Frühstück mit Kängurus
einen Weg durch die » schaurige Leere « , wie das Landesinnere poetisch genannt wurde, finden sollte, damit man eine Telegrafenleitung legen konnte, die Australien zuerst mit den Ostindischen Inseln und dann weiter mit der Welt verband. Zum Leiter der Expedition bestimmte man einen irischen Polizisten namens Robert O'Hara Burke, der nie im richtigen Outback gewesen, doch ber ü hmt daf ü r war, dass er sich auch in bewohnten Gegenden verirrte und v ö llig unbeleckt war, was die Erforschung eines Landes oder ü berhaupt naturwissenschaftliche Dinge betraf. Der Landvermesser war ein junger englischer Arzt, William John Wills, der sich offenbar vor allem durch seine vornehme Herkunft und die Bereitschaft mitzugehen qualifizierte. Ein betr ä chtlicher Pluspunkt war bei beiden eine au ß ergew ö hnlich ü ppige Gesichtsbehaarung.
Obwohl zu der Zeit Expeditionen ins Landesinnere nichts Neues waren, entz ü ndete diese die Fantasie der Massen sehr. Zehntausende von Menschen s ä umten am neunzehnten August 1860 den Weg, als die Great Northern Exploration Expedition von Melbourne aus aufbrach. Die Gruppe war so riesig und schwerf ä llig, dass es schon allein von fr ü h morgens bis nachmittags um vier Uhr dauerte, bis alle losmarschiert waren. Unter den Gegenst ä nden, die Burke als f ü r die Expedition notwendig erachtete, waren ein chinesischer Gong, ein Schreibsekret ä r, ein schwerer Holztisch mit passenden St ü hlen sowie Pflegeutensilien, die - in den Worten des Historikers Glen McLaren - ausgereicht h ä tten, » um seine Pferde und Kamele f ü r eine Landwirtschaftsschau herauszuputzen « .
Fast von Anfang an gab es Streit. Nach wenigen Tagen gaben schon sechs Teilnehmer auf, und die Stra ß e nach Menindee war ü bers ä t mit Proviant, den man nun f ü r ü berfl ü ssig hielt, wie zum Beispiel eintausendf ü nfhundert Pfund (ich muss es wiederholen: eintausendf ü nfhundert Pfund!) Zucker. Fast alles machten die M ä nner falsch. Wider jegliche anders lautenden Ratschl ä ge gingen sie zu einer Zeit los, die bedeutete, dass sie die schwersten Etappen im Hochsommer machen mussten.
Kein Wunder, dass sie fast zwei Monate ben ö tigten, um den vierhundert Meilen langen, gut ausgetretenen Pfad nach Menindee hinter sich zu bringen; ein Brief von Melbourne brauchte f ü r diese Strecke normalerweise zwei Wochen. In Menindee bedienten sie sich der bescheidenen Annehmlichkeiten des Maidens Hotel, lie ß en ihre Pferde ausruhen, erg ä nzten ihre Vorr ä te und brachen am neunzehnten Oktober schlie ß lich zu einer Reise auf, die schauriger war, als sie sich das je vorgestellt hatten. Vor ihnen lagen eintausendundzweihundert Meilen m ö rderischen Landes. Burke und Wills wurden hier das letzte Mal in der zivilisierten Welt lebend gesichtet.
Der Weg durch die W ü ste war ä u ß erst schwierig. Als sie im Dezember kurz hinter der Grenze nach Queensland an einer Stelle ankamen, die Cooper's Creek hei ß t, hatten sie erst vierhundert Meilen geschafft. In seiner Verzweiflung beschloss Burke, mit drei M ä nnern - Wills, Charles Gray und John King - einen Schnelltrip zum Golf von Carpentaria zu machen. Mit wenig Gep ä ck, kalkulierte er, waren sie in zwei Monaten dort und wieder zur ü ck. Die vier M ä nner, die im Basislager blieben, sollten dort f ü r den Fall, dass er mit seinen Kumpels sp ä ter wiederkam, drei Monate warten.
Doch es war alles viel schlimmer als erwartet. Am Tage stiegen die Temperaturen regelmäßig auf über sechzig Grad Celsius. Statt eines brauchten sie zwei Monate, um das Binnenland zu durchqueren, und als sie ihr Ziel erreicht hatten, erwartete sie eine herbe Enttäuschung: Ein Mangrovensumpfgürtel an der Küste entlang hinderte sie daran, ans Meer zu gelangen, ja, sie bekamen es nicht einmal zu Gesicht. Trotzdem hatten sie es als Erste geschafft, den Kontinent zu durchqueren. Leider hatten sie auch zwei Drittel ihrer Vorräte verspeist.
Es kam, wie es kommen musste: Auf dem Rückweg ging ihnen das Essen aus, und sie waren kurz vorm Verhungern. Zu ihrer Verblüffung fiel Charles Gray, der fitteste von ihnen, eines Tages um und war tot. Zerlumpt und halb wahnsinnig liefen die drei übrigen Männer weiter. Als sie am Abend des einundzwanzigsten April 1861 endlich in das Basislager stolperten, mussten sie feststellen, dass die Männer, die dort geblieben waren, vier Monate gewartet und es genau an dem Tag verlassen hatten. In einen Coolabaheukalyptusbaum hatten sie eine Nachricht
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