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Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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auf. „Was ich dir jetzt sage, ist überaus wichtig. Du darfst es unter gar keinen Umständen vergessen. Solltest du das Chaos erreichen, bevor wir wieder zueinander finden, darfst du keine Zeit verlieren. Sie arbeitet längst schon gegen dich, denn Keylam hast du bereits vergessen und du weißt, was das bedeutet.“
    Doch ehe Arrow ihm darauf eine Antwort geben konnte, war auch er schon wieder verschwunden.
    Keylam ... Ob er es wohl war, nach dem sie im Chaos suchte?
    „Ich gebe dir Sleipnir“, sagte Frau Gaude, die abermals ganz unverhofft zusammen mit dem grusligen achtbeinigen Pferd auftauchte.
    In einem Anflug von Panik schwang sie sich auf das Götterross und gab ihm so heftig die Sporen, dass es regelrecht zu fliegen schien. „Du hast das Tor geöffnet“, flüsterten unzählige Stimmen durcheinander. Es war eine jener düsteren Begebenheiten, die Arrows schlimmsten Albträumen entsprangen. Sie wusste es, denn das besagte Tor spiegelte sich deutlich in ihren Erinnerungen wider. Wie von Zauberhand öffnete es sich, und obwohl Arrow mit aller Kraft an Sleipnirs Zügeln zog, konnte sie ihn nicht daran hindern, es zu durchqueren. Dieses Mal wartete auf der anderen Seite tatsächlich ihre alte Heimat, Elm Tree, doch sie wurde längst nicht so harmlos empfangen wie bei ihrem letzten Besuch. „Hexe! Teufel! Dämon!“, fluchten die Dorfbewohner bei ihrem Anblick. Sogar die ansonsten so freundlichen Blicke der alten Mrs. Burton waren einem unbeschreiblich grimmigen Gesichtsausdruck gewichen. Kein Einziger hatte Erbarmen mit ihr. Doch so erschreckend es im ersten Moment auch war, so schnell verflog ihr Gefühl, schnellstmöglich die Flucht ergreifen zu wollen, auch wieder. Denn ihre Freunde Linda, Lizzy, Robert und Adam standen als Teenager vor ihr und beschimpften sie, was im Grunde gar nicht sein konnte, denn sie alle waren längst erwachsen. Arrow wusste, dass ihre Freunde sie nie derart behandelt hätten. Sie alle hatten immer geahnt, dass sie anders war, und dieses Geheimnis stets gewahrt. Bei ihrer letzten Rückkehr nach Elm Tree hätten sie es vielleicht nicht mehr getan. Dies war jedoch ausschließlich dem Umstand geschuldet, dass ihnen jede Erinnerung an ihre andersartige Freundin genau in dem Moment genommen worden war, als Arrow die Menschenwelt im Alter von sechzehn Jahren verlassen hatte. Laut Anne war es damals eine notwendige Maßnahme, um Arrow beschützen zu können. Ihre Feinde waren ihr auf die Schliche gekommen. Niemand hatte Auskünfte über ihren Aufenthaltsort preisgeben dürfen und das funktionierte am besten, wenn sich niemand mehr an sie erinnerte. Stattdessen hatten ihre Freunde falsche Erinnerungen an die eigene Kindheit bekommen – Erinnerungen, in denen Arrow nicht existierte. Außerdem war die Tatsache, dass sie in diesem Moment als Kinder vor Arrow standen, der eindeutige Beweis, dass sie einem Hirngespinst entsprungen waren. Arrow sah ihre Freunde genau so vor sich wie zu dem Zeitpunkt, als sie sie damals verlassen hatte. Das Bild von Lizzy als verbitterte alte Frau hatte sie aus ihrem Gedächtnis verbannt. Und obgleich sie genau wusste, wie Adam inzwischen als Erwachsener aussah, und sie ihn noch immer zu ihren engsten Freunden zählte, vergaß sie manchmal, dass es sich bei ihm und dem jungen Adam aus Elm Tree um ein und dieselbe Person handelte. Den bisher schwierigsten Abschnitt seines Lebens hatte sie seinerzeit nicht miterlebt. Damals hatte er das für ihn so typische Leuchten in den Augen verloren gehabt. Er war nicht mehr so unbeschwert und sorglos wie in seinen Kindertagen, sondern eher melancholisch und in vielen Bereichen seines Lebens sehr ängstlich. Harold hatte oft vermocht, Adams Niedergeschlagenheit ein wenig auszugleichen. Doch wie sollte es jetzt mit ihm weitergehen? Harold würde die Unterwelt nicht mehr verlassen, ganz gleich, ob er die Möglichkeit dazu hätte oder nicht.
    Über die vielen Gedanken verstummten die Stimmen der Dorfbewohner zunehmend. Sie griffen Arrow auch nicht an, sondern standen einfach nur da und verfluchten sie. Aber wie hieß es immer so schön? – Hunde, die bellen, beißen nicht. Es war also nicht besonders schwer, sie alle zu ignorieren. Was Arrow allerdings nicht mehr so kalt ließ, war das bedauernswerte Abbild Acedias, das völlig unverhofft vor ihr erschien.
    Sie wirkte ebenso verkümmert, wie schon im Granitturm. Das Einzige, was diese von der echten, personifizierten Todsünde unterschied, war der selbstbewusste, anklagende

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