Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
den Gewässern vor Alaska war schon öfter Öl ausgelaufen, ehe die Exxon Valdez auseinanderbrach. Nicht so viel natürlich, aber es hätte eine deutliche Warnung sein können, dass das System nicht funktionierte. Bei den Wasserproben, die BP-Alyeska nahm, hätte man Spuren ausgelaufenen Öls aufspüren müssen. Lenora trieb Erlene Blake auf, Technikerin im Testlabor von Alyeska. Erlene erzählte uns, dass
man bei Alyeska immer einen Eimer ölfreien Meerwassers im Labor hatte. Falls Kohlenwasserstoffe in den Gewässern des Sunds gefunden wurden, lautete die Anweisung, sie durch den Abfluss zu entsorgen und die Probenfläschchen mit dem Wasser aus dem Eimer zu befüllen, der nur das »Wunderfass« genannt wurde.
Was noch?
Der Valdez-Vertrag mit den Chugach erlegte dem Konzern eine weitere Verpflichtung auf:
»ES SEI ZUDEM BESCHLOSSEN, dass sich die Ölunternehmen für den Schutz der Fischgründe, der Tierwelt und der Zugvögel jederzeit der neuesten Chemikalien und sonstigen Methoden gegen eine Verschmutzung bedienen.«
Gesetzlich war das sowieso vorgeschrieben, daher willigten die Ölleute ein. Ihr wollt Ausrüstung? Hey, wir haben sie! Der wichtigste Bestandteil dieser Ausrüstung waren die modernen Spezialschiffe für die Ölpestbekämpfung, die mit den besten und neuesten Vikoma Ocean Packs beladen waren, kilometerweise Ölsperren aus Gummi, mit denen die Ausbreitung des Ölteppichs verhindert wird, sowie Skimmern, mit denen das Öl in den Gummisperren abgeschöpft wird.
Im Mai 1977, als die ersten Tanker in Valdez ausliefen, beruhigten die Chefs des Öl-Konsortiums die besorgten Umweltvertreter des Bundesstaates Alaska, indem sie den Einsatz zweier dieser Spezialschiffe versprachen, dessen eines
»… in der Nähe von Bligh Island stationiert wird, das gleichzeitig als Station für die Besatzung der Geleitschiffe dienen könnte«.
Mit diesen Spezialschiffen an »strategischen Punkten entlang der Küste«, versicherte man dem Bundesstaat, könnte man im Fall einer Ölpest auch große Ölmengen aufnehmen. Der BP/Alyeska-Plan sah zugegebenermaßen ziemlich gut aus. Auf dem Papier. Aber mit ein paar Blättern Papier kann man nicht viel Öl aufsaugen.
Die Exxon Valdez verunglückte genau dort, bei Bligh Island.
Überlegen wir mal. Erstens: Wenn sie auf der Insel eine Station für die Besatzung der Geleitschiffe errichtet hätten, dann hätte der Tanker niemals direkt in die Insel donnern dürfen. Selbst ein sturzbetrunkener Steuermann hätte es gemerkt, wenn ein Supertanker direkt auf seine Küche zugefahren wäre, und das Schiff rechtzeitig gewarnt. Wäre die Ausrüstung vor Ort gewesen, so würde sich heute niemand mehr an die Exxon Valdez erinnern. Die Gummisperren, die Skimmer und die Pumpen wären innerhalb von Minuten einsatzbereit gewesen und nicht erst Tage später, wie geschehen. Es wäre so ähnlich gewesen, wie wenn gegenüber der Feuerwache ein Brand ausbricht.
Wo also waren die wunderbaren Spezialschiffe? Eins von den beiden gab es schlichtweg gar nicht. Das andere lag wegen Reparaturarbeiten im Trockendock von Valdez, während die Ausrüstung in Lagerhallen untergebracht oder im Eis eingeschlossen war (wir befinden uns in Alaska).
Man könnte sagen, es war Idiotie, dass die Schiffe nicht da waren. Aber Dummheit ist noch kein Betrug. Absichtliche Flunkerei schon.
Um den Vorwurf der organisierten Kriminalität zu erhärten, ließ ich
Lenora staatliche Akten nach etwas durchforsten, das nicht da war. Sie sollte nach dem Hund suchen, »der nicht bellte«. Und sie bestätigte: Es gab keinerlei schriftliche Benachrichtigung über mangelnde Bereitschaft nach Vorschrift 18 AAC 75.340 und 75.350.
Die scheußlichen kleinen Vorschriften mit den langen Zeichenketten aus Zahlen und Punkten sind uns von Natur aus verhasst. Aber wir haben diese Regeln, weil man der Macht der Konzerne nur trauen kann, wenn man sie mit rotem Klebeband festgezurrt hat. Leider ging das Gesetz davon aus, dass Ölkonzerne, ehrlich wie Nonnen, zugeben, wenn ihre Ausrüstung nicht einsatzbereit ist, und freiwillig eine Benachrichtigung über mangelnde Bereitschaft ausfüllen, um anschließend das gesamte Pipeline-System stillzulegen.
Wenn die Spezialschiffe für die Bekämpfung einer Ölpest außer Betrieb sind, verlässt kein Tanker Valdez – »mangelnde Bereitschaft«. Das fordern der gesunde Menschenverstand — und das Gesetz. Aber das ist teuer. Ein Öltanker fasst Rohöl für 50 Millionen Dollar. Wenn zehn Schiffe
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