Frühstück im Bett
Frau, die ihn einst bewundert hatte, als könnte er den Mond und die Sterne vom Himmel herunterholen. Was er ihr vorgeworfen hatte, war die reine Wahrheit. Aber warum empfand er keine Erleichterung, nachdem er sich die Last endlich von seiner Seele gebrüllt hatte? Und wo blieb die alte Bitterkeit? Die brauchte er – seinen legitimen Zorn, denn er musste das zersplitterte Glas und die zerbrochene Ehe rechtfertigen.
Doch er hatte vierzehn Jahre zu lange gewartet, um ihr zu erklären, was er empfand. Langsam verebbte der Groll.
Unter dem weichen Stoff ihres elfenbeinweißen Kleids hoben
und senkten sich ihre Brüste. Alle seine Wünsche hatte sie erfüllt. Und statt das kostbare Geschenk zu hüten, warf er es vor ihre Füße.
»Tut mir so Leid«, wisperte sie. In ihrem Gesicht las er Mitleid und Verständnis – auch Kummer, aber nicht den überwältigenden Schmerz, den er selbst verspürte. »So schrecklich Leid.«
Da erkannte er, dass er alles vermasselt hatte. Wie konnte er das nur wieder gutmachen? Seine geheime Wut war das Fundament der Ehe gewesen, verantwortlich für Winnies pausenloses Bestreben, ihn zu erfreuen, für seine subtile Distanz, mit der er sie bestraft hatte. Jetzt ging der Zorn in Flammen auf, und er wollte beteuern, er würde sie lieben. Doch das würde sie nach seiner grausamen Anklage natürlich nicht glauben.
Seine Augen brannten. Keine Sekunde länger konnte er hier bleiben. Er hastete zur Tür, schob den Riegel zurück, und Winnie sagte kein einziges Wort, um ihn aufzuhalten.
Als Sugar Beth den hinteren Raum der Buchhandlung verließ, sah sie einen kleinen Jungen. Fasziniert starrte er das Mobile an, das sie vor ein paar Stunden aufgehängt hatte – einen Nachtigallenwald, die Reklame für das neueste Buch der »Häschen Daphne«-Serie. Etwa fünf Jahre alt, trug er Jeans und ein gestreiftes T-Shirt. Sein breitflächiges Gesicht wies auf das Down-Syndrom hin.
Er war der erste kleine Kunde, der sich an diesem Vormittag in die schwach beleuchtete, vernachlässigte Kinderabteilung wagte. »Klar, diesem Teil hätte ich genauso viel Aufmerksamkeit schenken müssen wie dem restlichen Laden«, hatte Jewel an diesem Morgen gestanden, um Sugar Beths Frage zu beantworten. »Aber es interessiert mich nicht, Kinderbücher zu verkaufen. Und ich verdiene auch nicht viel damit.«
»Kein Wunder, wenn du so wenig dafür tust.«
»Okay.« Jewel reckte ihre kleine Nase in die Luft. »Von jetzt an wirst du die Kinderbuchabteilung managen.«
»Hier gibt’s keine Kinderbuchabteilung.«
»Und lass dich bloß nicht von deinen anderen Pflichten ablenken.«
Sugar Beth grinste ihre zierliche Arbeitgeberin an. »Nun arbeite ich erst seit drei Tagen hier – und schon steige ich ins Management auf. Ich wusste ja, ich bin der neue Star von Gemima Books.«
Verächtlich schnaufte Jewel und trippelte davon.
Sugar Beth hatte die Versuchung bezwungen, Colin anzurufen und ihm die Neuigkeit zu erzählen. Von solchen Prahlereien hielt sie seit langem nichts mehr. Dass sie den Job in seinem Haushalt aufgegeben hatte, hinderte ihn allerdings nicht daran, sie anzurufen. Normalerweise nahm er Gordon zum Vorwand – er bestand darauf, gemeinsam mit ihr für den Hund zu sorgen. Oder er rief an, um eine Frage zu stellen. Erinnerte sie sich, ob sie das Atlantic Monthly -Abonnement erneuert hatte? Warum konnte er sein Tweedjackett nicht finden? Hatte sie’s in die Reinigung gebracht? Sie vermisste ihn schmerzlich.
Manchmal wünschte sie, er würde sie zum Dinner einladen. Aber er ließ sich Zeit, so ähnlich wie ein hungriger Wolf auf der Pirsch, der einen schwachen Moment seines Opfers abwartete, um es dann gnadenlos anzugreifen. Vielleicht würde seine Strategie zum Erfolg führen, denn an diesem Morgen wäre sie vor der Fahrt zur Buchhandlung beinahe nach Frenchman’s Bride geschossen und hätte sein Frühstück zubereitet.
Sie durfte nicht schon wieder in düsteren Grübeleien versinken. Deshalb lenkte sie ihre Aufmerksamkeit auf den kleinen Kunden. Sie war allein im Laden, und Jewel würde erwarten, dass sie sich um den Vater oder die Mutter des Jungen kümmerte. Das tat sie nicht. Stattdessen folgte sie der Richtung seines Blicks zu dem fantasievollen Mobile. »Gefallen dir die Daphne-Bücher?«
Da schenkte er ihr ein strahlendes Lächeln. »Ich mag Benny!
« , verkündete er und zeigte auf die Pappfigur eines Dachses mit Schutzbrille und Helm. »Benny mein Freund. Buch lesen!«
Sugar Beth erwiderte
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