Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
Vom Netzwerk:
setzen?“, fragte Arrow zurückhaltend. Die Kleine antwortete nicht, sondern verharrte weiterhin ganz starr in ihrer Position.
    „Was ist das für ein Brot?“, fragte das Mädchen.
    Arrow schaute nach. „Sieht aus wie ein Käsebrot“, antwortete sie. „Möchtest du auch eines?“
    „Nein, ich kann nichts essen“, erwiderte das Mädchen und schlug bedauernd die Augen nieder.
    Arrow runzelte die Stirn. „Dann bist du wohl schon satt?“
    „Nein, ich war niemals satt, glaube ich jedenfalls. Auf jeden Fall habe ich jetzt keine Gelegenheit mehr dazu, dieses Gefühl erfahren zu dürfen.“
    Nicht wissend, worauf die Kleine hinauswollte, musterte Arrow sie nachdenklich.
    „Das ist Emily Jane“, unterbrach Frau Gaude ihre Grübeleien.
    Arrow erstarrte. Bedauernd schaute sie das Mädchen an, so als müsse sie ihr einen Teil der Last abnehmen, die auf ihren schmalen Schultern ruhte.
    So oft schon hatte Arrow an die Kleine denken müssen. Ihre herzzerreißenden Schreie, während sie mit der Wilden Jagd über das Land zog, würde sie nie vergessen können. Und nun stand das Mädchen plötzlich vor ihr. Aber dieses Mal klagte sie ihr Leid nicht.
    Als Arrow sich innerlich wieder gefasst hatte, lächelte sie Emily an. „Es freut mich sehr, deine Bekanntschaft zu machen. Mein Name ist Arrow.“
    Emily schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln. „Du hast ein schönes Pferd“, sagte sie. Ihre Blicke glitten zu Whisper, der sich nur wenige Meter entfernt ausruhte, um neue Kraft für den Rest der Reise zu schöpfen.
    „Ja, das ist er“, erwiderte Arrow lächelnd.
    Frau Gaude beugte sich zu Emily und strich ihr liebevoll über den Kopf. „Kind, möchtest du nicht wieder zu den Anderen gehen? Du weißt doch, wie gern sie deinen Liedern lauschen.“
    Und ohne weitere Worte lief Emily davon und verschwand in der rabenschwarzen Nacht.
    „Ist es wirklich so?“, fragte Arrow Frau Gaude. „Muss sie noch immer den Hunger erleiden, den sie zum Zeitpunkt ihres Todes gespürt hat?“
    Mitfühlend schaute Frau Gaude ihr hinterher. „Sie erleiden die Erinnerung an ihre Qualen. Wirklichen Hunger spürt keiner von ihnen, auch keine Kälte. Doch sie vergessen diese Gefühle nicht, und das macht sie unglücklich.“
    Ein trauriger Ausdruck schlich über Arrows Gesicht. Die kleine Emily Jane war noch jünger und liebenswerter, als Arrow es sich vorgestellt hatte. „Es ist nicht fair, dass so ein unschuldiges Mädchen die Verdammnis erleiden muss“, murmelte sie in die Nacht.
    „Nein, das ist es nicht“, erwiderte Frau Gaude niedergeschlagen und ließ Arrow mit ihren Gedanken wieder allein.

    Bevor der Morgen graute, ließen die Dämonen der Wilden Jagd Arrow in einem urigen Wald zurück. Wander- oder Reisewege waren nirgends zu erkennen und überall, wo der Boden nicht vom Schnee bedeckt war, wucherte Moos bis hoch auf die Baumstämme. Sonnenstrahlen funkelten geheimnisvoll durch die Zweige und spielten dabei eine Melodie wie die Klänge eines Windspiels.
    Die Bäume erschienen Arrow beinah so hoch wie im Mammutwald, doch dieser Wald war eindeutig unberührter. Es wirkte, als hätten die Bäume ihr eigenes Territorium erobert und sich darin ihre eigene Welt erschaffen.
    Zwischen den Bäumen sah der Boden ziemlich holprig aus. Reitend würde Arrow noch langsamer vorankommen als zu Fuß. Doch nicht nur das hielt sie davon ab, wieder auf Whisper zu steigen. Irgendwie erschien es ihr auch respektlos.
    Ohne ihren Blick von der scheinbar verzauberten Umgebung zu nehmen, holte sie ihr Medaillon unter den Kleidern hervor und nahm Whisper die Satteltasche ab. Dann öffnete sie ihr Schmuckstück und bedeutete ihm, darin zu verschwinden. Ohne sich lange bitten zu lassen, verwandelte sich der gewaltige Rappe in das funkelnde Leuchten, als welches Arrow ihren Perseiden einst kennen gelernt hatte, und verschwand in dem Medaillon. Anschließend ließ sie es wieder unter ihren Kleidern verschwinden.
    Plötzlich hielt sie inne. Ein schwaches Flüstern umgab sie, doch es war eine Sprache, derer sie nicht mächtig war. Und nicht nur das – es mussten unzählige Stimmen sein, die da miteinander murmelten. Es kam Arrow so vor, als würden sich unzählige Geister in den Baumkronen aufhalten und miteinander reden.
    Arrow behagte die Sache nicht. Sie fühlte sich plötzlich von allen Seiten beobachtet, und obwohl sie ganz deutlich die Präsenz von etwas spüren konnte, blieb diese für ihre Augen unsichtbar. Einen Moment lang glaubte sie, dass sie von den

Weitere Kostenlose Bücher