Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
versuchte, die russischen Ureinwohner am Beitritt zu hindern, gab Etok ihm 25 000 Dollar in bar. Offenbar spricht Etok Russisch.
Akootchook bot uns alkoholfreies Bier an und bat Mrs. Akootchook in einem freundlichen, fast unhörbaren Inupiat, uns welches zu bringen. Er stellte sie als »Daisy« vor, wie ich annahm, der Name, den das Bureau of Indian Affairs ihr gegeben hatte. Etok nannte sie natürlich nicht »Daisy«, sondern »Mutti«. Mutti hatte die kleine, rundliche Gestalt der typischen Cartoon-Eskimo-Squaw. Unser Regisseur freute sich bestimmt riesig über das wiedererkennbare Stereotyp. (Vergib uns, Herr, dass wir es uns so leicht machen.)
Daisy zeigte mir stolz die Fundstücke, die sie am Strand eingesammelt hatte, Überreste der untergegangenen Häuser des alten Dorfes. Allerlei Abfall aus den zerstörten Schränken der versunkenen Häuser war angeschwemmt worden, zum Teil 100 oder auch 500 Jahre alt: Pfeilspitzen, Knochenarmbänder, Rentierglocken aus Messing.
Rentiere? Wie die vom Weihnachtsmann? Ja, sagte Akootchook, eine Herde von 3000 Tieren streifte durch diese Gegend, bis sie wegen der Dynamit-Sprengungen für die seismische Erdölkartierung gezwungen war, sich den größeren und stärkeren Karibuherden anzuschließen. Die Karibubullen rammelten sämtliche Rentierkühe, und damit war es mit der exklusiven Blutlinie zu Ende – der einzige bekannte Fall, dass eine Säugetierart durch ein Zuviel an Kopulation ausgerottet wurde.
Die Wale ließen sich nicht so leicht mittels Unzucht ausrotten, doch ein bisschen Kohlenwasserstoff im Meer würde ihnen schon den Garaus machen. Wale schwimmen nicht lieber in Rohöl als wir und können sich auch nicht daran gewöhnen. Wenn die Wale die Gewässer verlassen, ist es mit Kaktovik und so gut wie jedem anderen Eskimodorf im North Slope aus und vorbei.
Im Vorjahr lief der Walfang schlecht. Die Bewohner von Kaktovik erlegten nur drei Tiere. Laut Etoks Vertrag mit der Walfangpolizei dürfen im North Slope 60 Wale im Jahr gefangen werden, doch in diesem Jahr kam man nicht einmal annähernd an diese Zahl heran. Trotzdem sind drei Wale für Kaktovik noch viel Tran, Fleisch und Blut.
Akootchook ist nervös. Für die Inupiat zählt die kulturelle Dimension des Walfangs nicht. Ihr Walfang dient der Nahrungsbeschaffung. Die Eskimos überleben wirklich nur, wenn sie Wale jagen können, ein paar Eisbären (nur solche, versichert mir der Häuptling, die eine problematische Einstellung haben), Robben, Elche und Rudolf, das Karibu mit der roten Nase. Sie wehren sich nicht gegen die Offshore-Bohrungen, um ihren Lebensstil zu bewahren, sondern um ihr Leben zu retten.
Wenn die Dreckschleudern der großen Ölkonzerne die Wale, Bären und Fische erst in die Flucht geschlagen haben, kann sich Etoks Volk nicht in der Arktis halten, zumindest nicht mit der Lebensweise der
Inupiat. Einige würden wohl bleiben, um die Dixi-Klos für die Bohrinselarbeiter zu putzen oder selbst auf der Bohrinsel zu arbeiten. Die meisten aber müssten ihre Heimat verlassen und nach Süden ziehen, um in wärmeren Gefilden Dixi-Klos zu putzen.
Die Eskimos drängt es durchaus nicht danach, sich die BP-Anzüge mit aufgestickten Ölfässchen anzuziehen, die ich in Baku gesehen habe, und auf der Ölplantage zu schuften. Sie wollen nicht als Lohnempfänger auf ihrem eigenen Land enden. Die Inupiat müssen nicht gezähmt werden.
Etoks Botschaft an die Queen, ihre BP-Bohrinseln einzupacken und abzuschieben, hat einen Preis. Da die Eskimos als Einzige Lizenzgebühren für das Öl erhalten, wird die Blockade der Ölförderung sie locker vom Hocker 1 Milliarde Dollar kosten, das macht pro Familie etwa 1 Million.
»Gut, Sie erzählen Ihrer Königlichen Hoheit vor der Kamera, was Sie von den BP-Plänen halten, aber nur, wenn ich einen Teller mikiaq bekomme«, erklärte ich Etok. Leider hatte Mutti gerade welchen zubereitet. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie einen großen Plastikeimer mit grünlichem, zähem Walfleisch hereinholen durfte. Die Brocken liegen in einem schleimigen Gelee und werden mit geronnenem Blut serviert. Das Blut ist überraschend süß (Vampire wissen schon, was gut ist), aber das Fleisch – vielleicht war es der bloße Gedanke an den Wal – brachte mich fast zu der schlimmsten Entgleisung, die sich ein Gast leisten kann: den Gastgeber vollzukotzen.
Im Leviathan
Sehen Sie nur, ich bin Jona! Mitten drin im Kadaver eines Tieres, das größer ist als die meisten New Yorker Wohnungen.
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