Frühstück im Bett
welchen Zauber konnte ein 70-Jähriger auf dich ausüben ?«
»Oh, du würdest staunen. Er war ein bildhübscher Hurensohn und sah fünfzehn Jahre jünger aus – eine texanische Version von Anthony Hopkins, aber ohne diese beängstigenden Zähne …« Ihre Kehle wurde eng. »Niemals kannte ich einen charmanteren Mann. Er besaß echten Charme, von der Sorte, die einem unter die Haut geht – weil sie aus reiner Güte besteht. Und er war die Liebe meines Lebens.«
»Wie rührend.« Colins Stimme klang sarkastisch, das Lächeln wirkte mitfühlend. Diese Kombination wusste Sugar Beth zu schätzen. Er nahm den Speck aus der Pfanne. »Vor einiger Zeit hast du erwähnt, er sei ziemlich lange krank gewesen.«
»Etwa ein Jahr. Die letzten sechs Monate lag er im Koma.«
»Und er starb vor vier Monaten?«
Sie nickte und bezwang ihren Kummer. »Da sind wir jetzt – eine trauernde Witwe und ein einsamer Witwer, die ihre Verzweiflung bei einem gut gemeinten, aber schlecht zubereiteten Frühstück teilen. Zum Heulen, nicht wahr? Übrigens, nächste Woche werde ich dich ein bisschen nerven. Weil ich was Wichtiges zu tun habe.«
Er hatte den Teller mit dem Speck ergriffen. Doch jetzt stellte er ihn beiseite. »Für uns gibt’s keine nächste Woche, Sugar Beth«, erwiderte er – nicht mehr zynisch, sondern ernst und eindringlich.
»Oh doch!«, protestierte sie und sprang auf. »Noch habe ich das Gemälde nicht gefunden. Und du wirst mich nicht feuern. Ich brauche das Geld, obwohl’s ein Hungerlohn ist.«
Sofort kehrte die alte Arroganz in seine Augen zurück. »Diesen lausigen Job habe ich dir nur angeboten, um dich zu erniedrigen.«
»Diesem Ziel kommst du zunehmend näher. Noch ein paar Wochen, und du hast’s geschafft.« Statt zu antworten, hob er die Brauen, und Sugar Beth setzte sich wieder. »Bitte, Colin, sei kein Ekel.«
»Genau das will ich vermeiden. In dieser Stadt darfst du nicht bleiben. Ich habe dir einen Scheck ausgestellt, der dich eine Zeit lang über Wasser halten wird. Geh nach Houston zurück. Dort kannst du deinen Lebensunterhalt besser verdienen als hier.«
Für sich selbst zu sorgen, war ihr niemals schwer gefallen. Nur die Kosten für Delilahs Pflegeheim bereiteten ihr große Schwierigkeiten. »Ohne das Gemälde werde ich Parrish nicht verlassen.«
»Du weißt nicht einmal, ob es existiert. Und egal welchen Luxus du dir auch immer leisten willst, wenn du’s verkaufst, er wäre den Verlust deiner Würde nicht wert.«
»Klar, du hast leicht reden – du bist nicht oberflächlich veranlagt.«
»Verdammt, Sugar Beth! Schau dich doch an! Nur noch Haut und Knochen. So, wie du aussiehst, scheinst du seit Wochen schlecht zu schlafen. Außerdem spucken dich die Leute auf der Straße an, und du tust nichts dagegen. Wenn du hier bleibst, machst du alles noch schlimmer. Täusch dich nicht, in dieser Stadt übt Winnie einen gewissen Einfluss aus.«
»Vor Winnie Davis fürchte ich mich nicht.«
»Natürlich nicht. Aber Winnie Galantine ist ein anderes Kaliber. Jetzt verkörpert sie Diddie Carey. Versuch das mal in deinen sturen Schädel zu kriegen. Winnie nimmt die gleiche Position ein wie früher deine Mutter.«
»Nur Diddies Charme fehlt ihr.«
»Außerdem geht’s um uns beide.« Colin runzelte die Stirn. »Gestern Abend habe ich meinen jahrelangen Rachedurst gestillt. Trotzdem brodelt es noch rachsüchtig in mir. Und dass wir beinahe miteinander geschlafen hätten, finde ich besonders unheimlich. Tatsächlich – ich wäre fast schwach geworden.«
»Nach deiner Pfeife habe ich nicht getanzt – ich treffe meine eigenen Entscheidungen.«
»Lügnerin! Wir haben so viele Funken versprüht, dass der Rauch aus den Wänden quoll.«
»Nur ein bedauerlicher Kurzschluss. Deshalb sind die Funken geflogen. In diesem Universum gibt’s keinen Mann und keine Frau, die schlechter zusammenpassen als wir beide.«
»Umso größer die Versuchung, nicht wahr?« Sein Blick schien Sugar Beth zu versengen. »Dramatischen Frauen weiche ich geflissentlich aus. Und du bist die personifizierte Theatralik.«
»Was mich mit Stolz erfüllt.«
»O ja, du hältst Männer, die dich anbeten, für dein Lebenselixier. Mich wirst du nicht dazu bringen.«
»Ich liebe dein Süßholzgeraspel.«
»Leider ziehen sich Gegensätze an.«
»Allerdings. Wenn ich bloß nicht dieses beklemmende Gefühl hätte, du würdest mich im Bett enttäuschen …«
»Und warum, wenn ich fragen darf?« Colins Stimme nahm einen leisen,
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