassen, da sie den ganzen Tag hinter ihrem Verkaufspult steht, nie ein Dienstmädchen gehabt hat, und obendrein noch das Essen für die Stunde bereiten muß, wo ihr Mann vom Museum nach Hause kommt. Ja, wenn sie könnte, wäre sie nur zu glücklich, ihr Kind behalten zu

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