Frühstück im Bett
männliche Gestalt bog um die Ecke – groß, breitschultrig, den Kragen des Jacketts hochgeklappt, um sich vor dem Regen zu schützen. Ryan … Ihr Puls beschleunigte sich so wie damals in ihrer Jugend. Durch ihren Körper strömte eine heiße, erregende Welle, die sie lange nicht mehr gespürt hatte.
Sie stand auf und trat ans Fenster. Vor dem Hauseingang verlangsamte er seine Schritte und schaute zu ihr herauf. Die Stirn ans schmutzige Glas gelehnt, drückte sie die warme Teetasse zwischen ihre Brüste.
Ungeduldig hielt er seinen Daumen hoch. Lass mich rein, verdammt, mach die Tür auf.
Ihr Atem beschlug die Scheibe. Früher hätte sie seine Initialen in diesen kleinen Dunstkreis gemalt. Aber jetzt wich sie zurück und schüttelte den Kopf. Ryans Zorn drohte sie zu versengen – der Zorn eines geplagten Ehemanns, der eine undankbare, hysterische Frau am Hals hatte.
Noch eine wütende Geste mit diesem gebieterischen Daumen … Winnie schüttelte erneut den Kopf. Daheim hing ein Zweitschlüssel am Schlüsselbrett. Entweder hatte er ihn übersehen
oder geglaubt, er würde ihn nicht brauchen. In seinem Haar glitzerten Regentropfen. Die Schultern versteift, marschierte er davon, lange Schritte schienen das nasse Pflaster zu verschlingen.
Nachdem er aus ihrem Blickfeld verschwunden war, stand sie weiter am Fenster, die Teetasse in der Hand, und wartete auf ihre Tränen.
Aber sie begannen nicht zu fließen.
Sugar Beth verschlief am nächsten Morgen. Letzte Nacht waren Cubby und seine Kumpel wieder aufgetaucht, und ihr Geschrei hatte ihr den Schlaf geraubt.
Hastig zog sie sich an. In Frenchman’s Bride fand sie einen Zettel mit Colins Mitteilung, er habe in Memphis zu tun und würde erst am späten Nachmittag zurückkommen. Darunter stand: Ich habe für heute Abend einen Tisch im Parrish Inn bestellt. Um sieben hole ich dich ab.
Von allen idiotischen Ideen … Hatte ihn ein seltsamer Todestrieb erfasst? Warum sonst sollte er etwas so Hirnverbranntes tun? Wenn sie für ihn arbeitete – okay, das gefiel den Leuten. Aber mit ihr auszugehen … Bald würde sie Parrish verlassen, während er in dieser Stadt Wurzeln geschlagen hatte. Mochte er auch noch so berühmt sein – er würde stets ein Außenseiter bleiben. Sobald man merkte, dass er Sugar Beth nicht mehr demütigte, würde er den mühsam errungenen Respekt der Einheimischen verlieren.
Sie warf den Zettel in den Mülleimer, wo er hingehörte, und wandte sich zu Gordon, der soeben sein Frühstück laut schlabbernd beendete. »Eine tolle Leistung habe ich vollbracht, was? Bei diesem Job ist nichts herausgekommen.«
Satt und zufrieden streckte er sich und warf ihr seinen Ichhab’s-dir-ja-gesagt-Blick zu.
Sie packte einen Schwamm und attackierte die Küchentheke.
Natürlich verachtete Colin Heimlichtuereien. Aus dem Blickwinkel seines hohen moralischen Rosses betrachtet, fand er es schmutzig, nur ein Sexobjekt in ihr zu sehen. Wer behauptete denn, Schmutz sei was Schlimmes? Manchmal war er sogar praktisch. Der Schmutz.
Den ganzen Tag arbeitete sie fieberhaft, säuberte den Kühlschrank, füllte ihn mit frischen Lebensmitteln und machte Ordnung in den Schränken. Während sie im Arbeitszimmer Colins Post durchsah, bereute sie, dass sie ihm am Vortag ihren neuen Job bei Jewel verschwiegen hatte.
Und sie wünschte, sie hätte ein Manuskript von »Reflexionen« gefunden. Ihre Frage, ob sie’s lesen dürfe, hatte er mit der Erklärung beantwortet, er besitze keine korrigierte Kopie. Jede Kopie würde ihr genügen, erwiderte sie. Aber er rückte keine heraus. Schließlich betonte Sugar Beth, es sei wohl kaum die feine Art, Diddie nach ihrem Tod an den Pranger zu stellen. Das ignorierte er. Seither hatte sie vergeblich herumgeschnüffelt und den Roman nicht einmal in den Computerdateien gefunden. Aber jetzt entdeckte sie einige ausgedruckte Kapitel seines neuen Buchs auf dem Schreibtisch. Rote Tinte befleckte die ersten Seiten und erinnerte sie an ihr letztes Schuljahr. Damals hatte die gleiche kritische Handschrift alle ihre Aufsätze verunstaltet.
Sie kehrte in die Küche zurück und kochte ein paar Schmorgerichte für die Tiefkühltruhe, so wie all die anderen liebestollen, allein stehenden Ladys von Parrish. Letzten Endes konnte sie’s nicht länger hinauszögern und wählte die Nummer seines Handys.
»Hier ist Frances Elizabeth«, sagte sie, als er sich meldete.
»Dass du so heißt, habe ich schon wieder vergessen.«
»Erzähl das deinem
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