Frühstück im Bett
einer Erkenntnis, etwas Seelenvolles und sehr Wichtiges. Aber bevor sie es definieren konnten, wurden sie von den rauschenden Strömen des Wollens mitgerissen.
»Ich könnte Vidal umbringen!
Wie unbedacht von ihm,
anständige Mädchen zu überfallen …«
Eskapaden, von Georgette Heyer
12
S ugar Beth drehte sich zur Seite. »Jetzt bin ich fertig mit dir. Du kannst gehen.«
Da er noch nach Luft rang, war es sicher rücksichtslos, ihn zu drängen. Aber was sich soeben ereignet hatte, erschütterte sie zutiefst. Und das durfte er nicht merken. Belangloser Sex sollte Spaß machen – und auf keinen Fall wichtig genommen werden. Genau das wäre vermutlich passiert, wenn sie die Kontrolle verloren hätte.
Während sie nackt durchs Zimmer ging, spürte sie Colins Blick. Sie erinnerte sich an seine Drohung, sie zu feuern. Nein, an diese Möglichkeit würde sie nicht einmal denken.
»Meine Liebe, es war nur ein Vorspiel«, erklärte er in seinem hoheitsvollen gedehnten Ton. »Ich bin noch lange nicht mit dir fertig.«
»Das wird kein Mann jemals sein. Aber ich will einige Dinge erledigen, die nichts mit dir zu tun haben.«
»Tatsächlich?«
Allein schon Colins Anblick – ans Kissen gelehnt, die Brust schweißnass, das dichte dunkle Haar zerzaust – weckte den Wunsch, erneut in seine Arme zu sinken und seine magischen Liebeskünste endlos zu genießen. Doch sie musste ihre Verteidigungsbastionen frisch aufbauen. Deshalb warf sie seine Jeans aufs Bett. »Du warst fabelhaft. Sogar inspiriert. Geh jetzt nach Hause und erhol dich. Morgen komme ich zu dir.«
Da verflog seine lässige Attitüde, und er winkelte ein Knie unter dem Laken an, das seine Hüften bedeckte. »Darüber haben wir bereits diskutiert.«
»Zwing mich nicht, meinen Job mit noch mehr Sex zu verteidigen. Sonst würdest du dir schäbig vorkommen.«
»So wie du?«
Damit hatte er Recht. Ehe er seinen Standpunkt nachhaltiger vertreten konnte, stürmte sie Richtung Bad. Doch bevor sie die Tür erreichte, holte er sie ein und zerrte sie zum Bett zurück. »Nicht so schnell! Bei meinen Recherchen bin ich auf eine interessante Perversion gestoßen.«
»Welche?«
Da schob er eine Hand zwischen ihre Beine, und seine Fingerübungen ließen sie vergessen, dass sie ihre Verteidigungsbastionen noch nicht erneuert hatte. »Für dich wär’s zu viel.«
»Vielleicht – wenn du besonders sanft mit mir umgehst?«, schlug sie vor und knabberte an seiner Schulter.
»Oder vielleicht nicht.«
Das waren die letzten Worte, die sie für lange Zeit wechselten. Sehr viel später, nachdem sie zum zweiten Mal an diesem Morgen aus der Wanne gestiegen war, lag nur mehr ein missgelaunter Basset in ihrem Bett. Das Bad hatte Sugar Beth ernüchtert. Seufzend setzte sie sich neben Gordon, der seinen Kopf auf ihren Schenkel legte. Ein langes Schlappohr fiel über ihr Knie.
Die Lider gesenkt, kämpfte sie mit den Tränen. Stundenlang hatte sie versucht, nicht an Emmett zu denken. Doch die Geister ließen sich nicht verscheuchen. Soeben war ein weiteres Band zerrissen, das sie mit ihm vereint hatte. Darin lag das Problem, wenn man einen geliebten Menschen langsam sterben sah – es gab keinen glatten Bruch, keinen einzigen Moment überwältigender Trauer. Nur eine endlose Reihe von Verlusten. Sie tätschelte Gordons Kopf.
An diesem Morgen war sie viel zu glücklich mit Colin gewesen. Doch das warf sie sich nicht vor, nachdem sie so lange auf
die Berührung eines Mannes verzichtet hatte. Trotzdem musste sie die Rückkehr ihrer alten, gierigen Bedürfnisse verhindern. Niemals würde sie ihr Wohlbefinden von einem Mann abhängig machen, schon gar nicht von einem arroganten, kaltschnäuzigen Kerl wie Colin Byrne. Im Erdgeschoss schlug die Uhr, und Sugar Beth erinnerte sich, dass Sonntag war.
Colin würde das Konzert besuchen. Und sie hatte Gigi für den Nachmittag eingeladen. Wenn sie auch nicht in der richtigen Stimmung für Diskussionen mit einem verängstigten Teenager war – sie konnte Gigi wohl kaum anrufen und das Treffen absagen. Also putzte sie ihre Nase, zog Jeans und ihr rosa Beast-T-Shirt an, dann ging sie nach unten und spülte das Frühstücksgeschirr.
Auf der Küchentheke lag Colins Abschiedsscheck, und sie griff danach. Zweitausend Dollar. Offenbar litt er unter grässlichen Gewissensqualen. Sie zerriss den Scheck und dachte an Delilah. Wieder einmal erwog sie die Möglichkeit, mit ihrer Stieftochter zusammenzuleben. Wie schon so oft, verwarf sie den
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