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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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können. Sie lieben einander so, sie sind so glücklich, diese Eheleute!«
    »Es ist wahr,« sagte Marianne traurig. »Es gibt arme Mütter, die ich aus ganzem Herzen bemitleide. Diese da leidet keine Not, und doch, zu welch grausamer Trennung ist sie gezwungen! Ich könnte es nicht überleben, wenn man mir mein Kind so in ein unbekanntes Land entführte um es einer andern Frau zu geben.«
    Die Couteau sah darin offenbar einen persönlichen Angriff. Sie nahm die Miene der gutherzigen, gegen Kinder zärtlichen Frau an, womit sie die zögernden Mütter zu ködern pflegte.
    »Oh, Rougemont ist ein sehr hübscher Ort. Und dann ist es nicht weit von Bayeux, wir leben da nicht ganz in der Wildnis. Die Luft ist dort so gesund, daß Leute dahin kommen, um zu genesen. Und was die Kleinen betrifft, die man uns anvertraut, so werden sie sehr gut gepflegt, das kann ich Ihnen versichern! Man müßte doch kein Herz haben, um sie nicht zu lieben, die kleinen Engel!«
    Aber sie verstummte, als sie bemerkte, in welcher Art Mathieu, immer noch schweigend, nun sie ansah. Vielleicht fühlte sie, die unter ihrer bäuerischen Schale sehr raffiniert war, daß ihre Stimme einen falschen Klang hatte. Wozu übrigens ihre herkömmliche Lobpreisung ihres Heimatsortes, da diese Dame ja nichts andres wollte als einfach eine Amme nach der Stadt? Sie sagte also neuerdings: »Also, Madame, Sie können sich darauf verlassen, ich bringe Ihnen die beste, die ich habe, eine wahre Perle!«
    Valentine, deren Gedanken bei der glücklichen Niederkunft dieser Madame Menoux verweilt zu haben schienen, ein wenig beruhigt durch das, was sie als glückliche Vorbedeutung für sich selbst ansah, fand die Kraft, ihren Willen zu betätigen.
    »Nein, nein, ich will mich nicht im vorhinein binden. Ich werde die Ammen prüfen lassen, die Sie dem Bureau senden, und ich werde sehen, ob ich darunter das finde, was ich wünsche.«
    Ohne sich sodann weiter um die Frau zu kümmern, die sie mit einer Handbewegung verabschiedete, nahm sie ihr Gespräch mit Marianne wieder auf.
    »Sie werden auch dieses Kind selbst stillen?« »Gewiß, so wie die andern. Sie wissen, daß wir, mein Mann und ich, hierüber unsre eignen Ansichten haben. Es würde uns nicht mehr das unsre scheinen, wenn wir es einer Amme überließen, es vollends lebensfähig zu machen.« »Freilich, ich verstehe Sie. Ach ja, wenn ich könnte! Aber ich kann nicht, es ist unmöglich!«
    Die Couteau war unbeweglich stehengeblieben, geärgert über den fruchtlosen Weg, den sie gemacht hatte, den Entgang des Geschenkes bedauernd, welches man ihr für ihre Dienste gegeben hätte. Sie legte ihren ganzen Groll in den schiefen Blick, den sie abermals auf diese schwangere Dame schoß, welche selber stillte: Saubere Leute, die da, das sah man wohl, Habenichtse, die nicht einmal so viel besaßen, um sich eine Amme gönnen zu können. Auf einen Blick, den ihr Céleste zuwarf, grüßte sie jedoch unterwürfig und verschwand mit der Zofe.
    Fast unmittelbar darauf trat Séguin ein, sehr elegant wie immer, von draußen den Duft der Freuden mitbringend, die er in seinem Hause nicht mehr fand.
    »Ich bitte um Verzeihung, ich glaube, ich habe auf mich warten lassen. Ich hatte so viel zu besorgen, Besuche zu machen, die sich nicht aufschieben ließen. Madame, Sie sehen blühend aus. Erfreut, Ihnen die Hand drücken zu können, mein lieber Monsieur Froment.«
    Er vergaß seine Frau, die er seit vorgestern nicht aufgesucht hatte. Erst nach einigen Sekunden bemerkte er den vorwurfsvollen Blick, mit dem sie ihn verfolgte, und näherte sich ihr. Er beugte sich über sie und berührte ihre Haare mit den Lippen.
    »Hast du gut geschlafen?« »Ja, sehr gut, ich danke dir.«
    Sie war auf dem Punkte, wieder in Weinen auszubrechen, in eine jener nervösen Verzweiflungskrisen zu verfallen, deren sie sich nicht erwehren konnte. Aber es gelang ihr, sich vor den Gästen zu beherrschen. Der Haushofmeister kündigte übrigens in diesem Augenblicke an, daß »für Madame aufgetragen sei«.
    Mit kleinen Schritten, sich auf den Arm Mariannens stützend, erreichte Valentine den Tisch, der in einer Ecke des großen Arbeitszimmers gedeckt war, dessen mächtige Spiegelscheibe die Mitte der Fassade in der Avenue d’Antin einnahm. Sie hatte sich mit schmerzlichem Lächeln bei Mathieu entschuldigt, daß sie seinen Arm nicht nehmen könne, und die beiden Herren gebeten, vorauszugehen und sie und Marianne sich nach ihrem Gefallen einrichten zu lassen. Der Tisch

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