Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
Noch nie bin ich in meinem Mittagessen spazieren gegangen. Das Ding ist wirklich beeindruckend. Und am beeindruckendsten ist der Geruch. Aber ich weiß ja auch nicht, wie ich von innen rieche.
Akootchook hatte uns mit dem Skiff zu dem Haufen aus Knochen und Walspeck gebracht. Unter den Deckenbalken aus Rippen verkabelte
ich Etok für das offizielle Kamerainterview, das im Skelett stattfinden sollte.
Ich hatte Angst, dass Etok, sobald die Kamera lief, zum Angsthasen mutieren würde, zum Schwächling, der höflich auch für den National Geographic geeignet wäre.
Ich eröffnete das Interview mit einer, wie ich glaubte, vernünftigen Frage. »Etok, Sir, Sie behaupten, die Ölförderung hier bedrohe den Lebensstil Ihrer Sippe. Aber wie es scheint, besteht Ihr Lebensstil im Wesentlichen darin, bedrohte Arten zu töten und zu essen. Warum sollten Verbraucher in den USA und Großbritannien das unterstützen?«
»HÖR MAL ZU, DU SCHWANZLUTSCHENDER REDNECK, MIR IST ES SCHEISSEGAL, WAS DU VON UNSEREM LEBEN HÄLTST.«
Wow! Niemand hatte mich bisher »Redneck« genannt.
Ich versuchte es anders.
»Sir, Sie behaupten, dass den Ureinwohnern der Grund und Boden hier gehört. Ich habe Gouverneur Hickel darauf angesprochen, und er hat gesagt: ›Nur, weil ihr Großonkel einen Elch durch die Wildnis gejagt hat, heißt das noch lange nicht …‹«
»MIR IST ES SCHEISSEGAL, WAS DU UND DIESER SCHWANZLUTSCHER HICKEL VON MEINEN ONKELN HALTET UND WER DAS LAND DIESEN SCHWANZLUTSCHERN VON BP GEGEBEN HAT. ES GEHÖRT NICHT EUCH. ES IST NICHT EUER SCHEISS-BRITISCHES PETROLEUM. SCHWANZLUTSCHER.«
Regisseur James hatte den Kopf zwischen den Knien hängen. Wir hatten eine lange, kostspielige Reise unternommen, nur um einen völlig nutzlosen Film zu drehen. Ich fragte Etok, ob er die letzte Antwort mit ein paar weniger Schwanzlutschern wiederholen könne.
»Hickel sagte«, begann ich noch einmal, »nur weil Ihr Daddy…«
»UND MIR IST ES SCHEISSEGAL, WAS DU UND DAS ARSCHLOCH HICKEL UND IHR WEISSEN MÖRDERARSCHLÖCHER GLAUBT. DAS HIER HAT EUCH NIE GEHÖRT.«
Ricks Hände froren bereits an der Linse fest. Es würde eine Menge Haut daran kleben bleiben, aber er beschwerte sich nicht. Die Sonne verfärbte sich über dem Eis rotorange, und der Walgestank wurde immer schlimmer.
British Petroleum und Royal Dutch Shell hatten dem US-Innenministerium die Lizenz für das Öl unter den Walknochen bereits abgekauft. Wie wollte Etok dieses Problem umschiffen?
»WER ZUM TEUFEL IST DAS US-INNENMINISTERIUM? IHR HABT UNS NIE EROBERT, SCHWANZLUTSCHER.«
Oh doch, haben wir – vor Gericht. Etoks Onkel verklagte das Innenministerium im Jahr 1969. Er erhob Anspruch auf die Minerale in den Gewässern der Inupiat. Doch die US-Regierung wedelte mit der Quittung, die sie vom russischen Zaren für ganz Alaska erhalten hatte. Der Richter schmetterte die Klage der Ureinwohner ab. Etoks Onkel blockierte sodann mit einem Trupp Eskimos den Trans-Alaska-Highway, der für den Bau der Pipeline benutzt wurde. Die Lastwagen fuhren einfach um die Straßensperre herum.
Das Blut auf den Walknochen wurde mit nachlassendem Licht immer dunkler. Etok erläuterte die Beziehung zwischen Ihrer Majestät auf der einen und Alaska und British Petroleum auf der anderen Seite. Er merkte an, dass die Königin von England den Gouverneur von Alaska zum Ritter geschlagen hatte, »diesen Schwanzlutscher [Tony] Knowles«, nachdem der Gouverneur es zugelassen hatte, dass sich BP die Hälfte des Ölfelds an der Prudhoe Bay unter den Nagel riss.
Ricardo, der filmend durch den Walspeck stiefelte (in dem ich ausrutschte), warf mir einen fragenden Blick zu – alles in Ordnung? Tja, wenn der Selbstmord unseres Regisseurs in Ordnung war, dann ja. Wir stiegen wieder in Akootchooks Boot.
In Alaska hat sich immer alles um Energierohstoffe gedreht. Walöl, dann Kohle, dann Rohöl. Abraham Lincolns fieser kleiner Außenminister Seward war kein Esel, als er »Sewards Eselei« erwarb. Er wusste, dass Alaska pures Gold wert war. Auf der großen Rundroute in den Orient würden die Kriegs-und Handelsschiffe der USA Proviant laden und in der Arktischen Nacht ihre Walöllampen auffüllen, später Kohle und dann Rohöl für die Motoren der Schlachtkreuzer laden müssen.
Die Nachfrage der Weißen nach Walöl dauerte bis weit über Herman
Melvilles Tod hinaus an. Die Getriebe der ersten Automobile wurden mit Walöl geschmiert. Eine Flüssigkeit, die aus dem Gehirn und der Stirn von Pottwalen gewonnen
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