Frühstück im Bett
führte ihre Mutter die schockierende Prozession an. »Oh, das ist so peinlich!«
»Und was ich besonders bedenklich finde, ich glaube, sie haben keinen Tropfen Alkohol getrunken.«
»Immer dachte ich, Mom wäre perfekt.«
»Dafür kann sie nichts, Schätzchen. In den Südstaaten werden alle Frauen mit Wahnsinnsgenen geboren.«
»Ich nicht!«
»Früher oder später wirst du machtlos vor deinem Erbe kapitulieren.«
In diesem Moment begann der automatische Rasensprenger zu sprühen, und die Frauen kreischten.
»Da kann ich nicht mehr hinschauen.«
Lächelnd drückte Ryan das Gesicht seiner Tochter an seine Brust. »Morgen tun wir so, als wäre es nur ein merkwürdiger Traum gewesen.«
Sugar schaltete ihren Wecker ab. An diesem Dienstagmorgen hatte sie Parrish verlassen wollen. Sie vergrub ihr Gesicht in Colins Kissen, atmete seinen vertrauten Geruch ein und hoffte, er würde nach Hause kommen, bevor sie das Bettzeug wechseln musste. Um ihre Verzweiflung zu verdrängen, erinnerte sie sich an den vergangenen Abend, an die Gorgonien. Und da musste sie lächeln. Welch ein kostbares Geschenk sie von Winnie erhalten hatte …
Nach einer Weile schleppte sie sich aus dem Bett – in letzter Zeit eine mühsame Aktion –, zog sich an und fuhr zur Buchhandlung.
»Und ich dachte, du würdest deine sieben Sachen packen«, sagte Jewel, als Sugar Beth ihr einen Blaubeerkrapfen gab, den sie eigentlich selber essen wollte, aber nicht hinunterbrachte.
»Gestern habe ich mich anders besonnen. Ich bleibe noch etwas länger in Parrish.«
Sofort erhellte sich Jewels fein geschnittenes Gesicht. »Wirklich und wahrhaftig?«
Sugar Beth nickte und schilderte die Ereignisse.
»Was? Colin ist abgereist? Einfach so?«
»Einfach so.« Jewels Zorn erwärmte Sugar Beths Herz.
»Und was wirst du jetzt machen?«
»Ich versuche ihn aufzuspüren.«
»Nach allem, was du mir erzählt hast, wird das eine Weile
dauern«, meinte Jewel mitfühlend. »Anscheinend will er nicht gefunden werden.«
»Heute werde ich seinen Verleger anrufen. Irgendjemand muss doch wissen, wo er steckt.«
»Lass dir eine glaubhaftere Story einfallen als das Oprah-Märchen, das du mir erzählt hast.«
»Klar.«
Nach dem zweiten Läuten meldete sich Colins Verleger. »Neil Kirkpatrick.«
»Lady Francis Posh-Wicket. Ich rufe aus London an.«
»Wer?«
»Ich leite die königliche Behörde des Hosenbandordens, und Ihre Majestät hat aufregende Neuigkeiten für einen Ihrer Autoren, Sir Colin Byrne. Ah, was für eine dumme Kuh ich bin! Noch heißt er nicht Sir Colin. Deshalb muss ich ihn unbedingt erreichen. Bedauerlicherweise meldet er sich nicht auf seinem verflixten Handy.«
»Tut mir Leid, ich weiß nicht, wo er ist.«
»Unsinn, Sir! Wollen Sie mir etwa einreden, Sie hätten einen Ihrer wichtigsten Autoren aus den Augen verloren?«
»Pardon?«
»Vielleicht wollen Sie Ihrer Majestät mitteilen, Sir Colin sei verschwunden – denn ich werde das auf keinen Fall wagen.«
»Wer genau spricht da eigentlich?«
»Also, ich muss darauf bestehen, dass Sie Sir Colin augenblicklich aufstöbern!«
»Wer Sie sind, weiß ich nicht. Jetzt muss ich wieder arbeiten.«
»Erst wenn Sie mir sagen, wo zum Teufel der Kerl steckt, verdammter Wichser!«
Nach einer langen Pause fragte Neil: »Sind Sie das, Sugar Beth?« Diesmal legte sie auf.
»Alle sind verrückt, jeder Einzelne«,
sagte Rupert im Brustton der Überzeugung.
Eskapaden, von Georgette Heyer
23
B lühende Azaleen und Hartriegelsträucher kündigten den April an. Nie war das nördliche Mississippi schöner gewesen. Trotzdem fühlte sich Sugar Beth elend. Wie in Trance verbrachte sie ihre Tage. Nur die Tatsache, dass keine Umzugsfirma eingetroffen war, um Colins Sachen abzuholen, tröstete sie ein wenig. Manchmal redete sie sich ein, er würde ihr nur eine Lektion erteilen und bald zurückkommen. Aber während eine Woche nach der anderen verstrich, glaubte sie allmählich, er hätte jedes seiner Worte ernst gemeint.
Zwei Wochen nach Colins Abreise stand Ryan vor der Tür, mit der Neuigkeit, der Vermisste habe endlich angerufen. »Er wohnt in einem gemieteten Haus. Wo, hat er nicht erwähnt. Er würde rund um die Uhr arbeiten, erklärte er. Um sein Buch fertig zu stellen.«
»Und ich? Hat er was über mich gesagt?«
Angelegentlich inspizierte Ryan seinen Autoschlüssel. »Tut mir Leid, Sugar Beth. Vorerst will er nicht mit dir reden. Vielleicht, wenn der Roman fertig ist. Und er lässt dich bitten,
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