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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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überrascht, Holly hier zu sehen. Es war sieben vorüber, sie erneuerte ihr Lippenrot und putzte ihre äußere Erscheinung von dem, was sie als korrekt für eine Bibliothek angesehen, zu dem auf, was sie durch Hinzufügung von ein bißchen Schal, einem Paar Ohrringen als passend für das «Colony» erachtete. Nachdem sie gegangen war, wanderte ich zu ihrem Tisch hinüber, wo die Bücher liegengeblieben waren; sie waren genau das, was ich hatte sehen wollen. Im Flugzeug über dem Süden. Abseits in Brasilien. Politisches Denken in Südamerika. Und so weiter.
    Am Weihnachtsabend gaben sie und Mag eine Party. Holly bat mich, früher zu kommen und beim Baumputzen zu helfen. Ich weiß noch immer nicht genau, wie sie diesen Baum in ihre Wohnung hineinmanövriert hatten. Die obersten Zweige waren gegen die Decke gepreßt, die unteren streckten sich von einer Wand zur andern; alles in allem war er dem Adventsmonstrum aus dem Rockefeller Plaza nicht unähnlich.
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    Darüber hinaus hätte es zudem einen Rockefeller gebraucht, um ihn zu schmücken, denn er saugte Kugeln und Lametta ein wie geschmolzenen Schnee. Holly schlug vor, zu Woolworth laufen und ein paar Ballons stehlen zu wollen, tat es, und diese machten aus dem Baum ein verhältnismäßig anständiges Ausstellungsstück. Wir stießen auf unser Werk an, und Holly sagte: «Schauen Sie ins Schlafzimmer. Da ist ein Geschenk für Sie.»
    Ich hatte auch etwas für sie - ein kleines Päckchen in der Tasche, das sich nun sogar noch kleiner anfühlte, als ich, groß und breit auf dem Bett und mit rotem Band umwunden, den prächtigen Vogelkäfig sah.
    «Aber Holly! Das ist ja fürchterlich !»
    «Ehrlicher könnte ich nicht zustimmen, aber ich dachte, Sie wünschten es sich.»
    «Das Geld! Dreihundertfünfzig Dollar!»
    Sie zuckte die Achseln. «Ein paarmal öfter pudern gehen. Nur versprechen Sie mir eins: Versprechen Sie, nie etwas Lebendiges hineinzusetzen.»
    Ich machte Miene, sie zu küssen, doch sie hielt mir die Hand entgegen. «Her damit», sagte sie, indem sie auf die ausgebauchte Stelle an meiner Tasche tippte.
    «Leider ist es nicht viel», und das war es auch nicht. - Eine Christophorus-Medaille. Aber wenigstens kam sie von Tiffany.
    Holly war nicht das Mädchen, das etwas behalten konnte, und sicherlich hat sie unterdes die Medaille verloren, ließ sie in einem Koffer oder einem Hotelzimmerschubfach liegen. Aber den Vogelkäfig besitze ich noch. Ich habe ihn mit mir herumgeschleppt nach New Orleans, Nantucket, durch ganz Europa, Marokko, Westindien. Dennoch erinnere ich mich nur selten daran, daß es Holly war, die ihn mir geschenkt hat, weil ich an einem bestimmten Punkt vorzog, es zu vergessen - wir hatten eine mächtige Auseinandersetzung, und zu den Objekten, die im Zentrum unseres Hurrikans herumwirbelten, gehörten der Vogelkäfig und O. J. Berman und meine Geschichte, von der ich Holly ein Exemplar gegeben hatte, als sie in der Universitätszeitschrift erschien.
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    Irgendwann im Februar war Holly auf Winterurlaub gegangen mit Rusty, Mag und Jose Ybarra-Jaeger. Unser Wortwechsel ereignete sich kurz nach ihrer Rückkehr. Sie war braun wie Jod, ihr Haar zu geisterhafter Farbe sonnengebleicht, sie hatte eine herrliche Zeit verlebt: «Also zuerst waren wir in Key West, und Rusty kriegte eine Wut auf ein paar Matrosen oder umgekehrt, jedenfalls wird er für den Rest seines Lebens eine Rückgratstütze tragen müssen. Die liebste Mag endete ebenfalls im Hospital. Hochgradiger Sonnenbrand. Abscheulich - lauter Blasen und Citronellaschmiere. Wir konnten den Geruch von ihr nicht mehr ertragen. Daher ließen wir die beiden im Krankenhaus und gingen nach Havanna. Er sagte, ich soll warten, bis ich Rio gesehen hätte, aber was mich betrifft, setze ich glatt schon heute auf Havanna. Wir hatten einen unwiderstehlichen Führer, in der Hauptsache Neger und der Rest Chinese, und obgleich ich weder auf die einen noch die andern sonderlich fliege, war die Kombination allerhand eindrucksvoll - also ließ ich ihn mit den Knien so unterm Tisch, weil ich ihn, offen gesagt, keineswegs alltäglich fand; dann aber nahm er uns eines Abends in einen Sensationsfilm mit, und was denken Sie? Da war er auf der Leinwand. Als wir zurück nach Key West kamen, war Mag selbstverständlich fest überzeugt, daß ich die ganze Zeit mit Jose im Bett gewesen wäre. Rusty nicht minder - aber ihm macht das nichts aus, der möchte dann nur die Einzelheiten hören. Tatsächlich war die Lage

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